Zwanglose Blätter, Nr. 22, vom 1. Juni 1848

Zwanglose Blältter für Oberösterreich. Nro. 22. Steyr am 1. Juni 1848. Furchtlos und treu! Eine Schilddevise. Die Adresse der Stände und des Bürger= Ausschusses des Landes ob der Enns an den Kaiser. Euere k. k. Majestät! Die durch das Allerhöchste Patent vom 15. März d. J. allen Ländern des österreichischen Kaiserstaates allergnädigst ge= währten Zugeständnisse sollten nun durch die, am 25. April ver= liehene Constitution und das provisorische Wahlgesetz vom 9. Mai in Erfüllung gehen, die, Eurer Majestät mit unerschütterlicher Treue ergebenen Völker standen am Eingange einer ahnungsvol= len Zukunft von der sie den Segen gesetzlicher Freiheit erwarte= ten; allein diese Zukunft, welche dem österreichischen Kaiser= staate, dem gesammten Deutschland Einigkeit, Kraft und gewichtigen Einfluß auf die Zukunft aller Europäischen Staaten verhieß, er= füllte die Feinde des Vaterlandes mit finsieren Ab= nungen. Es ist ihren Bemühungen gelungen, die Unerfahrenheit der Jugend, die politische Unreife des rohesten Theiles der Be= völkerung Wiens zu Handlungen fortzureißen, welche nicht nur die, dem Monarchen schuldige Ehrfurcht verletzten, sondern auch mit allen Bedingungen constitutionellen Lebens im offenen Wi= der spruche stehen. Es war dem edlen Herzen Eurer Majesiät nicht möglich, das Blut Ihrer Bürger vergießen zu lassen, die unbewußten Werk= zeuge fremder Bosheit, bewaffnet gegen die Burg Ihrer Väter zogen, und auf ungesetzlichem inconsiitutionellem Wege Zuge= ständnisse ertrotzten. Euere Majestät haben Sich dadurch bewogen gefunden, die Hauptsiadt zu verlassen, und in den Bergen Tirols Zuflucht zu suchen, um sich von den erschütternden Vorgängen zu erho= len, welche Ihre Gesundheit bedrohten, um dort den Zeitpunkt abzuwarten, wo Ruhe, Ordnung und Besonnenheit wieder in die Hauptstadt des Reiches zurückgekehrt sein würden. Die treugehorsamsten Stände des Landes ob der Enns, verstärkt durch ihren, aus freier Wahl der Bürger hervorgegan= genen Ausschuß beeilen sich, Eurer Majestät die innigste Freu= de auszusprechen, daß dieser Entschluß auf die Rückkehr des ver= irrten Theiles der Bevölkerung zur Besinnung, zur alten tief in Aller Herzen wurzelnden Treue so augenblicklich und mit so wun= derbarem Erfolge eingewirkt hat, daß die volle Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung in der Hauptstadt Wien bei den sich stündlich mehrenden heiligen Versicherungen der Bewohner, die allesammt mit ihren besten Kräften die Regierung Eurer Maje= stät zu unterstützen bereit sind, und bei den von dem Minister= rathe getroffenen Vorkehrungen in die nächste Aussicht gestellt ist. Die Eurer Majestät nachgeeilte Deputation der Bewohner der Stadt Linz erklärte bereits ihre Anhänglichkeit an die ange= stammte Dynastie und die Bereitwilligkeit mit gesammten Kräf= ten aller freien österreichischen Länder und Deutschen Brüder für die constitutionelle Entwicklung des Staatslebens, für die Herstellung der Ordnung und fur die Befestigung des Vertrau= ens Alles, auch Ihr Leben zu opfern. Nie würde die Provinz ob der Enns Anordnungen unberufener inconstitutioneller Ge= walten annehmen. Auch wir haben unser tiefes Bedauern, un= sere Entrüstung über die jüngsten Vorgänge zu Wien in einer Adresse an den Ministerrath ausgesprochen, und feierlich gegen alle, in der Nacht vom 15ten auf den 16ten d. M. abgedrun= genen Zugeständnisse protestirt, in soferne die nicht von allem Zwange befreite Regierung nach gänzlich wieder hergestellten Ruhe und Ordnung denselben ihre Sanction ertheilen sollte, wir erlauben uns aber auch jetzt Euerer Majestät in tiefster Ehrfurcht zu bemerken, daß die Treue Ihrer Völker zu ihrem angestamm= ten Monarchen sich nach vieljährigen Erfahrungen und Leiden mit dem Bedürfnisse einer freien Verfassung, mit der Lie= be zu einer Consiitution, welche die Herrschaft der unter Mit= wirkung der Nation erlassenen Gesetze verbürgt, so fest vereinigt, und verbunden hat, daß Treue gegen den Monarchen und Liebe gesetzlicher Freiheit sich nun und nimmer trennen lassen, ohne den Thron zu erschüttern, ohne den österreichischen Kaisersiaat in seine ungleichartigen Bestandtheile aufzulösen, und zum Tri= umphe der Feinde Oesterreichs und des Deutschen Nahmens in alle Gräuel der Zwietracht und Anarchie zu stürzen. Nur die Furcht, daß Eure Majestät sich durch unver= antwortliche Rathgeber, welchen die wahre Gesinnung Ihres Volkes fremd ist, bestimmen lassen könnten, die gegebenen Zusi= cherungen nicht vollständig zu erfüllen, hat Mißtrauen erweckt, hat der Arglist der Feinde bei der Ungewogenheit des constitu= tionellen Lebens die Bethörung und Aufreitzung des, solchen Ein= wirkungen am meisten blosgestellten Theils der Bevölkerung mög= lich gemacht. Euere Majestät! auf wechselseitiges Vertrauen auf Eintracht zwischen der Nation und Ihrem angestammten Herrscher ist unsere einzige Hoffnung gegründet, wir mussen von jeder Hoffnung einer glücklicheren Zukunft scheiden, wenn wir nicht mit Zuversicht erwarten könnten, daß Euere Majestät in Erwägung dieser Entschuldigungsgrunde dem zu gesetzwidrigen Handlungen verleiteten Theil der Bevölkerung mit gewohnter Milde verzeihen, zugleich aber auch Ihrem bangen Volke, die festesten Burgschaften vollständiger Erfullung der gegebenen Zu= sicherungen gewähren wollen. Die gegebene Constitution, die provisorische Wahlordnung enthalten Punkte, die ein Theil des Volkes geändert wünscht; man wollte diese Aenderungen nicht im verfassungsmäßigen We= ge durch gesetzliche Petitionen, durch die Presse, durch den Reichs= tag, durch das gesetzliche Uebergewicht der auf der freiesten Ba= sis von dem Volke gewählten zweiten Kammer erwirken, sondern

mit bewaffneten Drohungen erzwingen, dieß war das Vergehen, welches der größte Theil der Bewohner Wiens, der National= Garde und alle Provinzen des Reiches verabscheuen, der kleine= re schuldige Theil bitter bereut. Möge es aber Euerer Majestät gefallen, befreit von allem Zwange wie auch frei von dem Ein flusse einer Umgebung, welche die Wunsche und Bedürfnisse Ihres Volkes nicht kennt, im Einverständnisse mit Ihrem Ministerrathe die, von ihm und dem intelligenteren Theile der Nation ge wünschten Aenderungen zu bewilligen, nach hergestellter Ruhe, Ordnung und Sicherheit unter dem Schutze der gesetzlichen Ge walten alles Mißtrauen zu verbannen, und nach dem Rathe Ihrer verantwortlichen Minister in die ängstlich harrende Resi denz ehemöglichst zurückzukehren. Das Reich und die Haupt= stadt würden unendlich leiden, wenn diese Rückkehr länger ver= zögert würde, als die Umstände dringend erheischen. Durch die unvermeidliche Stockung des Vertrauens, des Verkehrs würde das Land immer mehr außer Stand gesetzt, seinen äußeren Feinden zu widerstehen, während die Elemente innerer Zerrüt= tung durch die zunehmende Erwerblosigkeit sich immer drohender anhäufen würden. Während wir für die Gesinnung, die uns beseelt, den Ausdruck suchten, eilten Deputationen verschiedener Provinzen vielleicht mit verschiedenen Petitionen nach Innsbruck. Wir erlauben uns nur eine, aber höchst dringende, und flehende Bitte: unternehmen Euere Majestät nichts ohne Ein= verständniß mit ihren verantwortlichen Ministern! durch jede, die Grundsätze der Constitution verletzende Gewährung würden Euere Majesiät ein furchtbares Wort aussprechen: Reaction! ein Wort, das längst zum Losungswort der Feinde der Dyna= stie und des Volkes geworden ist, ein Wort, welches den Bür= gerkrieg entzunden, alle Schrecken der Anarchie herbeirufen das den Fluch der Revolution oder die Schmach der Knecht= schaft über Ihre treuen, dem angestammten Herescherhause mit innigster Anhänglichkeit ergebenen Völker ausschütten würde. Euerer Majestät treugehorsamsten Stände und Bürger=Ausschuß des Landes Oesterreich ob der Enns. Linz, denn 22. Mai 1848. Wir erlauben uns einige Bemerkungen an diese Ad= resse zu knüpfen. Im Ganzen ist sie ziemlich gelungen durch die Klugheit mit welcher allen, den am 15. Mai mit Waffen ausgerückten Nationalgarden, Bürger und Mitglieder der akademischen Legion Wiens angeschuldeten Schritten eben so viele edle Beweggründe untergelegt werden und somit die Form des Schrittes mißbilligt, das Ziel aber nach dem sie strebten, als ein vollkommen gerechtfertigtes, als das in jenen Tagen vor Allem anstrebenswertheste anerkannt wird, da es wie männiglich bekannt nur die Aufrechthaltung der unverfälsch= ten Freiheit war, welche durch eine unverbesserliche Men= schenklasse sich bedroht sah, die nicht zufrieden war nach wie vor schleichenden Fußes auf den glatten Parquetten des Ho= fes zu brilliren, sondern das alte, angeborene und anerzogene Gelüste nicht länger bezähmen konnte; endlich einmal wie= der den Fuß auf den so niedriggeborenen Nacken des Bür= gers und des Bauers zu setzen. Diese Menschenklasse, die ser aufgeblasene Hof=, Bureaux= und Militäradel ist es, welchen (um die Ausdrücke der Adresse zu gebrauchen der Segen der gesetzlichen Freiheit, mit fin= steren Ahnungen erfüllt. Daß die communistische Propaganda ihre Hände bei den Wiener Ereignissen im Spiele hatte und sich — vielleicht selbst tupirt als Werk= zeug der Camarilla gebrauchen ließ, stellen wir darum nicht in Abrede. Meisterhaft sind in der obigen Adresse die Hin= weisungen auf die konstitutionellen Pflichten des Kaisers, namentlich die offenen Warnungen vor jedem Schritte ohne Einverständniß mit den verantwortlichen Ministerien, vor jeder Reaktion. Somit wäre dieses Wort daß wir mit Wohldedacht schon wochenlang im Munde führen, das als Ausgeburt einer ungemäßigten politischen Fantasie vor den überklugen Stammgästen und Weinorakeln hingenom= men, von Dummen und Böswilligen unter ihnen aber gar für den Deckmantel erklärt wurde, hinter dem wir un= sere republikanischen (!) und anarchischen (!) Absichten verbergen — zu seinem historischen Rechte gekommen! Die Weltgeschichte wird von der Schandthat der Mai=Reaktion einer dem Völkerfrühling feindlichen Camarilla reden, die man den zwanglosen Blättern für Oberösterreich nie glauben wollte. Nach hundert und aber hun= dert Jahren werden es die Kinder in ihren Bücherriemen als Wahrheit in die Schule tra= gen, was man als Lüge und Verläumdung zu brandmarken wagte, als es früh und mu= thig von unseren Lippen tönte. Reaktion — hier steht der Feind! Wir halten ihm Stand mit offenem Visier! Ueber die Auffassung der Wiener=Vorgänge am 15. Mai wollen wir mit den Ständen nicht rechten. Die Akten sind geschlossen und auch hierüber wird die Geschichte das Urtheil sprechen, gegen das es keine Ap= pelation gibt, das Urtheil gegen dem keinen Monarchen das Milderungs= oder Begnädigungsrecht zusteht. Was daher den Protest gegen die Zugeständnisse des 15. Mai anbelangt, so können wir ihn lediglich als einen Protest aller Jener anerkennen, die eben damit ein verstanden sein wollen, denn Stände= und Bürgerausschuß von Oberösterreich in seiner jetzigen Gestalt ist noch immer keine vollständige Repräsentation des Volkes. Nur zwei Bemerkungen wollen wir uns noch er= lauben. Im zweiten Absatze der Adresse ist die Rede, daß es dem edlen Herzen des Kaisers nicht möglich war, das Blut seiner Büger ver= gießen zu lassen! Wir fragen: wann hätte der Kaiser das Blut seiner Bürger vergießen lassen sollen oder müssen? Etwa da sie gegenüber den schon früher aufgestellten Truppen und Kanonen nach dem Rechte der Volkswehr mit Waffen ausrückten, um auch ihrerseits der Reaktion die Zähne zu weisen? Der unglücklichste Ausdruck steht aber im ersten Ab= satze der Adresse wo als Verführte die Jugend, und dann nur noch der roheste Theil der Bevölkerung Wiens genannt wird. Um von der National= und Bür= gergarde, die sich unmöglich durch diese Ungeschicklichkeit getroffen fühlen könnte, abzusehen, müßte man fragen, ob

etwa jene Arbeiter, die die verrätherische Entwaffnung der jungen, wenn auch hie und da überbrausende Freiheits= wächter nicht zugaben, die der Bestechungen des längst be= kannten Pf. Wiesinger kein Gehör schenkten, die in der Bar= rikadenwoche Wiens das Eigenthum so heilig und Hände und Gewissen so rein und unblutig hielten, der roheste Theil der Bevölkerung Wiens sein sollten? O Stände und Bürgerausschuß zu Linz, legt eure dicken Zöpfe auf den Block — denn da, wie der übrige Inhalt eurer Adresse es weist, eure Freiheitsliebenden Herzen auf der rechten Stelle sitzen, so ist ein Zopf an eurem Nacken gewiß nicht an seinem rechtem Platze. Nun nehmt zum Schlusse unsern Dank für das viele Wahre und Gute was in eurer Adresse enthalten ist. Möge es der Kaiser beherzigen, möge es ihn veranlassen eine unverantwortlichen Rathgeber auf immer aus seiner Nähe zu entfernen. Dann wird das alte Vertrauen wieder kehren in alle gekränkten und irre gewordenen Herzen. So hoch steht keiner auf Erden, daß er nicht der Liebe und des Vertrauens seiner Mit= menschen bedürfte. Jedenfalls müssen wir euch zum Ruhme den Wunsch aussprechen, daß das Manifest aus Innsbruk an die Völker des Kaiserstaates wenigstens mit derselben Gesinnung und derselben Umsicht verfaßt worder wäre, wie euer Manifest. Neuestes aus Wien. Wir theilen hier die an uns gerichteten neuesten Briefe aus Wien mit. Betrachtungen über diese Ereignisse bieten wir in den nächsten Blättern (Wien am 27. Mai 1848. Auf der Wache bei der Favoriten Linie.) Kaum ist eine große Bewegung vorüber, so folgt schon eine zweite nach und das Ende ist nicht erseh=, der Ausgang unberechenbar. Gebe Gott, daß dieser große Rummel der letzte sei. Leider war an diesem wieder die Regierung Schuld und wir alle müssen diesen Miß= griff büßen. Ein Mauer=Anschlag von gestern unterzeichnet von Grafen Montecouculi, die Auflösung der akademischen Le= gion betreffende, bewirkte, daß Bürger= und Nationalgarde sich sogleich mit der akademischen Legion vereinigte. Ich muß jedoch vorausschicken, daß die Garden erst ausrückten, weil alles Militär bereits die Stadtthore besetzt hielt und auf der Gla= cis mit Kanonen, Kavallerie ec. aufgestellt war. Bald darauf wurden die Stadtthore gesperrt das Rothen=Thurm Thor aber augenblicklich vom Volk ge= sprengt. Zugleich als dies vorging, wurden mittelst Ki= sten, Fässer und Wägen und aufgerissenen Pflastersteinen ungeheure Barrikaden errichtet; meine Kompagnie rückte um 2 Uhr Nachmittags in die Burg und mein Posten war zwischen Dehne und dem Burgtheater um die Passage in die Burg zu verhindern. Von diesen Posten aus hatten wir durch 4 Stunden die Aussicht auf eine große Barri= kade beim Eingang am Kohlmarkt. Während unserer Wache wurde das Militär, das hinter uns stand, immerfort zum Abziehen aufgefordert, gleichzeitig wurde vor unseren Füs= sen eine Barrikade gestützt an Dehne und das große jetzt eingeschlagene Fenster vom Burgtheater mittelst lange Lä= den, aufgerissenen Pflastersteine errichtet. Die Architekten dabei waren geschickte Leute, die Verfertiger sind die in Masse in die Stadt gezogenen, mit Krampen und Schaufeln bewaffneten von den Studenten angeführten öf= entlichen Arbeiter (jene Erdarbeiter, welche zu öffentlichen Arbeiten verwendet werden). Bei den Barrikaden gegen den Stefansplatz verwendete man die Möbel des Erzbischofs. Genug, die Stadt ist so verbarrikadirt, daß das Militär nichts zu wirken im Stande ist. Um 10 Uhr Nachts bezogen die Nationalgarden die Burgwachen, nur die Hauptwache blieb noch vom Militär besetzt. Heute stehen bei allen Stadtthoren Nationalgarden. Das Sturmläuten um 1 Uhr in der Nacht angefan= gen in der Leopoldstadt, dann fortgesetzt in der Stadt und auf allen Gründen, war wirklich furchtbar. Die Ursache konnte ich auch heute nicht recht erfahren, bekannt war nur, daß 2 Regimenter erwartet wurden. Heute erfuhr ich hierüber, daß die Studenten von Preßburg gestern Nachts angelangt wären und daß man, da man nicht wußte was es sey, Sturm zu läuten anfing. Der Oberkommandant der Nationalgarde Gr. Hoyos wurde gestern Nachmittags um 5 Uhr als Geissel unter Bedeckung auf die Universität fortgeführt wo er ver= wahrt wird. Sie wollen noch mehrere Geißeln. Gegen Abend kamen gedruckte Zetteln in die Burg mit der Aufschrift, „Was wir wünschen“ darunter 1) Fortbestehen der akademischen Legion. 2) Gewährleistung der Errungenschaften vom 15. März. 3) Gänzliches Abziehen des Militärs bis auf jenes, welches zum Aufführen der Wachtposten nöthig. 4) Gleichstellung aller Nationalitäten. Gleichstellung aller Nationalitäten. 5) Inniger Anschluß an Deutschland. 6) Aufhebung der Klöster. 7) Die Rückkehr des Kaisers oder die Ernennung eines Stellvertreters. Noch fehlen 3 Wünsche, welche ich mir jedoch nicht gemerkt, weil ichs nur vorlesen hörte. Ein Punkt handelt von den Geißeln. Seit ich hier als Unteroffizier auf der Wache bin, sind sehr viele Reisende zur Südbahn und aus der Stadt kehrten so eben 279 Arbeiter der Gloggnitzer Eisenbahn= Maschinfabrik mit eisernen Stangen bewaffnet zu ihrer Ar= beit zurück. Wien am 28. Mai 1848 Heute verändert sich wieder die Gestalt von Wien, die Stadt wird freundlicher weil schon viele Barricaden ab= getragen und bei jenen, welche noch stehen bleiben, an den Seiten enge Passagen gemacht werden. Auch beim Burgthor ist ein Thor geöffnet und daher die Passage durch die Burg frei. — Der National=Gardedienst ist sehr be=

schwerlich, da alle Thorwachen ausschliessend von derselben die Burg gemeinschaftlich mit dem Militär und nur das Kriegsgebäude als militärisches Institut nur von Solda= ten besetzt wird. Alles was sonst unsre Stadt betrifft, steht ohnedieß in der Zeitung, nur die Abtragung der Barrikaden stand nicht darin, daher ich dieß dir heute berichte. Sogar Fiaker stehen heute auf dem Stefans Platze, ein Beweis daß man schon ziemlich passiren kann. Wien am 29. Mai 1848. Die Barrikaden stehen nur noch bei der Universität. Obristlieutenant Pannasch, dramatischer Dichter hat einst= weilen das Oberkommando über die National=Garde. Graf Hoyos ist von der Universität entlassen, von der National= Garde in seinem Hause stark bewacht. Er, so wie Gr. Bräuner, Montecouculi und Dittrichstein die Professoren Hye und Endlicher werden der unglückseli= gen Regierungs=Maßregel vom 26. d. beschuldigt, und werden vor ein Volksgericht gestellt. Zur Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung und als Garantie ihrer eigenen Sicherheit fordert das neu zu= sammengetretene Comité der Bürger und National=Garde auf Anrathen Pannaschs ausser den bereits in Besitz ha= benden 6 Kanonen im bürgerl. Zeughaus noch 30, wel= che das Ministerium zu verabfolgen ohne Einwilligung des Kaisers ausser Stand zu sein sich erklärt, doch soll von demselben bereits der Bericht dieserhalb an den Kaiser ab= gegangen sein. Hier geht allgemein die Rede, der Kaiser wäre nicht mehr in Innsbruck, nach einigen befinde er sich in Wels nach andern in Botzen. In Innsbruck soll ihn eine dem Grafen Bombelles dargebrachte Katzenmusik vertrieben haben. Ausser auf den Wachen sieht man gar keinen Soldaten auf den Gassen, und die Kaßernen sind bis auf ein kleines Thor gänzlich geschlossen. Die Arbeiter kehrten heute wieder ruhig zu den öffentlichen Arbeiten zurück. Außer den Preß= burger Studenten sind auch noch die Ollmützer und Brün= ner hier angelangt. In Brünn sollte ebenso die Aufhebung der akademischen Legion so wie hier am 26. Statt haben. Die Sontagsblätter berichten: Briefe aus Ober= österreich liegen uns vor, welche die staatsverbrecherischen Wühlereien des Baron Hohenbruck erst in ihrer ganzen Ab= scheulichkeit zeigen. Wäre der elende Verräther nicht längst schon gerichtet, wir würden auf's Ernsteste dazu auffor= dern; da er aber sein frevelhaftes Spiel an der eisenfesten Gesinnungstüchtigkeit des Volkes so glänzend verloren hat, so wollen wir ihm nichts mehr nachtragen; denn wir haben es nie mit der Person, sondern stets nur mit der Sache zu thun. Einen Brief aus Kremsmünster wol= len wir aus freundschaftlicher Rücksicht für den Einsender ignoriren.*) Wenn er indeß die An= sicht der Wienerpresse, daß die Abreise des Kaisers eine Entführung war, mit sehr vernachlässigter Wahl des Aus= druckes abfindet, so müssen wir doch darauf antworten, und jedenfalls bemerken, daß wir in Wien, über das, was unter uns vorgeht, ein für allemal kompetenter sind, als Kremsmünster, und daß wir von dorther keine Correktionen Braver Einsender! annehmen, am wenigsten in so cruder Weise. Wenn das Landvolk gegen die Studenten aufgebracht ist, so können wir diese Verirrung, und diesen Undank gegen die Begrün= der der Freiheit, welche allen Ständen zu gute kommt, nur innig bedauern; und wir wünschen sehr, daß irgend eine populäre Schrift, wie die Castellis in der Märzwoche in genügender Anzahl über das ganze Land verbreitet und die wahre und richtige Auffassung der Studenten=Tenden= zen darin in treuer, faßlicher Sprache dem verführten Vol= ke insinuirt werde. In einem Briefe aus Innsbruk vom 23. Mai, der in der Wiener=Zeitung abgedruckt steht, wird der Wunsch ausgesprochen „der Kaiser möge noch lange in Innsbruk bleiben.“ Als gastfreundliches Compliment wollen wir das hingehen lassen, soll es aber eine patrioti= sche Aeußerung sein, so danken wir höflich für solchen Pa= triotismus. Erwiederung. Hr. S. R. hat sich die Unkosten gemacht einen offe= nen Brief an die Redaktion dieser Blätter über den Um= stand drucken zu lassen, daß in Nr. 11 dieser Blätter ein Stückchen seines Aufsatzes ausgeblieben ist. Er spricht aus diesen Anlaß von einer Anwendung des Sedlnitzkyschen Systems die Gedanken zuzuschneiden und findet es befremd= lich, daß kurz vor der Wahl zum deutschen Par= lamente dieses Stückchen die Veröffentlichung vor den Augen der Redaktion nicht verdiente. Um allfälligen und vielleicht beabsichtigten Verdächtigungen meiner, dem hochge= borenen H. Verfasser etwa nicht sehr wohlgefälligen Person mit Einmal im Vorhinein zu entkräften, diene die Anfüh= rung des leicht zu beweisenden Umstandes, das Nr. 11 der "Zwanglosen Blätter“ während meiner Abwesenheit in Wien redigirt und gedruckt wurde und weder mein Hr. Mitredakteur, noch der Buchdrucker Hr. Haas von mir die Weisung hatte, auch nur eine Zeile des erwähnten Aufsatzes auszulassen. Beide Herrn werden nicht anstehen dieses öffentlich zu bestätigen und zu erklären, aus welchem Grunde obiges Stückchen ausgeblieben ist. Uebrigens be= daure ich herzlich, wenn dieser Umstand etwa die Wahl des Hr. S. R. zum Deputirten nach Frankfurt verhindert hatte, und falls er als Reichstand nach Wien gewählt zu werden wünschte, gebe ich ihm mit Vergnügen das Zeugniß, daß er zwar bei Verlesung der Konstitutionsbewilligung auf dem Stadtplatze zu Steyr sehr laut jubelte, seither aber als ein sehr ruhiger Staatsbürger sich bewiesen hat. Al. J. Schindler, Redakteur der Zwanglosen Blätter. Ich bestätige in Aufforderung unseres verantwortli= chen Redakteurs, daß er mir vor seiner Abreise bei Ueber= gabe der Redaktion der „Zwanglosen Blätter„ durchaus nicht die Weisung gab, auch nur Eine Zeile aus den mit S. R. unterzeichneten „Betrachtungen und Wünsche“ auszulassen; aber ich muß auch erklären, daß die Drucklegung der Fortsetzung jenes in N. 2 erschiene= nen Aufsatzes von einer Zeit zur Andern verschoben wurde, weil derselbe, vielleicht ungerechter Weise, bei unse= rem Lesepublikum nicht den wünschenswerthen Anklang fand, welches doch ein junges Tageblatt zu berücksichtigen hat. Daß ich aber den Schluß des einmal begonnenen in Et= was abkürzte, dürfte um so leichter zu entschuldigen sein, da die in der gestrichenen Stelle gemachten Vorschläge durch inzwischen erlassene Gesetze bereits realisirt worden waren. F. W. Arming, Mitredakteur der „zwanglosen Blätter." Dasselbe bestätigt auch Johann Haas. Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur F. W. Arming. Druck und Vertag von Sandböck und Haas in Steyr.

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