Zwanglose Blätter, Nr. 53, vom 16. September 1848

Ministerielle Schildereien. (Schluß). Ich habe vor ein Paar Jahren mit einigen Bekann¬ ten eine Parthie in das Hochgebirge gemacht. Einer war unter uns, der bomer blaß wurde, so oft es hieß, wir kä¬ men an eine gefabrlobe oder bedenkliche Stelle des Weges. Die Passage seiost legte er mit kreideweißem Antlitz, ein Volbisles Ausserene, zurück. Kaum hatte er aber wieder festen Mebenegewonnen, so zwang er sein noch entfärbtes Telesst Hoi Lileben, vien schlechte Witze über die überstan¬ Prue Vrlabt uob in der Mittags= oder Nachtstation war # veltrure der fühnste Bergsteiger, der je einen Alpen¬ Ti#n n jeues noch kreideweiße Gesicht, das sich zu ei¬ 5en Vierbein Aingt, erinnert mich das Wiener Ministeri¬ Mi. Aitobem ee die sehwierige Passage der Fragen Vor¬ Vonbe, Vo gutra eben anging, zurünfgeient und wenig¬ siene Natb Teiner eigenen Meinung wieber festen Boden Mobinen Dit. Nilld sbleibte Jolbe Teimt es in dem Auf¬ Idar „pie Millisteriene Orstarung, Der Reicbstag und die Ppartorien“ bei in Nr. 154 der Abenbbellage zur Wiener Aeitfnk Krst Das Ministerium freue sich aber nicht zu früh. Nicht seiner Konsequenz, sondern der Inkonsequenz seiner Gegner, nicht seiner Geschicklichkeit, sondern der Taktlosigkeit und Un¬ geschicklichkeit seiner Feinde, nicht dem Umstande verdankt es seinen kurzen Sieg, daß das Volk einverstanden ist mit der ministeriellen Majorität des Reichstages, sondern daß diese ministerielle Masorität nicht einver¬ standen ist mit dem Willen des Volkes. .So steht es um unsern Reichstag, er hat keinen Bo¬ den mehr in der intelligenten, besonnenen und aufrichtigen Schichte des Volkes, die allein Charakter genug hat eine nachhaltige Thatkraft zu entwickeln, die allein organisirende Talente in ihrem Schooße zählt, weil nur unter ihren Dä¬ chern Fleiß, Weisheit und wahre Humanität wohnen. Der Reichstag rükte ohne Besonnenheit, ohne Plan, ohne die nöthigen Vorkenntnisse ins Feld, er griff bald hier bald da an und während des Feuers entwarfen die Kolonnen erst ihren Schlachtplan. Auf diesem Wege sind wir zu zwei Partheien gelangt: die ministerielle Majorität, täglich bereit uns in den Sumpf der Louis Philipp'schen konstitu¬ tionellen Monarchie zu führen, wo an Orden, Titeln, fetten Anstellungen und bequemer Beamtenherrschaft kein Mangel war — die sogenannte demokratische Minorität, die reak¬ tionäre wider Willen, die Sturm läuft gegen alles was steht oder nicht eben so lange Fortschrittsbeine macht wie ie selbst. Eines aber ist beiden Parteien gleich verhaßt: die Wahrheit und das Recht, die außer den Wänden des Reichstagssaales noch immer unwiderstehlich ihre Stimme erheben. Wir haben die Herrschaft von tausend Bureaus gestärgt um jetzt beherrscht zu werden von einem großen Bureaur dem Reichstag. Es schadet dem Vergleiche nichte daß es zwei Sektionen hat: eine Willkühr, ein Hinaussetzen über das Gesetz, — dem die Abgeordne¬ tew ihr Recht verdanken, — ist beiden gemein! Was ich zumeist in der ministeriellen Erklärung der Freiheit feindselig fand, ist die sorgfältige Vermeidung, die Wahrheit auszusprechen: daß das neue Reich ein demokra¬ tisch konstitutionelles sein müsse. Haben die Minister doch diese Ansicht in ihrem Programme so deutlich kund gemacht! Fühlen sie sich durch eine Majorität gehindert, diese ihre Grundidee zu realisiren, so können sie doch unmöglich von einer Majorität für sich, sondern sie müssen vielmehr von einer Majorität gegen sich sprechen, sie sind so¬ mit in der Minorität und sollen abtreten. Dieselbe feindselige Vermeidung finde ich aber in den mehr erwähnten ministeriellen Artikel, ja dieser geht in sei¬ ner übermüthigen Ueberstürzung so weit, die demokratische Parthei im Tone eines Polizeipräsidenten, eines vormärzli¬ chen Ministers zu bedrohen, die Revolution der geknechte¬ ten Intelligenz zu einem bloßen Bauernrummel herabzuwür¬ digen und endlich eine Politik ungescheut in Aussicht zu stel¬ len, die uns statt nach Canaan nur wieder in die Wüste führen wird, wo schwarze Nacht über unsere Häupter hing und gelber Sand uns reichlich in die Augen flog. Der leidige Artikel spottet sehr vornehm über die an¬ gebliche Majorität des Volkes, die hinter irgend einer par¬ lamentarischen Minorität stehen könnte. Das Hinweisen auf eine solche Majorität ist dem Ministerium eine Unart, die eine gewisse Parthei aus den Tagen der Revolution mit herüber genommen hat. Also die Revolution gelangte durch die Unart zu ihrem Siege, daß sich die Mi¬ norität der Majorität nicht fügen wollte. Diese Behauptung ist eben so neu als überraschend. Es kommt aber noch besser. Vor „dem ungestümen Appell an die Volkssouveränität“ werden wir in einem so hohen Tone gewarnt, als sprechen die Minister von den Schultern der Kroaten herab. Es gäbe noch ganz andere Völker in Oe¬ sterreich, als die, welche nicht mit den Ministern stimmen wollten, und wenn diese ihre Souveränität geltend machen würden, so dürften wohl die Herrn Radikalen, die „doch nur bleierne Lettern zu Bundesgenossen haben,“ bald er¬ liegen, denn jene Völker seien bereit das Blei in andern als in Letternformen wirken zu lassen und in urbe et in orbi hätten sie der Bundesgenossen nicht wenig. Endlich heißt es: durch Aufhebung des dominikalen Unterthan=Verbandes, derentwillen sich die Völ¬ ker eigentlich nur erhoben haben, sei uns die volle (?) Möglichkeit geboten, die Wohlfahrt durch die Freiheit zu begründen. Zuletzt wird uns eine volksthümliche Provinzverfassung versprochen und über alles ein Hauch freier Verbindung. Jetzt wissen wir also warum wir die Revolution ge¬ macht haben. Nicht um die unerträgliche Fessel des Gei¬ stes zu brechen, nicht die Tirannei der Bureaukratie, Ari¬ stokratie und Hierarchie, die Willkühr des Hofes und seiner Minister zu stürzen, Recht und Freiheit zur ewi¬ gen Herrschaft zu verhelfen, das slavische Joch als deutsche Männer vom Naken zu schütteln und den Mehlthau einer russischen Politik, der alle Blüthen des Reiches tödete! Nein! o nein! nur damit der Bauer, zunächst durch das Geld des gewerbfleißigen Bürgers losgekauft werde von Zehent, Robot u. dgl. damit in Zukunft nicht mehr jene

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