Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 20, April 1960

Nachdem selbst der Fußfall der Abgeordneten in Linz nicht zum gewünschten Ziele geführt hatte, beschäftigte sich der Rat am 5. 1. 1599 wieder mit den Problemen der evangelischen Religionsausübung. Die beigezogenen Prediger äußerten sich zu diesen Fragen: „Weicht man anfangs ain wenig / so lässt der feindt nit nach / Setzt man sich dann Zu starckh / so hat man desto grössere Straff Zu besorgen. Das sie also Ihres theils auch anstehen / Welches Zu erwehlen". Weil der Gottesdienst nicht an Gebäude gebunden sei, meinten die Geistlichen, solle man wohl noch am nächsten Tage, dem Dreikönigsfeste, die Frühpredigt in der Pfarrkirche abhalten und die Gelegenheit nützen, den Gläubigen mitzuteilen, daß künftighin in der Schul- und Spitalskirche gepredigt werde. Dies müsse man ihnen sagen, da sie sonst den Eindruck hätten, als sei man von der „erkanten vnd Manien" Religion abgefallen. Die Sperrung der Pfarrkirche solle einerseits „Zu mehrer begüetigung des Kaisers" geschehen, anderseits könne man dadurch vielleicht die anderen Kirchen als Kultstätte für den Protestantismus erhalten. Zum Schutze der Prediger erwog man, sie aus den Stadtwohnungen zu entfernen und zu ihrer Sicherheit an anderen Orten zu verbergen. Sie selbst aber meinten, sie begeben sich in den gnädigen Schutz und Schirm Gottes und seiner Engel und fürchteten sich nicht. Sie bedankten sich beim Rate für alle treuherzige Fürsorge. Am liebsten verblieben sie in ihren Wohnungen, da sie nicht wüßten,wo sie sich in der Stadt verbergen sollten, und baten den Rat. ihre Haustüren instandsehen zu lassen, damit sie diese bei einem Tumulte verschließen könnten.^ Damit man das stbel nicht größer mache, beschloß der Rat am Ende dieser langen Beratung, die Predigten in der Pfarrkirche einzustellen und sie in der Schulkirche abzuhalten. Die Prediger sollten weiter in ihren Wohnungen verbleiben. Der Stadtkämmerer wurde beauftragt, alle Mängel beheben zu lassen. Außerdem sollte die Nachbarschaft auf die Predigerwohnungen „vleißig aufsehen". Die Pfarrkirche ist nach der Frühpredigt am folgenden Tage, den 6. 1., zu sperren. Weitere Nachrichten aus Linz sind zu erwarten. Schließlich teilten die Prediger dem Rate noch mit, daß sie erfahren hätten, der Radschmied Winckler und der Bürger P. Reicheneder befänden sich in Linz. Dort „blosen" sie dem Landeshauptmanne ein, was sie über die Beschlüsse des Steyrer Rates und Bürgermeisters erfahren und überdies „hauen (sie) ain Er- samen rath vnuerschuldter ding mit vnwarheit wacker ins Salz".^ Diese Mitteilung bewirkte, daß eine Reihe wichtiger Ratssitzungen nicht mehr im Rathause, sondern in der Wohnung des Stadtschreibers Höher abgehalten wurde, um ein vorzeitiges Bekanntwerden der Beschlüsse zu verhindern.^ Wie ernst und bedrohlich die Zeit für die Eristenz eines öffentlichen Angestellten eingeschätzt wurde, zeigt wohl am besten ein Ersuchen, das Stadtschreiber Melchior Höber an den Rat richtete. Er bat ihn, in „billichen sachen vnd für (vor) ge- waltt notturftiglich (zu) schützen vnd schirmen vnd (ihm) nichts vngelegenes widerfahren Zulassen". Als Stadtschreiber sehe er sich in höchster Gefahr „so wol des leite als auch des lebens". In welcher Angelegenheit immer der Rat ihn habe Briefe schreiben lassen, wisse er sich keiner unredlichen Tat schuldig. Der Inhalt der verfaßten Briefe sei stets vom Rate beschlossen und die Schreiben vor der Absendung nochmals verlesen worden. Falls man ihn für diese Briefe einmal zur Verantwortung ziehen sollte, bäte er den Rat, den ja die Verantwortung für den Inhalt dieser Schreiben trifft, sich hinter ihn zu stellen, andernfalls solle „ain anderer vnd waiß nit wer in ainem solchen mühesamen officio (Amt)" verbleiben. Da nunmehr, wie ,?ööber ausführte, bald ein „Bävstischer" Stadtschreiber an seiner Stelle sein und ihn absetzen werde, müßte er sich um einen anderen Aufenthaltsort umsehen. Alles was er in Stehr verdient hätte, wäre zum größten Teile aus seine „gebeur vnd Haußhaltung" aufgegangen. Da ihm wenig Barmittel zur Verfügung ständen, bitte er den Rat auch, ihm die seinerzeit versprochenen Honorare für seine zusätzliche „starcke vnd schier vnmenschliche mühe vnd labores (Arbeiten)" bei den zwei Eisenkommissionen und bei der neuen Wiener „rauch Eisenstaigerungs Commihsion" aus34

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