Zwanglose Blätter, Nr. 53, vom 16. September 1848

224 neues dacisches Reich für den Herzog von Leuchtenberg zu stiften! Böhmen, der am weitesten gegen Westen vorgescho¬ bene Posten des Slavismus das Land in dessen czechi¬ schen Distrikten russisches Gold wohlbekannt ist, hat den Deutschen bereits den Handschuh hingeworfen, es dürfte vielleicht nicht mehr lange dauern und der Kampf beginnt. Mögen doch die slavischen Helden es wohl überlegen, bevor sie das Schwert ziehen. Rußland kann ihnen wohl mit Gold aber nicht mit Truppen zu Hilfe kommen. Denn bei den ersten Schüssen eines russischen Heeres in Deutschland beginnt der Thron des Czaar zu schwan¬ ken, und wenn dann nicht die Bajonnete schnell heim eilen ihn zu stützen, so bricht er zusammen und begräbt den Kai¬ ser unter seinen Trümmern. Aber auch die Völker des We¬ stens werden ein für allemal enttäuscht sich erheben gegen ihre unverbesserlichen Peiniger und Verräther. Dann dann rollt das Rad des Geschickes das letztemal — zer¬ malmend — durch die goldenen Hallen der Könige! Doch der Kaiser war nicht lange Noch aus seinem Harze heim, Kräftig war sein Blut im Gange Wie ein alter Heldenreim. Und als man ihm wissen lassen Was Verrath im Sinne trug, Mitten auf der off'nen Strassen Er den goldnen Thron aufschlug Als die Wenden=Schaar gerufen Tükisch harrte und gebuckt An des Thrones Purpur Stufen, Hat er rasch sein Schwert gezukt Und gedonnert: „An den Hunden, Deren keiner mehr entschlüpft, Die man stäupt und jetzt voll Wunden Seht ihr's! — dort an Bäume knupft,“ Deutschland kannte einst bessere Zeiten und bessere Fürsten. Mit Wehmuth nur und Sehnsucht gedenke ich der Tage wo Kaiser Heinrich vom Finkenheerde aufstand, hinabging in das Land, die Wälder lichtete, Städte baute, Schulen gründete, Kunst und Wissenschaft und den Bür¬ gerstand erhob und die rohen herrschsüchtigen Barbaren des Ostens mit einem Schwertstreich niederschmetterte auf dem Merseburgerfelde. Es ist mehr als eine poetische Flos. kel wenn wir weinen über die bösen kaiserlosen Tage Ich weiß ein altes Heldenlied vom Kaiser Heinrich, er spricht darin den Slaven gegenüber eine Sprache voll Mark und Kraft, deren unsere deutschen (?) Fürsten nicht mehr mächtig zu sein scheinen. „Sehen, wie im Spiegel eben, Ihres nächsten Schicksals=Lauf Alle, die die Hände heben Gegen mich, den Kaiser, auf!“ „Seht in mir da aufgerichtet Steh'n das ganze deutsche Reich! Wer es angreift den vernichtet Dieses Stahles Blitz und Streich.“ „Denn es ist mir, und ich werde Es beweisen mit dem Schwert, Jeder Grashalm deutscher Erde Wie mein eig'nes Haupthaar werth!“ Kaiser Heinrich, wenn das Sehnen Seiner Seele stand nach Ruh', Spornte immer seinen Dänen Hastig dem Gebirge zu. Eine Nacht zu Goslar schlief er, Morgens über Stock und Stein Ritt er fröhlicher noch tiefer ∆ In den grünen Harz hinein. Süße Sagen nur verkünden, Wo der Sorgen er vergaß, Wer auf quell=durchrauschten Gründen Still und liebend bei ihm saß. Aber zu des Hofes Schwüle Mit erhöhter Kraft und Macht, Kam er immer aus der Kühle Der verschwieg'nen Waldesnacht. Als die Veste zu vollenden Heinrich einst zu Stendal war, Kam gesendet von den Wenden Zu ihm eine Männerschaar, Mit der Frage: „Warum bauter Stendal ihr die Veste gut.“ Und sobald die Antwort lautet: „Gegen Wenden=Uebermuth.“ Ihn entschlossen zu ergreifen Mitten in dem eig'nen Haus, Und gebunden heim zu schleifen Vor den König Missitzlaus. „Lasset eure Schwerter rosten! Ewig scheidet eine Wand Unsern Westen — euern Osten, Deutsche Trift — vom Steppenland.“ „O verengt nicht uns’re Scholle! Saugt nicht uns’rer Mutter Mark! Künftige Geschlechter solle Sie noch säugen groß und stark.“ „Wenn der Busen ausgesogen Würde von der fremden Brut, Und das eig’ne Kind betrogen Tränke seiner Mutter Blut;“ „Während dort mit leeren Brüsten Osten, das verbuhlte Weib, Kinderlos in faulen Lusten Strekt den unfruchtbaren Leib —! — „Herr im Himmel! dann entsende Deines Blitzes Nachestrahl! Doch so lang ich lebe, wende Fremdlings=Herrschaft dieser Stahl.“ Also ohne Furcht und Zagen, Sprach der kaiserliche Held, Der die Hunnen hat geschlagen Auf dem Merseburger Feld. Noch, bald lauter und bald leiser, Rauscht von Osten her ein Strom: Tritt noch einmal starker Kaiser Aus dem Quedlinburger Dom! Aler. Jul. Schindler.

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