Die oberösterreichische Messerindustrie

12 Lohnarbeit die entscheidenden Beziehungen nur zwischen Klingschmieden und Messerern. Letztere stellten die geschmiedeten, geschliffenen Klingen fertig, trieben damit ausgedehnten Handel und zo- gen daraus die Gewinne, unter solchen Voraussetzungen konnte das Messererhandwerk großen Auf- schwung nehmen. Die Messerer sammelten in ihren Händen das Kapital, erwarben Grund und Boden, gewannen Ein- fluss im Stadtrat, machten die Schmiede kraft ihrer finanziellenMacht abhängig. Sie gaben den Schmie- den den nötigen Rohstoff und schossen ihnen Geld zur Deckung der Produktions- und Lebenshaltungs- kosten vor. Diese waren ihnen somit mit der ganzen Erzeugung verpflichtet, dies war mit ein Grund für das strenge Verbot der Klingenausfuhr. Beide Teile erhielten in den Verlagsverträgen bestimmte Verpflichtungen zugewiesen, die sie anei- nander ketteten, in guten wie in schlechten Zeiten, Es bildete sich frühzeitig ein Übergewicht der Mes- serer heraus, das schon in dem Privileg vom Jahre 1408 zum Ausdruck kommt, denn seither mussten die Klingenschmiede die Zeichen der Messerer auf die bestellten Klingen schlagen, und in der "Freiheit" vom Jahre 1441 wurde ihnen gestattet, neben ihr Zeichen, den Bindenschild, das Zeichen der Messer- werkstatt Steyr, schlagen zu lassen. 1 Bei dieser durch Zwang geregelten Geschäftsverbindung gab es zahlreiche Zwistigkeiten. So forderten die Klingenschmiede wegen der dauernden Eisenpreissteigerung eine entsprechende Erhöhung der Klin- genpreise, die Messerer hingegen verwiesen auf andauernden Absatzrückgang, wofür sie die sinkende Klingenqualität verantwortlichmachten. Die Klingenschmiede wieder führten Klage über die Gewohnheit der Messerer, ihnen statt Geld Waren zu geben, die sie nur unter Verlust versilbern konnten. 1574 legten sie sogar die Arbeit nieder, kaiserliche Räte hatten die Entscheidung über die Frage der Bezahlung, der Klingenbeschaffenheit, des Verlages und der Lieferung nach auswärts au treffen. Dies konnte jedoch den Zwistigkeiten ein Ende setzen. Die Messerer beschwerten sich, dass die Klingen- schmiede auch Klingen ausfeilten, schliffen und polierten, die Klingenschmiede drängten auf Aufhe- bung des Ausfuhrverbotes für Rohklingen. Das Verbot wurde aber neuerlich bestätigt . 2 Selbsthilfe und Beschwerden lösten einander ab, bis man allmählich in der Vereinigung der 2 Hand- werke den Ausweg sah, um die Krisenfestigkeit zu erhöhen. Als schließlich einer bestimmten Anzahl Steyrer Messerer gestattet wurde, ein Feuer zu halten und diese dadurch von den Klingenschmieden unabhängig wurden, verloren letztere die bisherigen Abnehmer, die beiden ehrsamen Handwerke be- standen als Messerschmiedhandwerk weiter, bis die Welle der modernen Industrialisierung, der An- bruch des Maschinenzeitalters, die Welt der biederen Handwerksmeister endgültig zerstörte. 3. Preisvereinbarungen. Wie ein roter Faden zieht sich die Frage der Eisen- bzw. Klingenpreise, wie vorhin schon angedeutet, durch die Handwerksgeschichte. Damals wie heute fand jede Preissteigerung des Rohmaterials, jede Erhöhung der Kohle- und Proviantkosten, den Niederschlag in der Preisgestaltung der Fertigprodukte. Bei der innigen Verbindung der beiden Handwerke fand dies selbstverständlich Ausdruck in den ge- genseitigen Beziehungen, niemand wollte die Schuld auf sich nehmen. Bis zum Streik der Schmiede, um ihren Forderungen auf Preiserhöhung Nachdruck zu verleihen, der 1580 die Messerer zum Nach- geben zwang . 3 Doch damit war dieses Problem nicht aus der Welt geschafft, wenige Jahre später ging der Streit von neuem los. In allen Schriften über gerechte Entlohnung stößt man auf die Wendung "in gerechtem guten Geld und nicht in Pfennwerter" sollte die Bezahlung erfolgen. Dies gibt den Beweis, dass nicht immer die Bezahlung in Geldeswert erfolgte, sondern häufig in Naturalien. So gab es eine Kette von Preisfestset- zungen durch die Obrigkeit, deren letzte im Jahre 1769 erfolgte. Für die spätere Zeit besitzen wir leider keine Nachrichten. 1 a.a.O., Schoiber 35 – 37. 2 St. A. Steyr, Messererakten, Paket A, Nr. 16. 3 St. A. Steyr, 11/5

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