Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 37, Juni 1986

Der Bezirk XI umfaßt die Ortsbestandteile Münichholz, H interberg und Hammer und wird beg renzt : im Norden und Osten von der Stadtgrenze, im Süden vom Ramingbach und im Westen vom Ennsfluß . . . « Damit wurde Münichholz erstmals offiziell nach 1 945 als Bezirk von Steyr bezeichnet. So kam es, daß Münichholz nach dem Bundesgesetz zu N iederösterreich, nach dem Landesgesetz aber zu Steyr und damit zu Oberösterreich gehörte. Natü rlich wiegt das Bundesgesetz mehr als das Landesgesetz, aber beide Gesetze sind g�ltig. Es gab drei Möglichkeiten dieses ju ridische Ku riosum zu beseitigen. Das eine, formalrechtlich ohne Schwierigkeiten zu lösen , wäre die Rückgliederung an N i ederösterreich gewesen, wozu das Landesgesetz, das Münichholz als einen Stadtteil von Steyr auswies, aufgehoben hätte werden müssen. Im Falle eines Verbleibens bei Steyr hätte man Beschlüsse der Landtage beider betroffener Länder benötigt. Die Änderung der Bundesverfassung in diesem Punkt war nur mit einer qualifizierten Mehrheit (Zweidrittel der Stimmen, d.h. die Zustimmung der beiden Großpa rteien im National rat und Bundesrat) möglich. Die d ritte Möglichkeit wäre ein tolerierendes Schweigen auf beiden Seiten gewesen. Dieser Zustand wä re aber besonders für die Stadt Steyr untragbar gewesen. Außerdem ist ein rechtlich nicht sanktionierter Zustand in einem Rechtsstaat undenkbar.9) Mit dem Abschluß des Staatsvertrages begannen Verhandlungen um die Zukunft von Münichholz. Es gab auch in N i ederösterreich Stimmen, die für eine Wiedereingliederung von Mün ichholz an Niederösterreich auftraten. Besonders der damalige Landeshauptmannstellvertreter und Finanzreferent Viktor Mü llner von Niederösterreich setzte sich für eine Ang l i ederung ein. 1 0 ) Der unklare Rechtszustand erfuhr im Jahre 1 958 noch eine Verschärfung. Am 20. Februar 1 958 befaßte sich der niederösterreichische Landtag mit einer Gesetzesvorlage, derzufolge das Gebiet von Münichholz in die niederösterreich ische Gemeinde Behamberg eingemeindet werden sollte. 1 1 ) Die niederösterreichischen Abgeordneten der beiden Großparteien SPÖ und ÖVP stimmten dem Antrag zu, womit ab 1 . Juni 1 958 Münichholz von Steyr abgetrennt worden wäre. Ein Sturm der Entrüstung brannte in Steyr und im gesamten Oberösterreich los. 12 ) Die offizielle Beg ründung der n iederösterreichischen Landesregierung lautete, daß das Landesgesetz vom 7. Juli 1 948 verfassungswidrig sei. Eine Änderung der verfassungsmäßigen Situation müßte durch übereinstimmende Gesetze der Länder N ieder- und Oberösterreich sowie des Bundes ausgesprochen werden. Da bisher eine solche Grenzänderung nicht erfolgt sei , gehöre Münichholz nicht zu Oberösterreich. 1 3) Was wären nun die vermeintl ichen Folgen einer Angliederung an Behamberg gewesen? Von der Struktur des Stadtteiles her wäre es fast unvorstellbar gewesen , Münichholz abzutrennen. Der Stadtteil ist von seiner Entstehung her nicht als selbständiger Gemeindekörper entstanden. Münichholz besaß im Jahre 1 958 außer drei Schulen, zwei Kindergärten und einem Kinderhort kein öffentliches Gebäude. Es fehlten Altersheime, Spitäler, Fürsorgeeinrichtungen. 89

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