Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 30, April 1972

der vakanten vierten Magistratsstelle genehmigt werde15 ). Die „Direction" der Stadt wurde vom genannten Amte Werloschnigg von Berenberg mit dem Amtstitel „Dirigierender Rat" übertragen. Mit dieser Entscheidung wurde der Genannte praktisch das Oberhaupt der Stadt. Als solches vertrat er in weiterer Folge Steyr als Deputierter bei der Landschaft im Erzherzogtum Oesterreich ob der Enns16 ). In der Zeit von 1811 bis 1818, als Werloschnigg der Stadt als 11 Dirigierender Rat" vorstand, wurde in Steyr die wirtschaftliche Lage immer prekärer. Die Atempause zwischen dem Schönbrunner Frieden und der Teilnahme Osterreichs am Rußlandfeldzuge Napoleons 1812, sowie von diesem bis zur Beteiligung an dem großen Befreiungskriege an der Seite Preußens, Englands und Rußlands, waren zu kurz, um im Staate und damit auch in all seinen Gliederungen die erschöpfte Wirtschaft in Gang zu bringen. Es fiel auch schwer ins Gewicht, daß Steyr durch den „Austritt aus den Genüssen als hauptgewerkschaftliches Mitglied äußerst g e 1i t t e n ", wie man in einer Sitzung festgestellt hatte. Der Großteil der Steyrer Bürger sah überdies im juridischen Magistrat, der natürlich eine Anzahl von Beamten erforderte, eine unnötige finanzielle Belastung des städtischen Haushaltes. Wenn sich eine Gelegenheit bot, versuchte der Bürgerausschuß zu verhindern, daß alle Planposten besetzt würden. Als Magistratsrat Schroff im August 1810 sein Amt resignierte, beantragte der Ausschuß der Bürgerschaft, diese Stelle vorläufig nicht zu besetzen, da er an die Landesregierung ein Gesuch um Einschränkung des Personals gerichtet hätte und die Erledigung abwarten wolle17 ). Diese mehr oder minder unverhüllt zur Schau getragene unfreundliche Einstellung der Bürgerschaft brachte es mit sich, daß der „Magistrat in corpore an den ökonomischen Verhandlungen des Bürgerausschusses seit einiger Zeit keinen Anteil" nahm, wie eine Notiz in den Ratsprotokollen des Jahres 1817 berichtet18 ). Im gleichen Jahre versuchte eine Abordnung der Stadt bei der Regierung in Wien eine Änderung in der Verwaltung zu erreichen, doch blieb dies erfolglos. Auch eine Änderung der Art des Strafvollzuges mißfiel den Bürgern besonders. Jene, die gegen ein Gebot verstießen und mit Freiheitsentzug zu rechnen hatten, konnten die Strafe bis zum Ende des Jahres 1803 in der sogenannten „Bürgerstube" absitzen. Im Jänner 1804 wurde dem Bürger– ausschuß bekanntgegeben, daß Bürger, wenn sie straffällig würden, die Strafe im „Civil Arrests Zimmer" des Arresthauses abzubüßen hätten. Noch 1808, als über kaiserliches Patent die Aufstellung einer Landwehr verfügt wurde, war auch der Magistrat Steyr aufgefordert worden, einen 15 ) RP 1810 A, 406, 41 0. 16 ) K. k. Instanzenkalender für das Erzherzogtum Oesterreich ob der Enns auf das Jahr 1816. 17 ) RP 1818, 262. 1 8) RP 1817 A, 115. 10

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