Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 37, Juni 1986

5. Kriegsende und Besatzungszeit Im Jahre 1 944, besonders nach den zermü rbenden Bombenang riffen, dachten natürlich nu r mehr die eingefleischtesten Nationalsozialisten an eine Besserung der ernsten Lage. 1 ) Das tägliche Stol lengehen (besonders 1 945) schuf eine unerträgliche Situation. Auffal lend war die Zahl der Kinderbegräbnisse. Bedingt du rch die miserable Ernäh rungslage starben im Frühjahr 1 945 du rchschnittlich zehn Kleinkinder pro Woche. Im Februar 1 945 lebten in Münichholz wieder 6 . 1 39 Personen. Davon waren : 1 .024 Kleinkinder 71 8 Schulkinder 482 Jugendliche 2.224 Kinder und Jugendliche 3.340 Erwachsene, verheiratet 202 Witwen 29 Witwer 344 Ledige 6 . 1 39 Personen 2) Du rch eine Verfügung des Reichsstatthalters wu rden wegen der immer näher kommenden Front sämtliche Schulen geschlossen. Die Schüler des Gebu rtsjahrganges 1 931 (und älter) wurden einheitlich mit 3 1 . März 1 945 vorzeitig mit Abschlußzeugnis aus der Schule entlassen.3) I n den Schulen wu rden nun Flüchtlinge aus dem Reich einquartiert. Nach der Besetzung von Schlesien kamen 600 Schlesier in die Volksschule Münichholz. Im Kaufhaus Kraus und Schober und in den darüberliegenden Hotelzimmern wu rden ungarische Flüchtlinge untergebracht.4) Der letzte von der NSDAP verfaßte ,Stimmungsbericht und Haltungsbericht der Gefolgschaft' stellt am 23. April 1 945 folgende Lage dar: » I mmer wieder kann die Feststellung gemacht werden , daß die nat,ionale Einstellung verschiedener deutscher Kreise der der Ausländer weit zurücksteht. Man läßt sich du rch die seh r aktive Feindpropaganda immer mehr in das bolschewistische und plutokratische Fahrwasser ziehen. So schenkt man dem Märchen von einem selbständigen Österreich einschließlich der deutschsprachigen Gebiete im Süden vollends Glauben . . . Auch in Steyr sol l man sich schon teils auf die Ankunft der Russen freuen und weiße Tücher bereithalten . . . Etwas interessantes konnte in den letzten Tagen in Münichholz beobachtet werden . Dort wu rde von d e r vorwiegend tschechenfreundlich eingestellten Firma , Kraus und Schober' (Angestellte g rößtenteils Tschechen) Krepp-Papier in den verschiedensten Farben (rot, wei ß , blau etc.) an die Bevölkerung verkauft. Es konnte festgestellt werden, daß mit Vorliebe weißes und rotes Papier verlangt wurde und diese Farben auch bald verg riffen waren. Wäh rend sich Kinder aus braunem, blauem und g rünem Papier kleine Fähnchen machten, behielten die E rwachsenen das rote und weiße Papier (ehemalige österreichische Farben) zurück.«5) Noch am 1 . Mai 1 945 mußten Häftlinge des Konzentrationslagers Schützengräben ausheben. 6) 77

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