Die oberösterreichische Messerindustrie

11 kurzerhand sowohl die Kohlezuteilung durch die Herrschaft Steyr als auch die Werkzeugzuteilung durch die Eisenkammer gesperrt, bis die straffälligen sich entschuldigt hatten und Beschau und Visita- tion ordentlich abzuhalten versprachen. Erst als dies geschehen war, wurde den Schuldigen "Kohle und Zeug geöffnet" . 1 Dieses Beispiel zeigt, dass Befehle und Anordnungen der obersten Behörde der gesamten Eisenver- arbeitung, der Eisenobmannschaft, einzuhalten waren und gerade die Beschau, die Qualitäts- und Grö- ßenkontrolle, besonders streng von diesem Amte überwacht wurde. Um die Mitte des 18. Jhdt., als das Handwerk eine neuerliche Blüte erlebte, als nach einem langen Tiefstand wieder Qualität im Vordergrund stand, wurden Fragen der Beschau wieder intensiver behan- delt. Die Eisenobmannschaft beschwerte sich heftig über die "schleuderische Arbeit aus unrichtigem Zeug und mit unberechtigten Zeichen". Es wurden 2 Beschaumeister bestellt, die in die einzelnen Werkstätten der Klingenschmiede zu gehen hatten und auf Befehl der Obmannschaft innerhalb von 4 Wochen dies durchzuführen hatten. Stichprobenweise erfolgte eine Überprüfung der Erzeugnisse, schlechte Ware nahmen die Beschauer dem Schmied sofort weg, um diese den Zech- und Fürmeistern des Handwerks vorzulegen. Die Beschau war für alle Handwerker verbindlich, die Schmiede hatten sich ruhig und anständig zu verhalten. Strafen bei Nichtbefolgung wurden festgelegt . 2 f.) Klingenverlag-Abnahme. 1. Klingenabsatz - Handel mit losen Klingen. Ursprünglich bestand wohl für die Klingenschmiede die Möglichkeit des freien Verkaufs der Roh- klingen. "Seit altersher jedoch", so erwähnt eine Quelle, "haben die Klingschmiede von Raming und Dambach die Messerwerkstätte Steyr vor anderen Werkstätten und Meistern gefördert" . 3 Die Klingenschmiede von Steyr selbst waren seit dem Jahre 1407 verpflichtet, die städtischen Mes- serer mit Rohklingen zu beliefern. Später erließen die Landesfürsten allgemeine Ausfuhrverbote für Rohklingen. Durch Ausfuhr von Halbfertigfabrikaten erlitten sie Zollverluste — darüber hinaus infolge Unterbeschäftigung der Messerer eine Minderung der Abgaben. 4 So mussten alle Klingenschmiede ihre Erzeugnisse den Steyrer Messerern feilbieten. In Zeiten güns- tigen Absatzes wachten die Messerer eifersüchtig darüber, dass nur sie mit Klingen beliefert wurden, trat jedoch eine Stockung ein, so stapelten sich bei den Klingenschmieden die unabgeholten Rohklin- gen. Deshalb bestimmte Kaiser Maximilian 1505, dass die Steyrer Klingenschmiede zwar ihre Klingen den Messerern übergeben sollten, wenn diese aber keinen guten Lohn boten oder die Ware nicht ab- holten, könnten die Schmiede anderswo verkaufen. 2. Ausbildung von Verlagsverträgen zwischen Klingschmieden und Messerern. Bis um die Mitte des 15. Jhdt. war nicht nur der Verkauf der Klingen, sondern auch der Einkauf des Materials den Schmieden selbst überlassen. Sie bezogen um ihr eigenes Geld bei den Eisenhändlern den "Frumbwerkzeug" und stellten die Rohklingen auf ihre eigene Kosten her, die Schmiede handelten daher beim Einkauf wie beim Verkauf ihrer Waren selbständig. In wie weit diese Selbständigkeit dem Einfluss der Messerer ausgesetzt war, können wir heute aus Quellenmangel nicht mehr feststellen. Wir dürfen aber bei den dauernden Bindungen dieser Hand- werke mit Sicherheit genehmen, dass sich schon frühzeitig enge Beziehungen entwickelt haben, die im 16. Jhdt. ihre schriftliche Niederlegung in den sog. Verlagsverträgen fanden. Wieso gelang es nun den Messerern die Schmiede in ihre Abhängigkeit zu bringen und die Ausbil- dung dieser Verträge zu erreichen? Dem Lauf der Produktion gemäß erzeugten die Schmiede die Rohklingen, gaben diese an die Schlei- fer weiter, die diesen Rohwaren die nötige Schneide und Politur verliehen. Da aber die Schleifwerk- stätten teils im Besitze der Messerer waren, teils die Schleifer nur um Lohn für dieMesserer arbeiteten, die Handwerkswaren jedenfalls nicht selbst käuflich erwarben, so ergaben sich wegen dieser reinen 1 La. A. Linz, Klingsch. Kl. R. Bd. 2, 1609, Bescheid der kgl. Herrschaft Steyr und der Eisenohmsch. auf Bitte der Steinbacher die Kohlen und Holzsperre aufzuheben. 2 La. A. Linz, Klingsch. KI. R. Bd. 2, 1763, Eisenobmsch. Steyr an die Klingsch. von Kl. R. 3 La. A. Linz, Klingsch. Kl. R. Bd. 2, Rechtfertigung der Klingsch. von Kl. R. 4 Preuenhuber Valentin: "Annales Styrenses" Nürnberg 1740 S. 158.

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