Veröffentlichungen des Kultturamtes, Heft 36, Dezember 1985

platz zog, standen hier Reiterabteilungen in Reih und Glied, die sich in Steyr unter dem Kommando Sr. Exzellenz Johannes lvertius im Winter– lager befanden. Beim Anblick des hl. Schreines brachten sie ihre Huldi– gung durch eine Gewehrsalve zum Ausdruck; ihnen antworteten auf gleiche Weise Kriegsgeschütze, die auf dem (die Kirche) überragenden Abhang aufgestellt waren. Und das wiederholte sich während der Prozession ein zweites und drittes Mal. Sobald der Zug in der neuen Kirche angekommen und die heilige Last auf dem Hochaltar abgestellt worden war, wurden die Zuschauer allseits von verschiedenen Bild– werken und Symbolen gefesselt, welche den Altar als Bilder, teils als Statuen schmückten . Vier mit Blütentrauben geschmückte Säulen ragten hervor, auf welchen ebensoviele Statuen standen, welche die theologischen Tugenden mit der Tapferkeit darstellten, die Kennzeichen des Märtyrers. Die Basen der Säulen trugen vier als Statuen geformte Engel, gleichsam Herolde des Sieges. In der Mitte sah man auf der einen Seite eine Gartenlandschaft, die sich durch eine Vielfalt von Blumen auszeichnete und von goldenen Fesseln mit dem Spruch umgeben war: "A vinculis decorem" (Von den Fesseln die Anmut); auf der anderen Seite sah man eine Palme, die sich von der Erde zum Himmel reckt und von einer aus den Wolken ragenden Hand mit wütendem Beil ihrer Zweige entblößt wird; diese aber verwandeln sich schließlich in Lorbeerkränze mit unterlegter Inschrift "Caesa triumpho" (Für den Sieg gefällt). Die Mitte des Aufbaues enthielt die kurze Begründung für den Triumphzug des Märtyrers: "S. Gliolaphus, olim Romanus, nunc Austriacus" (HI. Gliolaphus, einst Römer, nun Österreicher) . Unter diesem vom Decken– gewölbe herabhängenden Weihespruch befand sich folgendes Emblem: Ein Phönix, die Flügel gleichsam wie zum Fluge ausgespannt, saß auf einem brennenden Scheiterhaufen, den vom HI. Geist von oben ausge– sandte zuckende Strahlen entzündeten mit nachfolgender Inschrift: "Non poterat fato nobiliore frui" (Eines edleren Schicksals konnte er sich nicht erfreuen). Diese Fläche stand auf dem Tabernakel auf unter Lorbeerblättern, die sich zu einem Netz erhoben. Als die Prozession unter dem beschriebenen Ritus beendet war, wurden die aus Rom über– sandten Urkunden vom Apostolischen Protonotar, dem Stadtpfarrer 9 ), öffentlich verlesen und dem Volke erklärt; dann wurde ein freier Platz geschaffen und alles wurde gezeigt, wie es in den Briefen enthalten war, vor allem der Schädel des Märtyrers, dann größere und kleinere Knochen mit Überresten, die einzeln in Baumwolle und Seide eingewickelt waren, schließlich eine Glasflasche, reichlich angefüllt mit dem Blute des Märtyrers. Als die heiligen Requisiten ausgewickelt wurden, strömten sie zur Verwunderung der Umstehenden einen wunderbaren Duft aus, obwohl nichts anderes an Duftstoffen da war. Nachher sprach ein Geist– licher von der Kanzel aus zum dicht gedrängten Volke, dann wurde ein feierliches Hochamt gesungen und mit dem Hymnus der Heiligen Ambrosius und Augustinus beschlossen. Die Zahl der Kommunikanten war ferner so groß, daß sie mit jener der größten Feste des Jahres 122

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