Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 23, Dezember 1962

Lande aus Feindseligkeiten gegen Böhnien unternommen würden. Wolf Griental ersuchte am 13. Juni 1618 über Auftrag des Kaisers bei den Ständen um Unterstützung gegen die rebellierenden Böhmen. Diese wurde nicht gewährt, im Gegenteil, die Stände taten alles, um Matthias von einer militärischen Intervention in Böhmen zurückzuhalten. Auch als kurze Zeit später derselbe kaiserliche Abgesandte den Ständen mitteilte, der Kaiser wolle friaulisches Kriegsvolk nach Böhmen schicken und dieses durch das Land ob der Enns marschieren lassen, da man ihm ja im Lande keinen Musterungsplatz zur Verfügung gestellt habe, waren diese damit nicht einverstanden. Sie entfalteten eine lebhafte Tätigkeit, den Kaiser zu einem friedlichen Vergleich mit den Böhmen zu bewegen. Dies geschah mit Erfolg. Schließlich erreichten sic auch, daß Matthias sie mit dem Durchmarsch fremder Truppen verschonte uub auf den Musterungsplatz verzichtete. Am 20. März 1619 starb Kaiser Matthias in Wien. Das Reich befand sich bei seinem Tode in Hellem Aufruhr. Der Tod befreite ihn von der Aufgabe, die er sich gestellt hatte, die Vorherrschaft von Kirche und Kaiser im Römischen Reiche Deutscher Nation wieder hcrzustellen. Sein Neffe, Ferdinand von Steiermark, gekrönter König von Ungarn und Böhmen, der zum Nachfolger bestimmt worden war, folgte auf den Thron. Ferdinand war jedoch als unversöhnlicher Gegner des Protestantismus bekannt und fand deshalb bei seinen Versuchen, die Regierung anzutreten, stärksten Widerstand bei den mächtigen Geschlechtern des Landes ob der Enns. Auf einem im April 1619 nach Linz einbernfenen Landtage erklärten die Stände, mit Ausnahme der nicht sehr zahlreichen katholischen Edclleute und der Prälaten, den in der Niederlande residierenden Bruder des verstorbenen Kaisers, Erzherzog Albrecht, als alleinigen Nachfolger und forderten ihn auf, die Regierung im Lande anzutrcten. Dies, trotzdem den Ständen bekannt war, daß Albrecht auf den Thron in den österreichischen Ländern Verzicht geleistet hatte. Im Hinblick auf die sich abzeichnende bedrohliche allgemeine Lage schien es Bürgermeister Händl notwendig, von den Ständen die Verlegung eines Fähnleins von Kriegsknechten nach Steyr zu verlangen. Er brachte einen diesbezüglichen Vorschlag am 1. 4. 1619 im Rate ein. Die Ratsmitglieder billigten die Vorsorge des Stadtoberhauptes und gaben den Auftrag, dieses Verlangen bei nächster Gelegenheit den Ständen vorzutragen.') Anfangs Mai 1619 kam aus Linz der Auftrag, die Musterung des 30. und 10. Mannes in der Stadt für die Landesverteidigung vorzunehmen.* 3) Diese erfolgt über Vorschlag des Bürgermeisters am 18. Mai morgens. Die für den Soldatendienst ausgelosten Bürger wurden in Rotten eingeteilt. Für ihre Unterhaltung und die Ausrüstung hatte die Bürgerschaft aufzukommen. Es wurden für diesen Zweck Abgaben ausgeschrieben und diese, über Verfügng Händls, „wie vormallen brauchig", von den Viertelmeistern bei der Bürgerschaft eingehoben.') Beim Färbermeister Zettl machte der „Anschlag" wöchentlich 15 Kreuzer aus.'°) Die gesammelten Beträge wurden dem Ratsherren Rcdlhammer übergeben, der sie dann der weiteren Verwendung zuführte. Auch die städtischen Untertanen auf dem Laude hatten ihre Beiträge zu leisten. Dieses Bürgermilitär zog dann, „nach Soldatengebrauch", täglich mit Pfeifen und Trommeln auf die Wache. Am 24. Mai wurden die für den Soldatendienst geeignet befundenen 30. und 10. Männer nochmals überprüft; anschließend wurden ihnen ihre Befehlshaber vorgestellt.") ') RP 1619, 75. 3) RP 1619, 86. ’) RP 1619, 92. ,0) LV 6, 10, 11. ") RP 1619, 94. 5

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