Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 33, 1976

Der Einmarsch der bairischen Truppen brachte eine Stärkung der katholischen Partei in Steyr mit sich. Schon im Oktober 1621 waren die wenigen Katholiken in der Eisenstadt von der Quartierlast befreit worden. Lindner erzählt für Ostern 1621, daß in der Pfarrkirche einhundert Kommunikanten gezählt worden waren. Die meisten waren sicherlich Opportunisten.15) Das Jahr 1623 brachte eine Steigerung der Teuerung mit sich, zumal weiteres Fußvolk einquartiert werden mußte.16) Auch für das Jahr 1624 wurden keine neuen Stadtverordneten gewählt.17) Trotz des Reformationspatentes erkannten die Steyrer Protestanten nicht die Zeichen der Zeit. Sie machten sich dagegen vielmehr über die katholischen Bräuche lustig. Am 4. Mai 1624 wurde in Steyr von zwölf katholischen Bürgern, darunter auch Jakob Zetl, die Armen- Seelen-Bruderschaft gestiftet und deren Gründung pflichteifrigst nach München gemeldet.18) Dem aus Steyr ausgewiesenen protestantischen Prädikanten ließ der Rat zusätzlich zu seiner Besoldung eine Remuneration von einhundert Gulden zukommen !19) Am 30. August 1624 erließ Graf Herberstorff für das Land ob der Enns das endgültige Reformationspatent, das unter anderem auch die endgültige Ausweisung der evangelischen Prediger und die Schließung der protestantischen Kirchen beinhaltete.20) Wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf am 9. Oktober 1624 die Reformationskommission in Steyr ein.21) Die Mitglieder dieses Gremiums waren Graf Herberstorff, der Abt zu Göttweig Dr. Georg Falb, der Verwandte des Garstner Abtes Johann Spindler von und zu Hofegg und Constantin Grundemann von Falkenberg. Falb selbst kannte die Steyrer Verhältnisse sehr gut, war er doch hier geboren, in Garsten aufgewachsen und im dortigen Stift gewesen, bis er 1612 als Prälat nach Göttweig berufen worden war.21) Am 12. Oktober besichtigten die Kommissäre überraschend die Schulkirche und fanden dort einen protestantischen Gottesdienst vor. Der Prädikant, der gerade dem Volke die Beichte abnahm, wurde aus dem Gotteshaus vertrieben. Unter militärischer Assistenz wurde noch am gleichen Tag der Bevölkerung neuerlich das Reformationspatent zu Gehör gebracht. Den Schulmeistern und Prädikanten wurde dabei neuerlich aufgetragen, Steyr und das obderennsische Land binnen acht Tagen zu verlassen. Ende Oktober waren die Prediger „abgeschafft“.22) Den Dominikanern wurde am 10. November die Schulkirche zurückgegeben und von Dr. Falb neu eingeweiht. Die Protestanten, die so ihr Gotteshaus verloren hatten, besuchten nunmehr den Gottesdienst in Dorf an der Enns.23) 33

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