Veröffentlichungen des Kultturamtes, Heft 36, Dezember 1985

stens einmal alle 14 Tage hatte der Präfekt jeden Lehrer zu besuchen und die ordnungsgemäße Durchnahme des vorgeschriebenen Lehr– stoffes zu überwachen. Er entschied auch über die Aufnahme von Schülern sowohl in die unterste Klasse als auch bei Übertritten in eine höhere Klasse; er solle aber keinen ausschließen, ,,weil derselbe bürgerlichen Standes oder arm ist" 35 ). Daß sich unter den Schülern auch Kinder pro1estantischer oder zumindest protestantisch gesinnter Eltern befanden, deuten zahl– re iche Hinweise in den LA an . Wenn z.B. für das Jahr 1636 berichtet wird „Die Studenten . . . halten die Fasttage strengstens ein; zufrieden mit Wasser und Brot verachten sie Spott und Drohungen ihrer Ange– hörigen" 36), oder wenn es 1642 heißt, daß einige Studenten ihren Fami– lienangehörigen häretische Bücher abnahmen , um sie den Jesuiten abzuliefern 37 ), so ist eine solche Schlußfolgerung sehr naheliegend. Zu den weiteren Obliegenheiten des Präfekten gehörte die Über– wachung des vorzeitigen Aufsteigens, das bis zur obersten Grammatik– klasse während des Schuljahres möglich war. Er hatte auch die gegen Ende des Schuljahres abzuhaltenden schriftlichen und mündlichen Prüfungen zu überwachen und hatte dafür zu sorgen , daß die für die schriftlichen Prüfungen geltenden Anordnungen in den Klassen verle– sen wurden 38). Auch diese Anordnungen unterscheiden sich in den wesentlichen Punkten kaum von den heute gültigen Vorschriften. Der Präfekt legte auch die Sitzordnung in den einzelnen Klassen fest und kümmerte sich darum, daß die monatlichen Deklamationen der Rhe– toriker nicht nur von diesen, sondern auch von den Humanisten (Schü– lern der Poetikklasse) besucht wurden. Ihm oblag auch die Bestellung eines Zuchtmeisters, der allerdings nicht Angehöriger des Ordens sein durfte, und hatte im übrigen für Disziplin und Ordnung in der ganzen Schule zu sorgen. Der Unterricht war unentgeltlich, denn „Alle, die unter demGehor– sam der Gesellschaft stehen, mögen nie vergessen, daß sie umsonst geben was sie umsonst erhalten haben; sie sollen daher eine Vergütung oder ein Almosen weder verlangen noch annehmen" 39) . Ein besonderes Anliegen des Ordens war die Betreuung armer Studenten, weil man überzeugt war, daß Kinder aus armen Familien fleißiger und frömmer seien als solche, die im Überfluß aufwachsen , und bei vorhandenem Talent und entsprechender Ausbildung dem Staat und der Kirche hervorragende Dienste leisten würden. Daher war mit den Gymnasien zumeist ein Seminar (Seminarium pauperum) verbun– den , welches zunächst arme Studenten aufnahm, die in erster Linie auf den Priesterberuf vorbereitet werden sollten . Der Unterhalt dieser Se– minaristen, auch alumni genannt, deren Aufgabe es war, den Gottes– dienst in der Kirche musikalisch zu gestalten, wurde aus Stiftungen oder den Einkünften des Kollegs bestritten . Bereits 1636 melden die LA40 ), daß man in Steyr an die Gründung eines Seminars denke und bisher fünf Studenten aus den Einkünften des Kollegs unterhalte. Aber 78

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