Veröffentlichungen des Kultturamtes, Heft 36, Dezember 1985

belgischen Provinzen längere Zeit abwesend war, sich vertreten ließ. Mit dieser Aufgabe betraute er den hochwürdigsten Prälaten Matthias (Gatter), Propst der regulierten Chorherren von St. Florian , der durch seine Anwesenheit diesem Akt das erforderliche Gewicht verleihen sollte. Für den feierlichen Aufzug wurde der Tag des hl. Apostels Matthäus 7 ) bestimmt. Also wurde am Vortag der Schrein , welcher die hl. Überreste enthielt, mit einem zweirädrigen Karren vom Kolleg in die Stadtpfarrkirche gebracht, von wo aus er am folgenden Tage in feier– lichem Ritus in unsere Kirche eingeholt wurde . Die Vigil wurde unter großem Zustrom aller Stände beim Klange von Trompeten abgesungen . Am folgenden Tag aber war der Zustrom an Menschen, die vom Glockengeläute angelockt wurden, noch weit größer. Die Feier begann um acht Uhr vormittags mit dem Absingen der Hymne an den HI. Geist unter Musikbegleitung. Dann wurde die Prozession in folgender Ordnung aufgestellt: an der Spitze die Insassen der 4 Bürgerspitäler, die es in dieser Stadt gibt, die unter der Leitung von Unsrigen unter ver– schiedenen Fahnen gingen und den Rosenkranz der seligsten Jungfrau beteten, Männer und Frauen abwechselnd. Diesen folgten die Knaben u·nd Mädchen der Trivialschulen, welche das dem hl. Märtyrer zu Ehren neulich herausgebrachte Lied in der Volkssprache sangen . Ihnen schlossen sich die 22 Zünfte der Handwerker an , jede mit der zuge– hörigen Fahne in Gruppen eingeteilt, denen ihre Vorsteher jeweils mit einer brennenden Kerze in der Hand vorangingen . An diese schloß sich unsere Schule nach Klassen und Fahnen gegliedert an. Dahinter ging zunächst die lateinische Kongregation, weil die ja aus der Schuljugend besteht, dahinter die Bürgerkongregation . Unter diese gemischt gingen auch andere angesehene Männer, die alle mit ihren Kerzen und den Fahnen einen prächtigen Anblick boten . Dahinter kamen die Ordens– familien: die Kapuziner des hl. Franziskus, ·die Dominikaner und die Benediktiner aus dem benachbarten Kloster Garsten , angetan mit weißen Rochetten und Stola. Dem hl. Schrein, welcher von vier Priestern auf den Schultern getragen wurde, ging der Chor der Musiker voran, der lieblich sang oder musizierte. An den Seiten schützten den Prozessions– zug lanzenbewehrte Soldaten aus der Bürgerschaft, die von da aus den Knaben beistanden, die Engel trugen. Als nächster folgte der Hoch– würdigste Prälat mit dem Klerus in glänzender Pracht. Das Traggerüst war so konstruiert, das die Tumba, welche die heiligen Überreste barg, auf den Schultern von vier Engelsstatuen ruhte. Darauf standen noch zwei weitere, die - ein erfreulicher Anblick - nach Art der Triumphie– renden Lorbeerkränze vorantrugen. Dem in dieser Ordnung voran– schreitenden Prunkzug folgte als Nachhut eine Schar von Männern und Frauen aller Stände, darunter der hochwürdigste Abt von Garsten, der hochedle Graf von Sprinzenstein, Hauptleute mit ihren Offizieren, dann der Rat der Stadt mit einer so großen Zahl Volkes, daß die zwei Kirchen 8 ) , ansonsten ausreichend geräumig, kaum zwei Drittel faßte, ein Drittel aber ausschloß. Als dieser festliche Triumphzug über den Markt121

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