Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 33, 1976

? Die Bauern setzten ihre bisher erfolgreiche Suche in der Burg fort. Dort wurde die Rüstkammer aufgebrochen, die Waffen und Rüstungen entfernt. Sogar die Dienstschwerter des Stiftes Seitenstetten wurden mitgenommen. Der Rentmeister Adam Wolf wurde verjagt, die Räume des herrschaftlichen Pflegers geplündert und verwüstet. Der Schaden wurde mit einhundert Gulden beziffert. Neuerlich brach man in das Haus des geflüchteten Stadtrichters Niklas Frizler, in das Bummerl- haus ein. Der schon bei der Plünderung von Garsten sich unrühmlich hervorgetane Basti Pollhammer entwendete das dort aufbewahrte Stadtrichterschwert samt dem Szepter (gemeint ist sicherlich der zugehörige Bannrichterstab) und brachte diese städtischen Rechtsinsignien in das Haus des „angesetzten“ Stadtrichters Hans Himmelberger. Die Bürger Zetl und Dill waren Zeugen der Übergabe.38) In Steyr wechselte die Schulkirche wieder ihren Besitzer und Benützer. Madlseder gab das erst vor kurzem der katholischen Kirche zurückgegebene Gotteshaus wiederum den Protestanten.39) Am 29. Juli 1626 kam der nunmehrige Bauernführer Achaz WielIinger mit zweitausend seiner „schwarzen Bauern“ in die Eisenstadt. Diese gehörten zu den Elitetruppen der Bauern, waren ob ihrer Grausamkeit gefürchtet und wurden von den Soldaten „Waldteufl“ genannt. Wiellinger ließ die gesamte Bürgerschaft vor dem Rathaus versammeln und befragte sie eindringlich, ob sie noch entschlossen wäre, mit der Bauernschaft zu leben und zu sterben. Cosmas Mann als Sprecher der Bürgerschaft antwortete, sie seien willens alles zu tun, sofern diese Handlungen nicht gegen den Kaiser gerichtet seien. Am gleichen Tag mußten die Bürger nochmals — diesmal bewaffnet — am Stadtplatz erscheinen. Unwillige wurden mit Schlägen dazu gebracht. Am Nachmittag war allgemeiner Aufbruch. Die durch das Steyrer Aufgebot verstärkte Bauernmacht zog gegen St. Florian. Ein Teil der Bürger richtete schon am Tabor ein Lager ein.40) Am 30. Juli 1626 verließ der neubestellte Hauptmann Ecker heimlich die Stadt und entzog sich so der eidlich übernommenen Aufgabe. Diesem Beispiel folgten einige katholische Bürger, da sie Übergriffe der immer gereizter werdenden Bauern fürchteten. Die Protestanten ließen die Nachricht aussprengen, sie werden alle Katholiken mit Hilfe der Bauern erschlagen. Einige kamen trotz aller Vorsicht zum Handkuß, wie der Handschuhmacher Adam Putzer und der Bürger Stefan Ganseder. Beide konnten sich aber den Mißhandlungen durch die Flucht in ihre Häuser entziehen. Hauptmann Neumüllner übernahm nach der Flucht Eckers wiederum seine frühere Funktion in der Stadt.4') Als die Gefahr für die Bauern immer größer wurde, war es auch mit deren Einigkeit vorbei. Anfang August wollten die Bauern aus Krems- münsterer Pfarren nichts mehr mit den Aufständischen zu tun haben. Doch die Rache folgte aus den eigenen Reihen. Zweitausend Bauern aus dem Hauptlager zu Linz trieben alles Vieh weg, plünderten die 59

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