Steyrer Wochenblatt, Juni 1945, Blatt 2

Steyrer Wochenblatt Seite 3 ren. Der Bürgermeister berichtete über die Polizeifrage und einiger dringender Angelegenheiten der Verwal¬ tung. Dr. Enzelmüller gab den Stand der Arbeiten in den einzelnen Abteilungen der Verwaltungen und Gemeindeeinrichtungen bekannt. Über die Ernährungs¬ lage gab Stadtrat Mayrhofer einen umfassenden Bericht, leider konnte er für die uns so wichtige Magenfrage nur wenig Erfreuliches berichten. Wir haben nur mehr für wenige Wochen nennenswerte Vorräte und wenn uns der Anschluß an die benach¬ barten Gemeinden in Niederösterreich in wirtschaft¬ licher Hinsicht nicht in kürzester Frist gelingt, wird die Ernährungslage kritisch. Die Versammelten Mit¬ arbeiter gelobten, alles daranzusetzen, um die Lage zu meistern. Das Krankenhaus und Wöchnerinnenheim in Münichholz! Die Frage der Unterbringung unserer Kranken ist gelöst. Am 16. Mai d. J. wurde im leerstehenden Mädchenheim des Bischofswaldesin Münichholz, unter tatkräftigster Mitarbeit des derzeitigen Verwalters Herrn Franz Hilber ein Kranken= und Wöch¬ nerinnenheim eingerichtet. Die Behandlung der Kranken obliegt bekannten Fachärzten. Dem leitenden Arzt Herrn Dr. Junk, unterstellte sich ein Frauenfacharzt Herr Dr. Sigmond, der auch die Behandlung von Geschlechtskrankheiten durchführt, ferner Herr Dr. Hauber für Zahnbehandlung. Das Personal besteht aus geschulten Kräften, die freundlich und unermüdlich ihre volle Pflicht erfüllen. Der Ober¬ chwester Reitmayer mit fünf Schwestern obliegt die Betreuung der Kranken und Wöchnerinnen. Die täg¬ lichen Ambulanzbehandlungen betragen durchschnittlich 80 bis 100 Personen und werden Vormittag von 8 bis 9 Uhr, Nachmittag von 16 bis 17 Uhr, durchgeführt. Die Besuchszeit für Kranke: Vormittag von 10 bis 12 Uhr, Nachmittag von 15 bis 16 Uhr. Besuchszeit für Wöchnerinnen ist ausnahmslos nur von 14 bis 16 Uhr. Lieber Theaterfreund! Nach fast zehn Monaten unfreiwilliger Pause, kann ich Dir die Mitteilung machen, daß das neue Steyrer Theater, rechts der Enns, seinen Vorhang öffnet. Wenn auch im Moment Overette, Schau¬ und Lustspiel in einem neuen Heim zur Aufführung gelangen, hoffen wir, daß Du uns oft und gerne besuchen wirst. Wir werden wie früher versuchen, Dir die Sorgen, Mühen und Argernisse des Alltags ver¬ gessen zu machen. Sei versichert, mehr denn je, werden wir jetzt, wo wir wieder unseren schönen Beruf aus¬ üben dürfen, unseren Ehrgeiz daran setzen, Dich lieber Freund zufriedenzustellen. Wir haben nur eine Bitte an Dich, bleib Deinem Theater auch in seinem neuen Heim, das was Du immer warst unser liebes treues Publikum. — Genaues über Beginn, Programm und Mitwirkende, sowie Vorverkauf, erfährst Du in den nächsten Tagen. Auf recht baldiges Wiedersehen im Theater der neu eingerichteten Turnhalle, Jägergasse. Bis dahin grüßen Dich herzlichst alle Künstlerinnen und Künstler! NS. Sage auch Deinen Kindern, daß wir auch für sie schöne Sachen in Vorbereitung haben. Bahnhof=Café Petzwinkler! Leise klingen einschmeichelnde Tanzweisen von irgendwo auf. Wir bleiben stehen und sehen uns einander an. Du, das Tanzcafé ist wieder eröffnet¬ was ist dort los? Im Tangoschritt bewegen sich die Paare. Unsere Steyrer sitzen an den Tischen zusam¬ men mit Rotarmisten, trinken Kaffee oder Limonade und versuchen mit ihren kärglichen Sprachkenntnissen, durch Gesten und Deuten, ein herzlicheres Einver¬ nehmen herzustellen. Wir freuen uns, daß es der Initiative des Besitzers Herrn Petzwinkler ge¬ lungen ist, seinen Betrieb wieder zu eröffnen, der beitragen soll, unserem tanzfreudigen Publikum, rechts der Enns, ihr Vergnügen zu schenken. 5 Kirchliches. Auf Rücksprache mit dem Stadtkommandanten der Roten Armee und dem Herrn Bürgermeister, stellte der Gemeinderat Steyr, (rechts der Enns) den katholischen Seelsorger Josef Meindl, für die Be¬ treuung der katholischen Gemeinde, einen geeigneten Raum in der neuen Schule Münichholz, zur Abhal¬ tung des Sonntagsgottesdienstes, zur Verfügung. Der Gottesdienst wird nun wieder regelmäßig eingeführt. Der Seelsorger von Münichholz ist gegenwärtig der einzige katholische Priester innerhalb des Stadtge¬ bietes Steyr, (rechts der Enns). Er wohnt in Münnich¬ holz, Sternstraße 58, wo sich auch die ständige Haus¬ kapelle mit dem Allerheiligsten befindet und der tägliche Gottesdienst 7 Uhr morgens abgehalten wird. Taufen, Trauungen können dort angemeldet werden. Die wegen der Brückensperre aufgeworfene Friedhofsfrage für unser Stadtgebiet soll demnächst von der welt¬ lichen Verwaltungsbehörde gelöst werden. Im Zuge einer Wiedergutmachungsaktion, wurde in Linz das Priesterseminar mit sofortiger Wirksamkeit wieder zugeführt. Das Gemeindeamt Steyr, rechts der Enns. Die Wirtschaftsstelle weist auf eine Bekanntma¬ chung hin, betreffs der Neuaufnahme von Hauslisten. Eine neue Molkerei in Steyr im Entstehen! Durch die Tatsache, daß wir in Steyr, rechts der Enns, keine Molkerei besitzen, wurde die Frage der Fettversorgung eine dringende. Die neuen verant¬ wortlichen Männer machten sich sofort mit freiwilligen Arbeitskräften an die Lösung dieser Frage. Ein altes bombenbeschädigtes Gebäude (ehemaliges Bierlager in der Pachergasse) wurde in Ermanglung eines besseren, für diese Zwecke ausersehen. Es fehlte alles, selbst die primitivsten Behelfe. Kein Werkzeug, keine Ein¬ richtungsgegenstände, auch keine Transportmittel. Trotz dieser Schwierigkeiten gelang es dank der ideellen Voraussetzungen, den Betrieb in kürzester Frist der Vollendung nahe zu bringen, so daß dem Verlangen unserer Hausfrauen und vor allem unserer Kinder in Bälde Rechnung getragen wird. Wiederum ist es der Arbeiter, welcher, so wie immer, die Fundamente zu allen Lebensbedingungen legt. Das Bürgertum ist wohl auch Nutznießer dieser Einrichtungen, hat aber bis jetzt, leider noch nichts dazu beigetragen, um wirtschaftliche oder soziale Grundlagen für den Wieder¬ aufbau zu schaffen. Wer lacht da nicht? In Steyr, links der Enns, werden die tollsten Sachen vom Lande Oesterreich, rechts der Enns er¬ zählt. Nazis und andere Dummköpfe, setzen die blödesten Gerüchte in die Welt, die sie natürlich aus erster Quelle erfahren haben wollen. Nun wir geben unseren Lesern einige Kostproben, sie mögen selbst

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