Die oberösterreichische Messerindustrie

22 ganz geringen Quantitäten erzeugt wurden und daher die billigen englischen Preise nie erreicht, ge- schweige denn unterboten werden konnten. Auch dürfte die Qualität manches zu wünschen übriggelassen haben. So klagten die Händler, dass die bestellten Messer häufig nicht denen gleich seien, die tatsächlich geliefert würden, manche seien verrostet und von unsauberer Politur. Nach 10 Jahren, also 1776, entschloss sich die Innerberger Hauptgewerkschaft zum Austritt, der Betrieb wurde durch Serz allein weitergeführt. Ein Anleiheansuchen an den Staat in Höhe von 50.000 fl wurde angesichts der Aussichtslosigkeit einer Besserung der Lage abschlägig beschieden. Als Resümee der ganzen Sache kann gesagt werden, dass das Unternehmen trotz schöner Ansätze in einem Fehlschlag endete, die investierten Kapitalien zeitigten nicht den erhofften Erfolg und auch ausländische Fachleute erreichten trotz ihrer Fähigkeiten in diesem großen Rahmen nicht das ge- steckte Ziel. Etwas erfolgreicher gestalteten sich die kleineren Unternehmungen, diemit staatlicher Unterstützung zur Hebung der Eisen- und Stahlwarenerzeugung in den Erbländern im Sinne der merkantilistischenWirt- schaftspolitik des 18. Jhdt. gegründet wurden. Der erste der ausländischen Fachleute, der für feine Kunst- arbeit den Boden gelegt hatte, war Maillard, ein Meister aus Frankreich, der sich in Wien niedergelassen hatte und feine Messer, Scheren und chirurgische Instrumente verfertigte . 1 Diese Tätigkeit war von großer Wichtigkeit, da für die "feine Stahlarbeit jährlich sehr viel Geld außer Lands geht", aber "der beste Stahl von hier nach Frankreich und England geliefert wird". Laut Bericht des NÖ. Kommerz Konsess wird die "feine Messer- und Stahlarbeit hierlands zur Ge- nüge noch nicht verfertigt und es sollte auf die Emporbringung mittels Verschaffung guter Arbeiter besonders Wert gelegt werden". Aus diesem Grunde wurde sogar in Wien die Bürger- und Meisterge- bühr, die für den Messerer 70 fl betrug, erlassen, dem Kurzmesserschmied Jacob Pogar aus Berlin wurde dies genehmigt . 2 Frankreich war bekanntlich die Heimat der feinen Messerschmiede. In Wien befanden sich 1764 lediglich 9 Meister dieser Kunst, die, wie uns ein Bericht aus dieser Zeit sagt, damals schon alt und auch mittellos waren und kaum über einen Gesellen verfügten. So ließ man aus Frankreich kundige Meister des Handwerks kommen, die dem erbländischen Gewerbe neuen Impuls verleihen sollten. Man schuf eine Trennung der Erzeugungsarten nach; Herstellung der feinen Messer und chirurgi- schen Instrumente und Erzeugung aller Sorten von Scheren. Durch zunehmende Spezialisierung hoffte man bessere Leistungen zu erzielen. Meister Francois aus Paris wurde in dieser Absicht ein besonderes Privileg erteilt, der aus seiner Heimat unter Lebensgefahr einige sehr tüchtige Facharbeiter nach Wien gebracht hatte . 3 Hier erhielt er im gräflichen Cernin'schen Garten eine große Wohnung in der Leopoldstadt, wo Francois seine Werkstatt jedoch "so übel dirigierte und sich mehr auf das Wohlleben als auf die Erziehung tüchtiger Arbeiter verlegte, so dass die vielen und geschickten Gesellen wieder in ihr Vaterland zurückkehrten und die kaum begonnene Fabrik mit einem Verlust von 8.000 fl erstickt ist". Sollte die Erzeugung von neuem aufgenommen werden, so gab es nach Ansicht des Kommerz Kon- sess nur ein Mittel; "fremde Messer und Scherenschmiede nach Wien zu beordern, diese aber dann auf das Land zu versetzen, wo billiger zu leben ist und auch die Preise für Kohle und ähnliche Materia- lien niedriger liegen". Trotzdem wurden auch in Wien weitere Schneidwarenfabriken errichtet, so die des Johann Binder, der die Erzeugung von feinen Messern und Scheren aufnahm, die, wie es in der Urkunde heißt, "in den Erblanden durchaus noch nicht so gut, als es zu wünschen wäre, erzeugt würden". 4 Joseph Faitte aus Lyon fabrizierte in Wien Scheren nach französischer Art . 5 Der französische Meister Roberts Johann betrieb in Wien eine Schneidwarenfabrik für feine Waren, ja er galt als einer der geschicktesten Messerschmiede, der nach dem Tode des angesehenen Meisters Thomas Schalez in Wien diese Kunst betrieb. Die Regierung kam Roberts sehr entgegen, kaufte ihm 1 Hofkammerarchiv Wien, Altes Kommerz, 291/5032/Fasz. 140. 2 Hofkammerarchiv Wien, 1763, 290/5031/Fasz. 140, 1754 – 1800. 3 vgl. S. 43, Anm. 1 4 Hofkammerarchiv Wien, 289/5030/Fasz. 139 5 Hofkammerarchiv Wien, 290/5031/Fasz. 140

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