Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 23, Dezember 1962

Den Äusgemusterten wurde auch versprochen, daß sic mit einem „gebührlichen Liffergeit (Aufdingsummc, Handgeld)" versehen würden. Weiters teilte man ihnen mit, daß sie im Falle einer auswärligen Verwendung auch den üblichen Sold erhalten mürben.'2) Während Ferdinand im August 1619 in Frankfurt zum Römischen Kaiser erwählt und im September gekrönt wurde, fiel Gabor Bethlen über Aufforderung der Protestanten Ungarns und Böhmens in Ungarn ein. In weiterer Folge vereinigten sich die Truppen Bethlens mit den bei Wien stehenden böhmischen Truppen des Grafen Thurn. Schon am 31. Juli 1619 hatten die böhmischen, mährischen und Lausitzer Stände auf dem Landtage in Prag eine Union abgeschlossen, der am 16. August auch die ober- und niederösterreichischen Stände beitraten. Am folgenden Tage beschlossen die Böhmen die Absetzung Ferdinands und wühlten, mit Zustimmung der Lausitzer und Mährer, das Oberhaupt der 1608 gegründeten protestantischen Union, Friedrich IV. von der Pfalz, zum böhmischen Könige. Am 30. Juni 1620 hatte Kaiser Ferdinand seinen Jugendfreund, den Herzog Maximilian von Bayern, seit 1609 das Oberhaupt der katholischen Liga, mit der Niederwerfung des Ausstandes betraut. Er verpfändete ihm das Land ob der Enns als Ersatz für die Kriegskosten und verlangte, daß der Herzog die rebellischen obderennsischen und böhmischen Stände zum Gehorsam bringe. Maximilian sammelte bei Ulm ein großes Heer und teilte den obderennsischen Ständen mit, daß er vom Kaiser bevollmächtigt sei, die Angelegenheiten im Lande nach des Kaisers Willen zu regeln. Er verlangte die Auflösung der Konföderation und eine Jnterimshuldigung. Inzwischen war den Hauptleuten des in Steyr befindlichen Kriegsvolkes aufgetragen worden, bedacht zu sein, so viel als möglich im „teilten (Drillen)" fortzufahren. Für jedes Ausrücken bewilligte der Rat vier bis fünf Pfund Pulver, um Schießübungen abhalten zu können. Die Reiterei wurde neu. organisiert und für sie ein Feldtrompeter eingestellt. Hauptmann Wurmbrandt untersuchte das Aichet auf die günstigste Anlegung von Schanzen, Ratsherr Christian Richter wurde beauftragt, die städtische Artillerie überholen zu lassen und Doppelhaken'2) auf die Wehren bringen zu lassen. „Ledige Bursch" in Bereitschaft zu halten hatte das Ratsmitglied Hopffer über.") Im Juli 1620 richteten die Welser Stadtväter einen Bericht an ihre Kollegen in Steyr wegen „Einfall des Bayrischen Volckhs". Der Rat dankte den Schreibern für die Nachricht und bat gleichzeitig um weitere Verständigung, falls sich etwas Wichtiges ereignen sollte. Dieser Bericht hatte zur Folge, daß man beschloß, in der Stadt jeden Abend ein ganzes Fähnlein auf die Wache ziehen zu lassen und die jungen Steyrer raschest zu bewaffnen. Man bestimmte den Ratsherren Hopffer zu ihrem Hauptmann. Seinem Kollegen Wurschenhoffer wurde aufgetragen, aus dem städtischen Zeughaus Waffen und Wehren auszugeben.'2) „ ... wegen Anzug eines großen Vollckhs, so an den Bairischen Frontieren gegen dieses Landt khombt..." war man im Juli 1620 in Steyr so fieberhaft mit den Vorbereitungen für eine eventuelle Verteidigung der Stadt beschäftigt, daß man sogar manchmal die laufend anfallende Kanzleiarbeit im Rathause nicht verrichtete.") Am 1. August schien dem Rate dis Lage schon so gefährdet, daß er '-) RP 1619, 95. ’3) LV 20, 38. Doppelhaken waren gebrauchsfertige Feuerwaffen, die an der Unterseite angeschweißte Haken zum Auffangen des Rückstoßes trugen. Die Reichweite dieser Büchsen betrug 200 bis 250 m. ">) RP 1619, 97, 108, 111. '-) RP 1620, 124. ") RP 1620, 116. 6

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