Steyrer Wochenblatt, Juni 1945, Blatt 1

10 Rpf. „Steyrer Wochenb Organ der antifaschistischen Bevölkerung von Steyr und Umgebung, rechts der Enns Blatt 1 Juni 1945 wo stehen wir? Noch liegt auf uns der Alpdruck der siebenjährigen Nazi=Herrschaft, die über unser österreichi¬ sches Volk soviel Unglück, Not und Tränen gebracht hat, jener Nazi=Herrschaft, die mit Hilfe un¬ serer Landesverräter, vom Schläge eines Seyß=Ingwart, Eigruber, Jury und anderer, die größten Opfer an Gut und Leben von unserem Dolke gefordert hat. Die Herrschaft jenes grausamsten und barbarischesten Regimes, das die Geschichte je gesehen hat, ist gebrochen. Die deutsche Kriegsmaschinerie, welche die europäischen Dölker in die Versklavung getrieben, die den Versuch gewagt hatte, die in der Sowjet=Union vereinten Dölker und darüber hinaus die ganze welt mit der Vernichtung zu bedrohen, diese deutsche Kriegsmaschinerie ist von der Roten Armee und ihren Verbündeten zerbrochen worden. Die Rote Armee hat die Hauptlast getragen und die schwersten Opfer für die Befreiung der europäischen Dölker vom Hitlerjoch gebracht. Der Sowjet=Union gilt in erster Linie unser Dank, wenn wir wieder als Oesterreicher fühlen und denken dürfen. Wenn wir wieder frei von Furcht und ängst vor Gestapo und Nazi¬ spitzeln unsere Meinung äußern dürfen. Die Verantwortlichen dieser unmenschlichen Tragödie gehören vor das Volksgericht. Das Volk wird ein hartes aber gerechtes Urteil fällen. Der Kampf aber gegen die nazistische Ideologie geht weiter. Diese Ideologie hat die Herzen der Menschen vergiftet, hat sie zu willenlosen Sklaven und Anbetern dieser Kriegsbrandstifter und Dölkerverhetzer gemacht. Noch in den letzten Tagen des Zusammenbruchs träufelte man den Nazimitgliedern — als letzte Oelung — ein, daß die Freundschaft zwischen den westlichen Demokratien nur von kurzer Dauer sei und dann die Chance des Nazismus wieder komme. Aber das mögen sich diese seelisch und menschlich Verirrten gesagt sein lassen: Die demokratischen Nächte und die Sowjet=Union sind fest entschlossen, das Bündnis, welches zur Vernichtung des Faschismus geführt hat, nicht nur zu erhalten, sondern noch fester zu knüpfen, um für alle Zukunft schon die Gefahr eines neuen Weltbrandes im Keime zu ersticken. So wie das Bündnis der demokratischen Mächte mit der Sowjet=Union auf weltpolitischer Basis den Kampf gegen Krieg und Faschismus, für Menschlichkeit, Freiheit und Fortschritt kämpft, so wird und muß auch in unserem eigenen Dolk der enge Bund zwischen Kommunisten, Sozialisten und Volkspartei den Kampf, welchen sie schon unter dem Terror=Regime der Nazis führten, auf geistiger und materieller Basis weiter geführt werden. Der gemeinsame Kampf aller Antifaschisten gegen den Nazi=Faschismus hat von uns allen unerhörte Opfer gefordert. Diese Opfer verpflichten uns auch weiterhin in antifaschistischer Einigkeit den Kampf bis zur völligen Aus¬ rottung des Nazismus aus dem geistigen und kulturellen, dem politischen und wirtschaftlichen Leben unseres Dolkes zu führen. Leset und verbreitet unsere Zeitung!

Steyrer Wochenblatt Männer und Frauen an die Arbeit! Das Staatsamt für soziale Verwaltung richtet folgenden Aufruf an die Bevölkerung: Die provisorische Staatsregierung und die Parteien des neuen Oesterreich haben bereits zu wiederholten Malen die Männer und Frauen zur Mitarbeit der Wiederaufrichtung unseres freien Gemein¬ wesens und zum Wiederaufbau unserer Wirtschaft aufgerufen. Diele sind diesem Rufe schon in den ersten Tagen willig nachgekommen und haben oft unter den schwierigsten Bedingungen die Arbeit auf ihrem alten Arbeitsplatze wieder ausgenommen. Allen Schwierigkeiten zum Trotz wurden schon auf manchen Gebieten, so vor allem bei der Gas¬ Wasser= und Brotversorgung, bei den Straßenbahnen usw., sehr an¬ ehnliche Leistungen vollbracht. Wenn in der Zwischenzeit nicht noch mehr zum Wiederaufbau geschehen ist, so ist dies vor allem darauf zurückzuführen, daß ein Großteil der arbeitenden Bevölkerung durch die Kriegseinwirkung chwer mitgenommen wurde und infolge seiner persönlichen und fami¬ liären Verhältnisse (Wiederinstandsetzung der beschädigten Wohnung Uebersiedlung und Ordnung des Haushaltes sowie ähnliche Umstände) vorerst noch an der Wiederaufnahme seiner Berufstätigkeit gehindert war. Es möge aber jeder bedenken, daß der begonnene Wieder¬ aufbau ganz wesentlich von der Mitarbeit jedes Einzelnen ab¬ hängig ist und daß sich auch die Lebensbedingungen jedes einzelnen Staatsbürgers um so rascher bessern, je schneller der Wiederaufbau des gesamten Wirtschaftslebens vor sich geht Es ist begreiflich, daß es bei dem derzeitigen Notstand unseres neuen Staates nicht jedem einzelnen überlassen bleiben darf, ob und auf welchem Arbeitsplatz er seine Arbeitskraft zur Versügung stellt. Es muß vielmehr von staatlicher Seite her dafür gesorgt werden, daß jeder, dem die Verrichtung von gecegelter Aebeit zumutbar ist, dort eingesetzt wird, wo er unter Berücksichtigung seiner Ver¬ wendbarkeit heute am wichtigsten benötigt wird. Dies festzu¬ stellen, ist Aufgabe der staatlichen Arbeitsämter, die ihre Tätigkeit bereits ausgenommen haben. Bei diesen werden einerseits alle offenen Arbeitsplätze von den Arbeitgebern angemeldet, anderseits haben sich dort alle arbeitsfähigen Arbeitnehmer, so¬ weit sie noch nicht tatsächlich im Arbeitsverhältnis stehen, zu melden. Die abgetretene Naziherrschaft hat uns ein aus tausenden Wun¬ den blutendes Land, eine zertrümmerte Stadt, eine vollständig dar¬ niederliegende Wirtschaft hinterlassen, die nun wir, wir ganz allein aufrichten und in Gang bringen müssen, Daher haben alle, restlos alle arbeitsfähigen Männer und Frauen, unbeschadet ihrer Dorbildung oder ihres erlernten Berufes, mit Hand anzulegen wer jetzt nicht mithilft, kennzeichnet sich als Mensch, der weder mit Oesterreich fühlt, noch denkt, noch Oesterreich helfen will, und scheidet damit selbst aus der Gemeinschaft der Gesitteten aus und wird in Zukunft nach dem Grundsatz: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“, behandelt werden müssen. Fest überzeugt, daß die Jahl derer, die nur unter Zwang sich dem Wiederaufbau wicmen wollen, gering ist, fordern wir die groß Masse der Arbeitsfreudigen auf, sich bei den Arbeitsnachweisstellen zu melden und mit Freude, Eifer, Ausdauer und Energie die harte Arbeit im Interesse unseres neuen Oesterreich zu beginnen. waren.Die Transporte gehen weiter. Das Hunger gespenst für Wien ist gebannt. Verzicht der höheren Geistlichkeit. Das erzbischöfliche Ordinariat Wien übermittelt uns folgende Erklärung Sr. Eminenz des Herrn Kardinals Dr. Theodor Innitzer: „In der großen Lebensmittelaktion des Marschall Stalin wurde die höhere Geistlichkeit in die Gruppe der am besten be¬ dachten Schwerarbeiter eingereiht. Wir sind aufrich¬ tig dankbar für die darin enthaltene Bekundung der Seite 2 Das Hungergespenst für Wien gebannt! Lebensmittelaktion für Steyr in Vorbereitung. Die großzügige Lebensmittel¬ aktion Marschall Stalins bildet für Wien noch immer das Tagesge spräch. Unglaublich erschien es Vielen, daß angesichts der ungeheuren Ar¬ beit, die von zuständigen Stellen zu bewältigen war, eine Woche nach der Botschaft den Worten die Tat folgen sollte. Und doch wurde dies ermöglicht. Zunächst hat der Stadt¬ kommandant Gen.=Leutn. Blago¬ datow, auf dem Gebiet der Frie¬ denspolitik einen Erfolg erzielt, der ohne Übertreibung den militärischen Erfolgen der Roten Armee als eben¬ bürtig an die Seite gestellt werden kann. Durch die Maßnahmen zur gerechten und raschen Verteilung der Lebensmittel hat der Stadtkomman¬ dant mit Schnelligkeit und Energie dazu beigetragen, den Entschluß Marschall Stalins in die praktische Tat umzusetzen und das von Hungers¬ not bedrohte Wien vor einer Ka¬ Binnen tastrophe zu bewahren. 48 Stunden wurden Riesenmengen an Lebensmittel über alle Wiener Bezirke verteilt, die uns auf Stalins zur Verfügung Wunsch gestellt wurden. Hundert große russische Miltärautos und Transportwager kamen in Kolonnen und fuhren bis dicht an das Donauufer heran. Am Kai lagen zwei unförmige Donau schlepper. Aus dem Bauche hober mächtige Krane Tonne um Tonne Es wurden 120 Tonnen ausgeladen, man hofft es auf 150 Tonnen zu steigern Heute leben in Wien unge¬ 1,500.000 Menschen. fähr Ein Bild von der Lebens mittelmenge, die Rußland der Wiener Bevölkerung für die ärgste Zeit zur Verfügung stellt, bekommt man, wenn man zum Rechenstift greift. Nehmen wir nur eine durchschnittliche Brot menge von 300 Gramm pro Tag und Person an so sind täglich 450.000 Kilogramm Brot notwendig das entspricht einem Güterzug mit ungefähr 50 Last¬ wagen. Die Tagesration an Grütze beträgt für Wien etwa 60.000 Kilogramm. Dazu werden noch durch¬ schnittlich 45.000 Kilogramm Fleisch, 30.000 Kilo¬ gramm Zucker 15.000 Kilogramm Fett benötigt, um nur die wichtigsten Lebensmittel zu erwähnen Die Versorgung einer Millionenstadt mit Lebens¬ mitteln innerhalb weniger Tage ist eine gewaltige Leistung, die man erst richtig würdigen kann, wenn man bedenkt, welche Schwierigkeiten zu überwinden

Steyret ernsten Wertung der geistlichen seelsorgerlichen Arbeit Daß unsere Priester auch der Hilfe bedürfen, ist offen kund. Bei der schweren Lage aber, in der sich die Gesamtbevölkerung befindet, wollen wir keine Bevor¬ ugung genießen. Ich habe darum veranlaßt, daß alle für die Zuweisung in Betracht kommenden Geistlichen sich mit der Zuteilung für Arbeiter begnügen.“ Die Hilfsaktion für Steyr. Ein Vertreter des Gemeindeamtes hatte an Montag eine Unterredung mit dem sowjet=russischer Stadtkommandanten von Steyr. Er hörte sich die Ausführungen unseres Vertreters aufmerksam an, der ihm die Ernährungslage des Gebietes Steyr schilderte Leutnant Ignatow, der die Unterredung in Ver¬ tretung des Stadtkommandanten führte, stellte uns einfach die Frage: „Welche Lebensmittel sind zur Versorgung der Bevölkerung vorhanden?“ Unser Vertreter erklärte ihm, daß die Lebensmittellage ernst ist und die vorhandenen Vorräte noch für einen Mo¬ nat, bei einigen bis zwei Monate ausreichen werden Leutnant Ignatow versicherte uns, daß diese Lebens mittel unbedingt für die Bevölkerung sichergestell werden, und bei eventuellen Plünderungsversuchen ofort die Kommandantur zu verständigen ist, die dann unmittelbar eingreifen wird. Bei einer neuerlichen Unterredung versicherte uns der Stadtkommandant, daß in den nächsten Ta gen auch für Steyr mit der Hilfsaktion begonnen wird Verwalten oder wirtschaften? Bald wird der organisatorische Aufbau unserer Wirtschaft vollendet sein. Wir werden wieder funk¬ tionierende Innungen, Verbände mit Ortsgruppen haben, wir werden wieder Kammern haben, die Gewerbebehörden werden wieder Entscheidungen fällen, die Ministerien werden wieder mit all ihren Sektionen ausgestattet sein, jeder Gewerbetreibende und Kaufmann wird wieder seine Steuer bezahlen können, weil auch diese Aemter wieder ihre Arbeit aufnehmen werden Die Geschäfte sind aber zum größten Teil geschlossen. Die Lebensmittelgeschäfte sind leer, die Handwerker können nicht arbeiten, weil in aller Geschäften irgend etwas zur Wiederaufnahme des Betriebes fehlt. Die Verkehrsmittel, die ein Produkt zum Verbraucher bringen sollen, fehlen. wo der Mit einem Wort: Ueberall dort, Erzeuger, wo der Verbraucher ist, wo Wirtschaf —eine gähnende Leere. ist Wenn es schon in den Jahren 1918 bis 1938 ein Fehler war, zu glauben, daß der bürokratische Apparat die Wirtschaft befruchten könne, so ist es in der Gegenwart ein Wahnsinn, zu glauben, daß durch diesen Apparat die Wirtschaft in Gang ge¬ bracht und das Leben der Bevölkerung gesichert werden könne Wir brauchen Nahrung, wir brauchen Kleidung, wir brauchen Schuhe, wir brauchen Reparaturen am Türschloß, am Wasserhahn, wir müssen elektrische Leitungen flicken lassen, das heißt, wir brauchen den Aufbau der untersten Elemente der Wirtschaft. Vielleicht hat der konzessionierte Elektriker in olge seiner Haft seine Konzession verloren, vielleicht konnte er das Gesuch nicht schreiben, nicht befür Seite 3 Wochenblatt worten lassen, vielleicht ist es von der Einlaufstelle noch nicht zum Referenten gelangt, noch nicht er¬ ledigt, vielleicht die Erledigung noch nicht zugestellt Aber er wird und muß die zerrissene Leitung flicken und helfen, wo er kann, auch ohne konzessionierte Urkunde. Wir brauchen Die Initiative jedes Einzelnen. Jeder Handwerker, jeder Geschäftsmann muß sich in die Wirtschaft einschalten und beginnen, mit deu ihm Verfügung stehenden Mitteln das Wirtschafts¬ zur leber wieder in Gang zu bringen. Auf jeden einzelnen kommt es an. Wir brauchen Die Masseninitiative. Geschäftsleute der gleichen Branche, Handwerker der gleichen oder ähnlichen Art, Bewohner eines bestimmten Gebietes müssen sich zusammenschließen, um einen Betrieb, eine Werkstatt, ein Verkehrsmittel in Gang zu brin¬ was für den einzelnen unmöglich wäre gen, Wir brauchen: Die Kontrolle durch die gesamte Be¬ völkerung. Ueberall müssen sich die Massen mit Vorschlägen und Kritik einschalten, um die Durch¬ führung der Maßnahmen zu überwachen, die zur Aufrichtung der Wirtschaft notwendig sind. Man muß sich auf den Boden der Tat¬ sachen stellen, und wenn diese Tatsachen auch noch so hart und unbequem sind. In vielen Dingen müssen wir zum einfachsten, zum elementarsten zu¬ rückkehren. Wenn man dringend Benzin benötigt, nützt keine Rechnung, man benötige so und so viel Benzin, um dies oder jenes durchzuführen: man muß eben andere Mittel finden und sei es der Eimer, sei es der Handkarren. Der Handwerker, der Gewerbetreibende, der kleine Geschäftsmann kann unter solchen Umständen meistens mehr vollbringen als große Plänemacher und ein. bürokratischer Apparat. Nicht das Verwalten ist heute die Hauptsache denn Trümmer kann man nicht verwalten. Die Hauptsache ist die Weckung und die Förderung der Einzel= und Masseninitiative. Wir müssen Wien wir müssen Oesterreich aufbauen. Man kann nur von unten nach oben bauen. Bei jedem Bau wird zuerst das Fundament gelegt, dann der Bau in die Höhe geführt und am Schluß das entsprechende Dach daraufgesetzt. Ein „Mauthäusener“ berichtet: Erschütternde Mitteilungen über das Todeslager. In einer Versammlung der Sozialistischen Partei Döblings (Wien, der auch zahlreiche Gäste der Kommunistischen Partei und der Österreichischen Volkspartei beiwohnten, hielt Dr. Alfred Migsch, der erst vor wenigen Tagen aus dem K2 Mauthauser heimgekehrt war, einen sehr instruktiven Vortrag Zum erstenmal wurden genaue Ziffern aus der Statistik dieses Mordlagers bekannt. Der Lagerstand vermehrte sich von 1939 bis 1945 von 3000 auf 80.000 Menschen. Das Lager aber starb jährlich drei¬ bis viermal zur Gänze aus. Insgesamt gingen 240.000 Menschen durch das Lager, von dener 150.000 verstarben. Die Hälfte der Verstorbenen

Seite 4 Steyrer Wochenblatt wurde überhaupt nicht registriert. Wir wissen nur ihre Anzahl, nicht aber ihre Namen. „Wiener Graben“ und Gaskammern. Er¬ Der Lagerkommandant Ziereis war der inder niederträchtigster Mordsysteme. Eine dieser Erfindungen war der sogenannte „Wiener Graben ein 80 Meter tiefer, steinbruchartiger Bodeneinschnitt, in dem die fürs „Umlegen“ Bestimmten hineinge¬ trieben wurden. Dort wurden ihnen unter Schläger mnit Knüppeln und Todschlägern Steine im Gewicht von 60 bis 80 Kilogramm aufgeladen, die sie über 180 steile Stufen ins Lager hinauftragen sollten Die allermeisten brachen auf dem Weg zusammen, wurden in den Draht gestoßen und erhielten den Gnadenschuß „Auf der Flucht erschossen ...“ Eine Art von Ermordung wurde in der Gas¬ kammer vollzogen. Die Gaskammer war ein kleiner Raum, der etwa 80 bis 100 Menschen aufnehmen konnte, wenn sie eng aneinandergepreßt standen. Ver wendet wurde das Giftgas Zyklon B, das Erstickungs¬ fälle herbeiführt. Die Leichname waren infolge des engen Raumes so ineinander verkrampft, daß es nicht möglich war, auch nur einen Körper unversehrt Aus den Landgemeinden! In allen Zeiten erklang der Ruf: Arbeiter und Bauern! Als eine Mahnung zur Einigkeit. In allen Zeiten haben Arbeiter und Bauern gemeinsam elitten und wurden gemeinsam unterdrückt. Haben sie auch gemeinsam gekämpft? Wenn sich die Bauern gegen ihre Peiniger erhoben, dann horchten die Kleinhandwerker und Arbeiter in den Städter auf, denn die Bauern kämpften auch für sie; und da und dort leisteten sie den Bauern Schützenhilfe, wenn die Arbeiter in den Städten für die Freiheit kämpften, dann kämpften sie auch für die Freihei er Landarbeiter und Bauern, und da und dort kämpften die Bauern mit ihnen. Aber nie kam eine vollständige Einigung zustande, oder sie wurde doch bald wieder zerrissen. Nur allzuoft marschierten Arbeiter und Bauern getrennt und wurden getrennt geschlagen. In Oesterreich erklingt jetzt, nach den bitterer Erfahrungen der letzten Jahre, recht laut die Mahnung zur Einigung. Zur Einigung aller, und nicht zuletzt der Arbeiter und Bauern. Dafür hat er die Bauern mit dem blödsinnigen Blu=Bo=Quatsch zu umnebeln ver¬ ucht und die Sklaven in den Rüstungsbetrieben zu „braven deutschen Arbeitern“ ernannt; es war aber ein Schimpf. Die „Nazi“=Propaganda hat uns gerne er¬ zählt, daß die meisten Bauern „Nazi“ sind. Und wei den „Nazi“ so vieles geglaubt wurde, hat ihnen das auch mancher brave deutsche Städter geglaubt. Es war eine freche Lüge. Gewiß: Viele Großgrundbe¬ itzer waren die ersten Nazi, sie sind geflohen und haben mitgeschleppt, was nur möglich war. Manche Bauern die ihre Wirtschaft vernachlässigt haben und deswegen in Schulden gerieten, haben sich lieber mit den illegalen Nazi herumgetrieben, statt ihre Acker aus der Tür hinauszutragen. Die Leichenträger mußten daher mit Beilen die einzelnen Leiber von¬ einander trennen. Die Befreiung Dr. Migsch childerte noch die entsetzlicher Zustände im Sanitätslager, wo infolge der Hungers¬ not sogar einzelne Fälle von Kanibalismus zu ver¬ eichnen waren. In den letzten Wochen starben in Mauthausen täglich bis zu 200 Menschen Der Kommandant Ziereis und die Arzte Dr. Volter und Richter begannen nun außerdem mit neuen Vergasungen, um die Zeugen ihrer Missetaten aus dem Wege zu räumen, so daß sich die Gesamtzahl der täglichen Todesfälle auf 600 steigerte. Noch an 28. April wurden über ausdrückliche Weisung des Gauleiters Eigruber eine Anzahl Politischer aus Oesterreich vergast. Darunter auch 40 politisch Häftlinge aus Linz Endlich entschlossen sich Häftlinge zum aktiven Widerstand. In einer für sich aussichtslos scheinenden Situation begannen sie um ihr Leben zu kämpfen Aber die Nazibestie wich zurück, verließ nach wenigen Tagen fluchtartig das Lager und am 6. Mai flatter¬ ten vom Lagerturm die Freiheitsfahnen aller Nationen Leider waren es nur 350 politische Gefangene, die als Ueberlebende von vielen Zehntausenden das Licht der Freiheit erblickten. zu bestellen, weil sie hofften, auf diese Weise ohne Arbeit ihre Schulden los zu werden, was ihnen auch vielfach gelang. Aber die meisten österreichischen Bauern waren voll Haß und Feindschaft gegen die deutschen Faschisten. Vom Anfang bis zum bitterer Ende Der Nazi=Krieg hat viele tausende österreichisch Arbeiter getötet und die Wohnungen und Arbeits¬ stätten zerstört. Der Luftkrieg hat zwar die meister Dörfer verschont, aber viele österreichische Bauern und Bauernsöhne kommen nicht wieder. Schließlich hat der Krieg infolge des „Durchhaltens“ der Nazi=Führen die ihr Leben noch ein paar Wochen lang genießer wollten, in vielen Gegenden junge Saat auch auf österreichischen Feldern zerstampft. Schon im Frieden waren Arbeiter und Bauern aufeinander angewiesen. Der Arbeiter kann nicht leben und arbeiten ohne das Brot, das der Bauer schafft, der Bauer kann nich bestehen ohne Geräte und Werkzeuge, ohne Kleider und Schuhe, die er aus Arbeiterhänden erhält. Die Arbeiter und die Bauern haben auch immer gewußt daß sie zueinander gehören. Aber immer haben die die ein Macht= und Provitinteresse daran hatten, eine künstliche Kluft zwischen Stadt und Land geschaffen Jetzt aber ist höchste Zeit und größte Notwendigkeit, daß diese Kluft, wenn sie überhaupt noch besteht, be eitigt wird, wie der Kriegsschutt auf Straßen und Feldern. Die Städter können ihre Häuser nicht auf¬ bauen und nicht leben und arbeiten, ohne die tat kräftige Hilfe der Landwirtschaft, die Bauern können die Felder nicht ernten und die Landwirtschaft nicht aufbauen, ohne die Unterstützung der Arbeiter. Aus der gemeinsamen Not und Sorge ist der alte Ruf: „Arbeiter und Bauern, seid einig!“ erstan¬ den. Dem Ruf muß die Tat, muß das gemeinsam Werk des Wiederaufbaues in Stadt und Land folgen. Riedmüller Nik. — Verantwortlicher Herausgeber; Redaktion und Verlag: Pachergasse 3. Druck: Emil Drietzel, Steyr.

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