Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 20, April 1960

Trotz der Verwarnungen kam es am 21. Februar zu einem Zwischenfall, der durch ledige Handwerker ausgelöst wurde. An diesem Tage wurde in der Pfarrkirche, die zu Garsten gehörte, die Wiedereinführung des katholischen Gottesdienstes in Gegenwart des Landeshauptmannes Dr. Paul Garzweiler, des neuen Garstener Abtes Alexander vom See und anderer Persönlichkeiten festlich begangen. Gleichzeitig wurde der neue Pfarrer Dr. Oberschwender durch den Passauer Suffragan Dr. Andreas Hoffmann in sein Amt eingeführt. Während der Messe versammelte sich eine empörte Menge vor der Kirche und lärmte. Es kam so weit, daß durch ein Kirchenfenster ein Ziegelstein geworfen wurde, der neben dem Landeshauptmann niederfiel. Dieser schickte die Trümmer des Steines dem Bürgermeister Muth als stumme Ankläger ins Haus. Um künftige Unruhen solcher Art hintanzuhalten, wurden von der Stadt für einen Wiederholungsfall Strafen an Leib und Gut angedroht.22 Der Landeshauptmann erteilte dem Rat wegen dieses Vorkommnisses einen Verweis, überdies entsandte er zwei Kommissäre. Dr. jur. Salomon Solinger und Caspar Pürner, nach Steyr. Diese gaben dem Rat bekannt, daß fte beauftragt worden wären, dem katholischen Gottesdienste in der Kirche beizuwohnen, Erkundigungen wegen der stattgefundenen Tumulte zu macken, namhaft gemachte Personen einzuziehen und nach Linz zu überstellen, sowie Wachen der Bürgerschaft und des Rates bei der Pfarrkirche aufziehen zu Taffen.24 Die versammelten Ratsherren erklärten den Kommissären, daß es ihnen nicht möglich fein werde. Wachen der Bürgerschaft und des Rates zu stellen, da man dazu ja niemand zwingen könne. Aber es würden die städtischen Gerichtsdiener, die Marktrichter und Stadtwachen zur Verfügung gestellt werden. Was von den Kommissären namhaft gemachte Personen beträfe, so würde das Stadtgericht diese in Haft nehmen. Sollten sie schuldig befunden werden, wolle man sie in Steyr bestrafen.2^ Zu einem neuerlichen Zusammenstoß kam es wäbrend der Osterfeiertage 1599. Um die Stadtviarrkirche hatte sich eine große Anzahl lediger .tiandwerksburschen einaekunden, während die Religionskommissäre im benachbarten Marrhofe bei einem Mahle fasten. Aus den Fenstern des Pfarrbofes wurden unter höhnenden Zurufen Feuerwaffen auf die Menge gerichtet und das Tor wurde von Männern mit vorgestreckter .Hellebarde gesickert. Dieses Vorgehen erbitterte die Demonstranten aufs äusterste. Wäbrend ein Teil van ihnen den Pfarrhof umlaaert bielt, sah fick der andere um Hilfe in der Stadt um. Sehr rasch erfolgte weiterer Zuzug von Reu- gieriaen und Bewaffneten. Auck Bürgermeister Muth. Stadtrichtcr Hirsck mit einigen Mitgliedern des Fnneren Rates. Viertelmeister und Wachen eilten herbei, um einen Zusammenstost 'vermeiden zu Helten. Aus dem Ptarrbofe wurden in der Zwischenzeit mehrere Schüsse auf die Demonstrierenden abgegeben. Zwei Messerer und ein Beutlergeselle wurden von „doppelten Trath-Kugeln getroffen und erbärmlich zur Erden gefällt". Unter Lebensgefahr hielten nun der Bürgermeister und die Gemeindefunktionäre die Menge ab, den Pfarrhof zu stürmen. Ein eigenartiger Zufall kam ihnen bei ihrem Bemühen zu Hilfe. In dem allgemeinen Trubel wurde auch die Sturmglocke der Kirche geläutet. Da diese Glocke aber auch bei Feuersbrünsten in der Stadt und den Vororten angeschlagen wurde, glaubte ein Großteil der Menge, daß in Steyr Feuer ausgebrocken wäre. Eilends verließen nun viele den Schauplatz, um ihre Wohnungen oder Häuser zu schützen. Die Verbleibenden konnten zum Abzug bewogen werden.2« Rach Ansicht der Stadtväter schien sich das Predigtverbot in der Stadt auch äußerst schädlich auf die Moral auszuwirken. „... weil sich vngebürliche Vermischung von Mann vnd weibs Personen starckh eraignen. . ." befahl der Rat am 3. Mai 1599 dem Stadtrichter, ledige Personen beiderlei Geschlechtes, „welche sich 36

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2