Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 33, 1976

ihn sofort in der Enns ertränkt. Aus gutem Grund ließ sich auch keiner der wenigen katholischen Bürger bei den Bauern blicken.25) Am 3. Juni 1626 brachten die Bauern ihren Prädikanten Andreas Geyer in die Stadt, der hier von den Bauern, aber auch von den Bürgern herzlich begrüßt wurde. Bei dieser Ankunft war auch der Steyrer Advokat Dr. Lazarus Holzmüllner zugegen, der hier zum ersten Mal als ein mit den Bauern Sympathisierender genannt wird. Holzmüllner war neben Madlseder und Fadinger der wichtigste Anführer der oberösterreichischen Bauern. Holzmüllner hielt sein Wirken mehr im Verborgenen und stand so Madlseder an Einfluß nach. Später wird Holzmüllner als der „Bauern Schriftensteller“ genannt.26) Die Bewilligung des Prädikanten war von den Bauern dem Herberstorff, der Zeit gewinnnen wollte, abgezwungen worden. Dies war auch Grundlage für einen Waffenstillstand gewesen.27) Am 4. Juni 1626 kamen die kaiserlichen Kommissare über Enns nach Linz. Dort hatten sie Unstimmigkeiten mit dem bairischen Statthalter, die auf mangelndes gegenseitiges Vertrauen beruhten. Als Herberstorff die Bewegungsfreiheit der Kommissäre einschränkte, verließen sie Linz wiederum in Richtung Enns. Bei den folgenden Aktionen scheinen Madlseder und Dr. Holzmüllner ihre Hände im Spiel gehabt zu haben, denn in Ebelsberg wurden die kaiserlichen Kommissare gefangen genommen. Lediglich Dr. Hafner wurde mit den von Madlseder und Holzmüllner verfaßten Beschwerden nach Wien gelassen. Die Kommissare wurden am 18. Juni von Madlseder unter der Bedeckung von einhundert Bauern nach Steyr gebracht und unter strenger Bewachung in der Steyrer Burg einquartiert.28) Am selben 4. Juni verbreitete sich in der Eisenstadt das Gerücht, es würden dreizehn Schiffe mit bairischem Kriegsvolk und Munition von Passau gegen Linz die Donau hinabkommen.29) Bekanntlich waren im Zuge der Gegenreformation die „unkatholischen“ Bücher der Protestanten in Steyr beschlagnahmt worden. Ein Teil war verbrannt, der andere, an die zwanzig Wagenladungenf!) im Hause des konvertierten und geflohenen Richters Nikolaus Frizler aufbewahrt worden. Auf Betreiben der Bürger wurde am 4. Juni das Tor dieses Hauses am Stadtplatz, des heutigen „Bummerlhauses“, von den Bauern aufgebrochen und die Bücher unter Jubel aus dem hinteren Saal geholt. Als aber diese Requirierung in Plünderung des übrigen Hauses ausartete, ließ es Madlseder wiederum versperren.30) Die Pfarrhöfe der Umgebung wurden dagegen, ungehindert von einer ordnenden Hand, von den Bauern geplündert. Am 5. Juni wurde, ähnlich wie am 1. Juni die gesamte Bürgerschaft vor das Rathaus befohlen. In der Zwischenzeit war der Stadtrat durch zehn Bauern ergänzt worden. Den Versammelten wurde mitgeteilt, Fadinger wolle gegen Linz weiterziehen und zweihundert Bürger hätten als Unterstützung mitzukommen. In Steyr verblieb eine Besatzung 44

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