Die oberösterreichische Messerindustrie

21 Produkte im Inland. Er brachte daher ausländische Industrie, ausländische Fachleute in die Erblande. Stahlwarenfachleute und Messerschmiede kamen aus Frankreich, Deutschland und Großbritannien in unser Gebiet, um hier ihre "Kunst" unserem in der Technik noch nicht so entwickeltem Handwerk zu vermitteln. e.) Die Entwicklung seit dem 18. Jahrhundert, Merkantilsystem - erste Fabriksgründungen. Die Wirtschafts- und Handelspolitik Österreichs war im 18. Jhdt. durch das Merkantilsystem gekenn- zeichnet. Wie in allen Zweigen der Verwaltung war die Regierung Maria Theresias auch auf dem Gebiete der Volkswirtschaft epochemachend. Das Problem, dessen Losung ihre Regierung anstrebte, war die Durchführung einer Reform, wie sie Colbert in Frankreich zum Teil wenigsten bewerkstelligt hatte. Die Staatseinheit, deren Verwirklichung in der inneren Verwaltung angestrebt wurde, sollte auch auf wirtschaftlichem Gebiet angebahnt werden. Seit dem Jahre 1775 gibt es eine einheitliche Zollord- nung für die deutsch-österreichischen Länder. Die Zollsätze waren weniger vom fiskalischen Moment der Einnahmen erstellt worden, vielmehr sollten diese den industriellen und kommerziellen Interessen Rechnung tragen. Den Ausfluss des Geldes zu hindern, war der Leitfaden alles Handelns. Zumeist er- blickte man in Ein - und Ausfuhrverboten das wichtigste Mittel für die Förderung der Industrie und die Hebung des inneren Handels. Das Prohibitivsystem blühte. Dagegen wandten sich allerdings führende Persönlichkeiten, so der Vorsitzende der später geschaf- fenen Commerzhofkommission, Ritter von Stahl, der über das Prohibitivsystem ein vernichtendes Ur- teil fällte : "Dort, wo es bestehe, gebe es den Kapitalien des Landes eine zwangsweise schädliche Ver- wendung und unter seinem Schutze entwickeln sich wohl Fabriken schnell, vermögen aber mit den sparsam eingerichteten des Auslandes hinsichtlich der Wohlfeilheit der Preise selten die Konkurrenz auszuhalten. Solche zwangsweise entstandenen Fabriken belasten im Grunde immer in indirekter Weise die Konsumenten eines Landes zu Gunsten der Fabrikanten und ersticken in der Regel allen Wetteifer zwischen den verschiedenen Industriezweigen". Soweit Ritter von Stahl. Die offizielle Handelspolitik war darauf aus, mit staatlicher Unterstützung Fabriken zu gründen, ausländische Fachleute und Unternehmer ins Land zu rufen, dann aber durch eine entsprechende Zollpolitik eine Treibhausatmosphäre zu schaffen . 1 In dieser Zeit finden wir auch auf unserem Gebiet die erste Fabriksgründung: in Graz wurde im Jahre 1766 mit Hilfe von 4 englischen Stahlarbeitern eine Stahlwarenfabrik für feine englische und französi- sche Stahlwaren errichtet, die mit Beteiligung von Innerberger gewerkschaftlichem Kapital arbeitete . 2 Es ist dies die erste Fabrikgründung im 18. Jhdt. für Eisen und Stahlwaren einzig dastehend und die Entwicklung dieses Betriebes daher von besonderem Interesse. Das Erzeugungsprogramm umfasste alle feinen, bisher aus fremden Ländern bezogenen Eisen- und Stahlwaren, die zum selben Preis in Graz mit Hilfe moderner "Wasser und Handmaschinen" erzeugt werden sollten. Das Warenlager der Fabrik betrug schon im Gründungsjahr einen Wert von 20,000 fl. und beinhaltete alle möglichen feinen Sorten von Messern, Scheren und dgl. wie: "Perliner Messer mit silbernen Reifen, Reifel Messer, laquierte Scheidemesser, flachanglete Tafelmesser, schwarzfein eben- hölzerne Messer, Taschenmesser mit Schilchkrott und Perlmutter mit aufhebender Feder, Federmes- serl von italienischen Holz, Degen und Hirschfänger etc." Man arbeitete aber zu teuer und die Waren blieben liegen, der Absatz erreichte nicht die erforder- liche Höhe. Der Betrieb stellte daher wiederholt das Ansuchen, auf die feinen Waren aus Eisen und Stahl, die bisher eingeführt wurden, keine Einfuhrpässe mehr zu erteilen, da diese Fabrik allein die gesamte Nachfrage befrieden könnte. Obwohl das Importverbot erreicht wurde, konnte sich der Betrieb auch in der Folge, bedingt durch die hohen Erzeugungskosten, nicht durchsetzen. Im Jahre 1771 erfolgt eine Verbindung mit dem Han- delshaus Serz in Nürnberg. Diese Firma gewährte Geldvorschüsse, also "Verlag" und erzielte Beteili- gung. Der Beschäftigtenstand war auf 100 angestiegen. Trotzdem erzielte die Fabrik in den Jahren 1771 - 1774 in Österreich nur einen Absatz in Hohe von 505 fl 19 kr, was geradezu einen lächerlichen Betrag des Lagers ausmacht. Hauptgrund war und blieb, dass die Waren infolge der unzähligen Sorten nur in 1 Adolf Beer, Österreichs Handelspolitik im 18. Jhdt. Wien 1891, Manz S. 1 – 7. 2 Hofkammerarchiv Wien, altes Kommerz, 464 - 5204/F. 125, Messermacher Innerösterreich.

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