Otto Ehler - Eisengewerbe und Stadtentwicklung

—8— Steyrniederung bis in das 19. Jahrhundert bestimmend wurden. Erst Josef Werndl hat die Gründe in der Niederung der Steyr baulich voll genutzt. Die frühe Entwicklung der Stadt erfolgte amWehrgraben radial. Die Stadtbefestigungen, die dem sektoralen Wachstum der Stadt 1480 gefolgt war, schloss die Dritte und vierte Zeugstätte und den inneren Wehrgraben in den ummauerten Bereich ein. Der äußere Wehrgrabenbereich verblieb außerhalb der Befestigungen. Die Lage des Triebwassergerinnes an der nordseitigen Talbegrenzung hielt die Gefahren einer Flussbettverlagerung bei Hochwasser in Grenzen. Trat dennoch infolge einer derartigen Verlagerung eine Beschädigung wie beim Hochwasser des Jahres 1776 im Bereich der Großen Falle ein, so war eine Reparatur noch möglich. Die Eintiefung war die Ursache für die Entstehung der Abflüsse des Wehrgrabens; zuerst jene bei der Insel Elba zur Reichen Steyr, dann das sogenannte Überwasser, das ebenfalls zur Reichen Steyr abfließt. Der Abfluss bei der Großen Falle führt hingegen schon zumMitterwasser. Diese Abflüsse wurden beim Bau des Triebwassergerinnes jeweils durch ein Wehr verschlossen, um ein entsprechendes Wasserdarbot sicherzustellen. Die Wehrwangen der hölzernen Wasserbauten waren zur Ufersicherung als starke, hölzerne Schlachten ausgebildet. Sie wurden weit in das Unterwasser geführt und dienten den Brücken der südlichen Uferbegleitstraße, der heutigen Wehrgrabengasse, als Widerlager. Straße und Gerinne wurden zusammen zur wichtigen radialen Entwicklungsachse der Stadt in der Steyrniederung. Die Abflüsse des Wehrgrabens wurden zu Gliederungselementen der Flächen zwischen dem eigentlichen Flussbett, der Reichen Steyr und demMitterwasser einerseits, und demWehrgraben andererseits. Die Brücken waren ursprünglich aus Holz gebaut und bestanden als Holzkonstruktionen bis in die Mitte unseres Jahrhunderts. Die Brücke an der Großen Falle wurde erst im Jahre 1950 als Stahlbetonbrücke neu errichtet, indem man das alte Holzkonstruktionssystem mit zwei Pfeilern eine Eisenbetonkonstruktion übersetzte. Der Mittelablass der Falle wurde wieder in einer Holzkonstruktion ausgeführt. Die Abflüsse zu beiden Seiten der Insel Elba und an der Kleinen Falle hatte die Stadtverwaltung zugeschüttet, da sie nicht mehr benötigt wurden. Sobald der Wasserstand im Wehrgraben die Normalhöhe überstieg, wurde aufgrund der Nivelette der WehroberkanteWasser aus dem Triebwassergerinne abgeworfen. Bei der Großen Falle ist das aber schon bei Normalwasser der Fall. Der Grund dafür ist im Wasserdarbot des Saggrabens zu suchen, das gleichzeitig mit dem Wehrgrabenwasser beim Annawehr aus der Steyr ausgeleitet wird. Nach dem Abarbeiten dieser Wassermenge im Saggraben wird sie wieder in den Wehrgraben eingeleitet. Da der untere, innere Wehrgraben für eine bestimmte Wassermenge ausgelegt war, muss das Zuviel an Wasser, das aus dem erst nach dem Wehrgraben erbauten Saggraben zufloss, in das Mitterwasser abgeworfen werden. Ähnlich waren die Verhältnisse bei der zweiten Zeugstätte, wo der Abwurf zusätzlichen Wassers in das Überwasser erfolgte. Als Hochwasserabflussgerinne kann der Wehrgraben aufgrund seines geringen Querschnittes nicht herangezogen werden. Die Verbindung zu den inneren Zeugstätten lief über die Badgasse und die heutige Fabrikstraße auf dem schmalen Uferstreifen unter dem Schaurstein. Dieser Straßenzug bestand um 1600 — wie auf dem Hauserstich dargestellt — bis zur zweiten Zeugstätte. Zu beiden Seiten dieser Aufschließungsstraße fand sich auf dem schmalen Uferstreifen noch Platz für die Errichtung von etlichen Handwerkerhäusern im hochwasserfreien Bereich. Bei der zweiten Zeugstätte bestand schon in früher Zeit über den Wasserberg eine Verbindung zur Sierningerstraße, der alten Siechengasse. Erst am Ende des achtzehnten Jahrhunderts erfolgte ein Ausbau des Straßenzuges und eine Verlängerung über die Erste Zeugstätte hinaus bis zur Annabrücke beim Plautzenhof. Die Uferbegleitstraße südlich des Wehrgrabens, die heutige Wehrgrabengasse, bestand um 1600, wie dies ebenfalls dem Hauserstich zu entnehmen ist, von der vierten Zeugstätte im Innersteyrdorf bis zum Plautzenwehr und zur Annabrücke. Sie stellt die Verbindung der Zeugstätten und Holzlagerplätze, die am Wehrgraben situiert waren, und der übrigen Werkstätten, der Pulverstampf und der Bruckmühle an der Großen Falle dar.

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