Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 33, 1976

Eher ist anzunehmen, daß Wolf Madlseder erkannte, was seine Heimatstadt erwarte, wenn sich die Bauern ungeordnet dieser bemächtigten. Das Beispiel von Wels war allen noch bewußt. Verhandlungen in Steyr nach Ankunft der Bauern hätten sicherlich schlechtere Erfolge gezeitigt. Am 29. Mai 1626 kam eine Vorhut der Bauern in der Stärke von fünfzig Mann in die Stadt und wurde hier — so Zetl — „alss ihm (dem Wolf Madlseder) gar angenembe Gäste stattlich empfangen“, und Madlseder ließ diesen Bauern „gleich guette Quartier vnd Essen vnd Thrink- hen verschaffen !“19) Die Bauern haben die Stadt, vor allem den Pfarrhof und die Klöster nach den ihnen verhaßten katholischen Geistlichen durchsucht. Im Dominikanerkloster ergriffen sie den alten Frater Sigmund, den sie sogleich auf die Burg brachten und verhörten. „Schlimmes Gesindel“ im Gefolge der Bauern, versuchte das Kloster zu plündern. Madlseder wußte dies durch sofortige Schließung zu verhindern.20) Das Kapuzinerkloster bekam gegen die Zahlung von sechs Reichstalern „Salva Guardia“. Am 30. Mai kündeten die Bauern für 31. Mai ihr Eintreffen an. Ihr Plan war es, nach dem Aufbruch von Kremsmünster mit der ganzen „Armada“ gegen Steyr zu marschieren. Die Bürger sollten für 40.000(!) Mann Fleisch, Brot und Wein vorbereiten. Nach einer Sitzung des Rates wurden die Fleischhauer und die Bäcker beauftragt, schleunigst mit den nötigen Veranlassungen zu beginnen, und die Wirte angewiesen, den vorhandenen Wein zu visitieren, „damit bey so grosser Menge Volckhs kein Abgang verspüret werde !“21) Am 31. Mai 1626 erfolgte der befürchtete, von anderen herbeigesehnte, von allen aber mit gemischten Gefühlen betrachtete Einzug der Bauern in die Stadt. Die Hauptmacht schlug mit ihren zwanzig mitgeführten Kanonen ein gut angelegtes Lager beim Taborfriedhof auf. Die Bauernführer logierten in der Stadt. Stefan Fadinger nahm im Hause Madls- eders am Stadtplatz Quartier. Noch am gleichen Tag wurde das Stift Garsten von den Bauern besetzt, der Waffen, Rüstungen, der Haustiere und des Weines beraubt und mit einer dreißigköpfigen Besatzung belegt.22) Am Pfingstmontag, dem 1. Juni, mußte sich die Bürgerschaft auf Befehl Fadingers vor dem Rathause versammeln. Der Bauern Feldschreiber Kienast, ein geborener Steyrer, nahm den Bürgern den Treueid zu den Bauern ab, „dass Sie bey der Paurschafft Ihr Leib vnd Leben Guett vnd Blueth Zusezen vnd in allem Vnterthäning sein wollen !“23) Am gleichen Tag forderten die Bauern die Stadt Enns auf, sich dem Aufstande anzuschließen.24) Jakob Zetl berichtet, daß er sich dem Ablegen dieses Eides durch Abwesenheit entzogen hatte. Am 2. Juni 1626 war der erste Tote des Bauernkrieges in Steyr zu verzeichnen. Die Bauern hatten einen bairischen Reiter gefangen und 43

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