Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts

-50- 4. Klingenverlag durch die Messerer In frühester Zeit bezogen die Klingenschmiede um ihr eigenes Geld bei den Eisenhändlern den be- nötigten „Frumbwerkzeug“ und stellten die Rohklingen also auf ihre eigenen Kosten her. Diese gaben sie dann weiter an die Schleifer, die sie schliffen und an die Messerer weiterverkauften. Klingen- schmiede und Schleifer waren also gezwungen ihre Waren an die Messerer abzugeben. Das Messerer- handwerk, das die Rohwaren fertig stellte, Handel damit trieb und die Gewinne daraus zog, nahm ei- nen großen Aufschwung, der sich nicht zuletzt in der Stellung der Messerer zu den beiden genannten Handwerken auswirkte. In jenen Zeiten, wo die Geschäfte gut gingen und viel Bedarf an Messern vor- handen war, versuchten die Messerer, sich beim Klingenbezug zu sichern; sie schossen daher den Schmieden Geld zur Deckung der Produktionskosten vor, die ihnen mit ihrer gesamten Erzeugung ver- pflichtet waren. Ein Verlagsverhältnis hatte sich herausgebildet, das für beide Teile bestimmte Ver- pflichtungen enthielt. Die Klingenschmiede hatten auf Grund der „Mödl“, der festgesetzten Klingen- formen, die Rohklingen zu schmieden und an die Steyrer Messerer abzugeben; diese hatten „mit paren gelte von khainer andern war oder pfrimber“ sie zu bezahlen; die Messerer gaben den Schmieden, die sie verlegten, den Rohstoff, meist 2 Zentner „Frumbwerkzeug“ und „so viel gelt darzue, als der werich- zeug macht, damit er sein Arbeit mit Koll und andern mag aufbringen“ . 1 Materialeinkauf und Vor- schusszahlungen für Kohle und andere Notwendigkeiten mussten vom Messerer erfolgen, um ohne Stockung die Rohklingen beziehen zu können . 2 Jene Verlagsverpflichtungen wurden aber nur selten gewissenhaft erfüllt. Trotz jener Zahlungen durch die Messerer, verkauften die Klingenschmiede die Rohklingen auf andere Werkstätten: den Messerern blieb nichts anderes über, als wieder Geld neben Barzahlung des Werkzeuges vorzustrecken, da sie ja von den Schmieden abhängig waren . 3 Die Messe- rer standen beständig mit den Schmieden in Streit wegen der Preise. Eisensteigerungen wirkten sich naturgemäß auch in den eisenverarbeitenden Gewerben aus und für die Klingenschmiede bedeutete eine Erhöhung der Rohstoffpreise, wie in den Jahren 1544, 1553, 1565, 1568 und 1574 kommende Schwierigkeiten. Die Schmiede verlangten von ihren Verlegern höhere, den Eisenpreisen entspre- chende Klingenpreise, doch nur zögernd und erst nach langen Verhandlungen willigten diese in eine Preissteigerung ein, da sie selbst unter Absatzschwierigkeiten litten, die aber größtenteils auf die schlechte Qualität der Klingen zurückgeführt wurden. Zwischen 1550 und 1585 mehrten sich die Kla- gen der Messerer über schlechte Erzeugung der Schmiede, diese gaben alle Schuld den Hammerwer- ken, die minderwertige Stahlsorten liefernden. Auch der Mangel an Frumbwerkzeug machte sich sehr nachteilig bemerkbar, die Schmiede konnten ihre Lieferungsverträge nicht einhalten und die Messerer hatten keine Arbeit. Unter solchen Umständen waren die Messerer kaum zu bewegen, die Klingen besser zu bezahlen. Sie gaben auch oftmals nicht bares Geld, sondern zahlten in teurem Gold oder Tuch, das die Schmiede unter Verlust wieder umtauschen mussten, um landesübliche Zahlungsmittel zu erhalten. Nur wenig Messerer zahlten um die Mitte des 16. Jh. Ihren verlegten Klingenschmieden „nit allein Tusch vnnd ander Wahr, sond: auch das gelt in hohen wert“. Eine ganze Reihe vonMesserern gab den Schmieden weder ihr verdientes Geld noch einen Verlag . 4 Um 2 Jahrzehnte später hatten 1 1544 Okt. 6, Klage der Raminger und Dambacher Schmiede über wenig und schlechten Werkzeug, Schoiber 35/37. 2 Man kann annehmen, dass auch schon vor dem 18. Jh. dieses Verlagsverhältnis zwischen Klingenschmieden und Messerern bestanden hatte, da diese räumlich mit den Eisenhändlern in enger Beziehung standen und durch persönliche Verbindung eher den begehrten Frumbstahl erhielten als die Schmiede der Umgebung. Es befassten sich daher manche Messerer mit der Eisenhandlung 1579/IV/9/349. 3 1579/IV/9/349, St.A. 4 1560 Verzeichnuss welche Messerer von verlegen zu Steyr denen Clingenschmidten auf der Räming Werchstatt fur Ihr belonung mit allein Tuech vnnd andere Wahr, sond: auch das gelt in Hohen werth, nemblichen: das golt um ein Hundert Acht Creutz, den chronguiden per zwelf Schilling Pfennig, dann das ungarische Geld per vierzehn Schilling Zwelf Pfening, die Thaller zu ein vnnd siebzig Chreutz bissher geben, davon Sy die Clingenschmidt aber sunderlichen an den zu geringen gelt vnnd golt grossen verluest haben. Zum ersten: Leopold Seisenegger, Zech- maister, gibt die Taller zu ain und siebzig Chreutz, nemblichen: dem Sigmundt Edtsfellner, Hans Höltzl, den Jörgen Höltzl, Leonharten Läutner, Wolfen Edtsfellner, Jörgen Riedler, Hans Reinwäger. Jacob Vischer in gleichen: Mär- ten Vässl, Hans Scheffmüller, Jörgen Riedler und Christofen Vorschhueber. Also auch Hieronime Paumgartner:

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