Steyr und die Glaubenskämpfe

Am 30. August erließ Herberstorf für das Land o. d. Enns ein Abschaffungs¬ und Ausweisungsdekret gegen die protestantische Konfession und deren Prediger und Schullehrer die binnen acht Tagen das Land zu verlassen hätten.!) Es erfolgte an¬ schließend der Befehl für alle Magistrate, so auch für Sterr, daß Bürgermeister und Rat die katholischen Dredigten zu besuchen haben.?) Am 4. Oktober wurde der Ab¬ schaffungsbefehl wiederholt und am 9. Oktober erschien die Reformationskommissions) zur Ueberwachung des Befehlsvollzugs und der Umbesetzung der Stadtämter Steprs mit Katholiken. Am 12. Oktober wurde von ihnen die protestantische Kirche gesperrt und das Abschaffungsdekret öffentlich an verschiedenen Stellen der Stadt verlesen. Wer von den Predigern und Schullehrern nach Ablauf der Frist von acht Tagen noch angetroffen würde, der sollte an Leib und Leben bestraft werden. Nun bestürmten die Drediger den Magistrat der Stadt mit Bitten um Subventionen Pensionen und Ab¬ zugsgelder (Reisezehrung). Der protestantische Pfarrer Johann Isingius bat in einem Schreiben den Rat:t) 1.) um Intervention beim Statthalter wegen Verlängerung der Frist und Aus¬ stellung eines Passes; 2.) Um Beistellung eines Fuhrmannes und eines Faßziehers damit seine Habe zum Schiff gebracht werden könne. Er erinnert auch an die Klausel in seinem An¬ tellungsdekret, die besagt, daß bei neuerlicher Verfolgung der Drädikanten die Stadt die Kosten seiner Reise trage; 5.) Die 2000 fl an Besoldung, die ihm die Stadt noch schulde, bitte er ihm auszuzahlen oder wenigstens einen Teil von 400 fl, damit er seine „creditores“ zahlen könne; den Rest möge der Rat dann nach Regensburg schicken, wenn jemand mit einer Lieferung Scharsachstahl hinauskomme; 4.) Er bitte außer seiner Besoldung noch um eine kleine Belohnung für seine treuen Dienste durch 15 Jahre; 5.) Er bitte außer seiner Besoldung noch um eine kleine Belohnung für seine diese für den Winter ein Zimmer zuteilen und Obdach gewähren; 6.) Bittet um ein Deputat, bis er zu einer neuen Stellung käme. Am 1g. Oktober traf im Rathaus auch vom Drediger Hieronpmus Weixlberger ein Brief ein, in dem er erinnert daß er seit dem Ausscheiden seines Kollegen Tobias Schaidhauff auch dessen „Geschäfte“ geführt habe. Er bitte um Bezahlung, Belohnung und Beförderung.5) Der Vergleich mit dem Abschied des Pfarrers Lampel und seiner Kollegen im Jahre 1599 läßt eine größere Lebenstüchtigkeit, um nicht zu sagen Ge¬ schäftstüchtigkeit der protestantischen Geistlichkeit von 1624 erkennen. Es hat kein ein¬ ziger gebeten, eine Abschiedspredigt halten zu dürfen, keiner, wie Pfarrer Lampel den Wunsch geäußert, sich von seiner Gemeinde verabschieden zu dürfen So reisten bis Ende Oktober alle mit Hässen, Commendationsschreiben und, da weitere Bitten nicht erfolgten, wohl auch mit Belohnungen von Stepr ab. Selbst protestantische Offi¬ ziere des neu einquartierten Fußvolkes mußten abdanken und die Stadt verlassen.é) Schon vorher waren Verhandlungen der Dominikaner mit der Stadt wegen Uebergabe des Dominikanerklosters an den Orden geführt worden. Die Stadt weigerte sich entschieden, das Kloster ohne vorherige Bezahlung der Erbauungskosten (laut Ver¬ trag) seitens der Dominikaner zurückzugeben.?) Zur Verteidigung ihres Rechtsanspru¬ ches rief sie die Hilfe der Stände und des Landschaftsadvokaten Dr. Schwarz an, der ein Gutachten zu ihren Gunsten abgab. Der Orden verlangte auch die Rückgabe der Kirchengeräte, des Ornates und aller Bücher.s) Am 10. November wurde die Kirche den Dominikanern, die in Linz das Ende des Drozesses abgewartet hatten, übergeben und vom Abt von Göttweig neu geweiht. P Alexius ein Kapuziner, hielt die Dank¬ predigt. Die Stadt blieb jedoch noch weiter im Besitz des Klosters. 1) Jansen, Bd. 4, S. 445: Ausspruch Herzog Albrechts V. von Bapern: „warum soll solches nicht im Gegenspiele gehalten werden!“ 2)Rpr. 1624, S. 449. 3) Statthalter Graf Herberstorf, Dr. Georg Falb Abt zu Göttweig, D. Johann Spindlervon Hofeck und Konstantin Grudemann von Falkenberg. 4) St.=A., K. XI, S. 24, Nr. 1727. 5)Ebenda. Die Bitte um Bezahlung, Belohnung und Beförderung sprachen alle Drediger und Schullehrer aus. 6)Hetl, S. 35. 7 Rpr. 1624, S 295, 587, 8) Rpr. 1624, S. 410. 89

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