Veröffentlichungen des Kultturamtes, Heft 36, Dezember 1985

auch dafür zu sorgen, daß in den untersten Klassen eine wöchentliche Exhorte gehalten wurde, daß die Komödien und Tragödien, die nur in lateinischer Sprache aufgeführt werden durften, einen heiligen und frommen Inhalt hatten , und er hatte sich weiters zu bemühen, daß die Kongregation von Mariä Verkündigung aus dem römischen Kolleg auch in seinem eingeführt werde. Dem Präfekten (praefectus scholarum) oblag die Leitung des Gymnasiums. Hier war der Wechsel etwas häufiger als bei den Rektoren , es sei denn, diese übernahmen die Funktion selbst, wie dies in den Jahren 1695 bis 1712, und dann wieder von 1729 bis 1760 der Fall war. Der Personalkatalog von 1701 weist wohl für Steyr die Funktion des „praefectus scholarum" bei keinem der Patres aus, denn nur ein solcher konnte sie übernehmen, jedoch ist anzunehmen, daß Rektor Christoph Bitterkraut diese nicht nur 1702 und 1703, sondern auch schon 1701 wahrgenommen hat Ob die Rektoren sich dieser Aufgabf) unterzogen, um ihren unmittelbaren Einfluß auf die Schule zu verstärken, oder das Ansehen der Schule zu heben, oder einfach nur deshalb, weil die übri– gen Patres mit anderen Aufgaben voll ausgelastet waren oder sich keiner darunter befand, der die notwendige Erfahrung für dieses Amt hatte, läßt sich nicht feststellen. Jedenfalls übten insgesamt 18 Rektoren auch das Amt des Schulpräfekten während ihrer Funktion als Rektor jeweils drei Jahre lang aus, dazu kommen fünf Patres, die ebenfalls drei Jahre lang Schulpräfekten waren . Von den restlichen 49 Präfekten waren 35 ein einziges Jahr, 11 zwei Jahre, 2 vier und einer fünf Jahre in dieser Funktion tätig. Daß der Rektor des Kollegs nicht von vornherein für diese Funktion gedacht war, geht aus den Regeln für den Präfekten der Gymnasialstudien hervor, wonach dieser dem Rektor in der Leitung der Schulen beizustehen hat, ,,daß die Schüler nicht weniger in einem wahrhaft sittlichen Leben als in der Wissenschaft Fortschritte ma– chen"33). Wie allgemein gültig und daher auch heute noch relevant die Grundsätze der fast 400-jährigen Studienordnung sind, zeigen auch die folgenden Anweisungen : ,,Die Lehrer ... unterstütze und leite er, suche aber ganz besonders zu verhüten, daß das Ansehen und die Hochschätzung derselben bei irgendjemand, besonders aber bei ihren Schülern, geschädigt werde. Sehr dringe er darauf, daß die neuen Leh– rer die Lehrart und die sonstigen Gebräuche ihrer Vorgänger, soweit unser Schulsystem nichts dagegen hat, genau beibehalten, damit die Auswärtigen weniger über den häufigen Lehrerwechsel klagen" 34 ). Daß gerade diese Anweisung wichtig und heilsam für den Unterrichtsbetrieb war, erhellt das weiter unten bei den Lehrern Gesagte mehr als deutlich. Konnte man am Gymnasium die Kontinuität des Lehrers infolge des dem Orden eigenen Ausbildungssystems nicht wahren, so mußte we– nigstens getrachtet werden, die Lehrmethoden gleich zu erhalten, da– mit der Schüler nicht alljährlich gezwungen wurde, sich sowohl auf ei– nen neuen Lehrer als auch auf eine neue Methode umzustellen, was gewiß eine arge Überforderung der Schüler dargestellt hätte. Wenig77

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