Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 33, 1976

Herberstorff verließ bald die Stadt, hinterließ aber fünf Fahnen Fußvolk und seine Leibwache um die „Lutheraner zur catholischen Religion zu bringen !“ Am 20. Dezember 1624 war ein neuerliches Patent notwendig das die protestantischen Gottesdienste verbot und zum Besuch der katholischen Messen aufrief.24) Doch die Steyrer Protestanten beharrten auf der Ausübung ihrer Konfession. Am 20. Jänner 1625 kamen Herberstorff und Dr. Falb neuerlich in die Eisenstadt. Die Bürger wurden aufgefordert, nun endgültig zum rechten Glauben überzutreten, ansonsten sie das Land verlassen müßten. Den Ratsherren wurde der Vorwurf gemacht, daß durch ihre Mißwirtschaft die einst reiche Stadt in große Schulden geraten sei und daß sie mit den oberösterreichischen Ständen konspiriere. Auch der haltlose Verdacht, die Steyrer machen mit den Türken gemeinsame Sache, wurde laut.25) Darüber hinaus seien die Stadtämter sofort mit treuen Katholiken zu besetzen. Am 27. Jänner 1625 wurden in Steyr über Befehl des wiederum anwesenden bairischen Statthalters Herberstorff, Bürgermeister, Richter und Räte aus ihren Ämtern, die sie schon seit 1619 innegehabt hatten, entfernt. Von den Reformationskommissären, die nun immer mehr in die städtische Verwaltung eingreifen sollten, wurde Johann Mayr von Puchenau zu Lindenfeld, der Gegenamtsschreiber der Herrschaft Steyr, zum Bürgermeister eingesetzt.26) Den beabsichtigten Rekatholisierungsmaßnahmen widersprechend, wurde der bisherige, langjährige Bürgermeister Joachim Händl, der ehemalige Stadtrichter Wolf Madlseder, Kaspar Reinhard — alle bekannte Protestanten — darüber hinaus Kosmas Mann, Adam Gruber und Jakob Spindler in den inneren Rat berufen. Auch der äußere Rat wurde durch neue Mitglieder, darunter Hans Himmelberger, ergänzt. Am 30. Jänner 1625 wurden dem neuen Bürgermeister als Insignien seines Amtes die Siegellade samt den Schlüsseln für die Ratsstube zugestellt. Am gleichen Tage reisten die Kommissare ab und überließen die Eisenstadt einem ungewissen Schicksal. Am 31. Jänner traten die neubestellten Gremien zu ihren ersten Sitzungen zusammen.27) Die willkürlichen Umbesetzungen sollten im Sinne der Gegenreformation endlich eine katholische Mehrheit in den Ratsversammlungen geben. Diese Maßnahmen waren von Erlässen und Verordnungen begleitet. Dem bisher protestantisch dominierten Rat war es immer gelungen, der Rekatholisierung Hindernisse in den Weg zu legen. Die geänderte Lage wurde für die Protestanten noch schlechter, als der ehemalige Stadtschreiber von 1602 bis 1610, der Katholik Nikolaus Praunfalk, als Stadtanwalt in das Rathaus zurückkehrte.23) Mit der Einsetzung des Johann Mayr als Bürgermeister war die wichtigste Position in der Stadtverwaltung mit einem geeichten Katholiken besetzt worden. Stadtrichter wurde statt Wolf Madlseder der ehemalige Protestant Nikolaus Frizler, der erst zu Weihnachten 1620 der „lutherischen 34

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