Zwanglose Blätter, Nr. 24, vom 8. Juni 1848

nicht die Republik proklamiren, aber daß ein Piemontese daran andere Hoffnungen für eine andere Einheit Italiens knüpft, ist begreiflich. Was nützt es nun Ferdinand, die Neapolitaner durch seine Truppen, durch fremde Söldlinge überwunden zu ha= ben? hat er sich dadurch die Liebe des Volkes errungen? hat er sich dadurch den Thron gesichert? — — — — Fragen, die sich von selbst beantworten, — Fragen, die dem Könige beider Sicilien nicht allein gelten. F. W. A. Zur Geschichte des Tages. Die Allgemeine österreichische Zeitung schreibt: Eine uns zugekommene Privatnachricht aus Frankfurt vom 28. Mai d. J. meldet uns Folgendes: Aus ganz guter Quelle kann ich Ihnen mittheilen, daß Montecucoli, der Regierungs=Präsident, an der Spitze der Cama= rilla steht, die den Hof entführt und den ganzen Plan schon lange vorbereitet hatte. Lazansky u. s. f. sind Genossen Aus anderer guter Quelle wird uns mitgetheilt, daß sehr thätige, vielleicht die thätigsten Mitglieder der Camarilla Frau= en waren, Frauen, die vor Andern berufen gewesen wären, jede Störung der Ruhe und des Glückes der Völker, die dem Scep= ter Oesterreichs gehorchen, zu vermeiden; Frauen, die in den Märztagen die Lehre sich hätten merken sollen, daß das Volk mit einem immergleichen Lächeln, mit einem holdseligen Theater= besuch zu wohlthätigen Zwecken, mit der Errichtung und Pro= tegirung einer Kleinkinderbewahranstalt nicht alle seine so= cialen Bedürfnisse gedeckt findet! Erzherzog Ludwig und Graf Kolowrat befinden sich — von allen Staatsgeschäften entfernt. — in Ischl. Das Cillier Wochenblatt, das allen billigen Anforderun= gen eines Provinzialblattes entspricht, bringt nachstehende Erzäh= lung, die einen Aufschluß darüber liefert, unter welchem Zeichen die Slaven siegen wollen. Unsrere ersten warnenden Worte gegen die Uebergriffe des Slavismus haben von mehreren Seiten die selben Verdächtigungen erfahren, als damals unser Drängen nach einem aufrichtigen Auschluß an Deutschland. Die Geschichte, die seither wie die Weitzenhalme auf unseren Feldern täglich sichtbar wächst, hat uns gerechtfertigt. Sie wird noch ferner unsere Richterin sein Die erwähnte Erzählung lautet so: Die den Völkern Oe= sterreichs Heil und Segen bringende Constitution hätte durch falsche und böswillige Auslegung bald die schönen Gauen des Cillier Kreises in ein unabsehbares Unglück gebracht. Der Um= stand, daß in Croatien bereits die Roboth und andere sonstige Leistungen der Unterthanen gegen die Grundherrn gänzlich auf= gehoben sind, während die Art der Entschädigung auf steierischer Seite noch in Frage schwebt, hat bei den Gränzbewohnern eine Unruhe herbeigeführt, welche durch Aufreizungen und Aufmun= terungen sich immer mehr gesteigert harte. Diesen aufgeregten Gemüthszustand hat der kroatische Stuhlrichter Bonamißa be= nützt, indem er bei einer Volksversammlung der anwesenden steie= rischen Unterthanen das Versprechen gab, die Vereinigung der an Kroatien gränzenden Kreise Steiermarks, in welchen die sla= vische Sprache gesprochen wird, mit dem Königreiche Kroatien zu bewirken, wornach dieselben von allen (?) direkten und indi= rekten Abgaben befreit, sich der vollkommenen Freiheit erfreuen würden! Auf diesen Aufruf sind Emissäre in die angränzenden polit. Bezirke Steiermarks abgesendet worden, welche die Unter= thanen zum Beitritte aufforderten. Die Sache war soweit ge= diehen, daß eine große Volksversammlung vorbereitet war, welche am 22. d. M. in dem kroatischen Gränzdorfe Berdovetz hätte Statt finden sollen. Unter Bonamißas Anführung hätte die Volksmenge die Zwischenzollinie durchbrechen, die bei Dobova aufgestellte Zollschranke sammt dem Gefällen=Amts=Gebäude nach Vertreibung der Beamten zerstören, und in der Kirche des Dor= fes Dobova eine Fahnenweihe feiern sollen, wornach dann der Zug weiter in das Land fortgesetzt worden wäre. Daß es bei einer so regellosen Demonstration nicht ohne Excesse abgelaufen wäre, ist leicht begreiflich, und wer kann das Ende eines solchen Volksaufsiandes ohne Schander absehen? Doch die Wohlgesinn= ten haben dieses verbrecherische Vorhaben rechtzeitig angezeigt, und es hat sich zur Abwehrung desselben am 22. d. M. bei Do= bowa eine Truppe von 120 Mann Finanzwache, und 60 Sol= daten eingefunden, welche unter Anführung des Oberkommissärs Höpler glücklich die Rebellen verscheucht hat. Daß dieses ver= brecherische Vorhaben schon weit verbreitet war, geht aus dem Umstande hervor, daß an dem bezeichneten Tage ohngeachtet des in Strömen fließenden Regens, das Landvolk aus den Bezirken Rann, Reichenberg, Lichtenwald, Pischätz, Hörberg, Wisell und sogar Drachenburg herbeigekommen war, und es wäre sicherlich viel Blut gefloßen, wenn der Versuch zu diesem Attentate wirk= lich gelungen wäre. Briefwechsel. Wien, am 2. Juni 1848 Gestern begab ich mich in den Sicherheits=Ausschuß, des sen Mitglieder aus sämmtlichen Compagnien der akad. Legion, der Bürger= und National=Garde ihre Sitzungen im Musikver= ein=Saale hatten, wo auf die Gallerien der Eintritt Jedermann gestattet ist. Dort erfuhr ich mit Bestimmtheit, daß die Pra= ger in Anbetracht unseres ohnmächtigen Ministeriums eine prov. Regierung (unter den Mitgliedern Palatzki) konstituirt und zwei Deputirte an den Kaiser nach Innsbruck um die Bestätigung ihrer Regierungsmitglieder abgeschickt hätten. Ein Antrag des Ministeriums die Untersuchung jener Inkulpirten, welche den 26. Mai mit seinen Schrecken hervorriefen niederzuschlagen und zu amnestiren, wurde nach vielen pro= und contra Reden bis Abends vertagt. In der Sammlung Abends wurde nun beschlossen, daß die Untersuchung fortgepflogen werde, daß die Angeklagten jedoch vor ihren gesetzmäßigen Richter*) gestellt, die Untersuchung aber öffentlich und mündlich abgeführt werden solle. Früher schon wurde Graf Hoyos als unschuldig erklärt, und seit heute wurde aus der Wohnung Hoyos die Wache abgezogen, weil er sein Ehrenwort sich jeder Zeit zu stellen gegeben hat. Gf. Bräu= ner, Baron Pereira (auch einer der Angeklagten) und Prof. Endlicher sind flüchtig. Drei Bauern aus Ried sind hieher gereist um sich von den Zustand unserer Stadt zu überzeugen. Er wird von Geistli= chen und Aristokraten im ganzen Innviertel als ein gräulicher den Umsturz aller gesetzmäßigen Ordnung bedrohender, kurzweg *) welcher für solche Fälle der Reichstag sein muß.

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