Steyr und die Glaubenskämpfe

Erbe ihrer Mutter an. Simon wurde Prädikant des Herrn Fenzl in Mulgenbach und Cosmas heiratete die Witwe des ehemaligen Bürgermeisters Colman Dorninger, wurde Ratsherr, Richter und später Bürgermeister. Wie man sieht, gab es kaum Hindernisse für einen Protestanten auch nicht, wenn er direkt aus der lutherischen Hochburg kamm und mit lutherischem Wissen ausgestattet war, in allen Ehren Einfluß, Ansehen und Reichtum zu erringen und zu vermehren. Wer sollte es auch verhindern? Die Waag¬ schale senkte sich stark zu Gunsten der Drotestanten. Die Bereitwilligkeit des Schul¬ meisters, alle Bürgerkinder in die Schule aufzunehmen und „omnibus pro sua con¬ scientia satisfacturum esse“,!) interessierte die Bürgerschaft kaum, und selbst die kaiserlichen Kommissäre waren machtlos und konnten, als sie am 27. November mit Abt Alexander von Kremsmünster und dem Abt von Garsten beim Rat von Stepr in Religionssachen intervenierten, keinen Erfolg erringen. Als sie die Bürger ermahnten, die Pfarrkirche zu besuchen und ihren wahren und gesetzlichen Hirten (pastor) zu hören erklärte der Bürgermeister im Namen aller — und keiner der so fürsorglich eingesetzten katholischen Räte protestierte dagegen — daß sie sich dadurch in ihrem Gewissen beschwert fühlten und nicht dazu gezwungen werden könnten. Die Kommis¬ säre verlangten die Schlüssel zum Fidlberg (Friedhof), weil dieser Grund wegen des Zehents einst zum Kloster gehörte, weshalb dem Abt erlaubt sei, diesen Ort für ihre Begräbnisse entweder zu verschließen oder diese zu hindern.?) Der Bürgermeister ant¬ wortete darüber hätten sich schon die Vorgänger mit dem Rat geeinigt und gesetzlich Durchgeführtes könne nicht leicht ungültig gemacht werden. Unverrichteter Dinge reiste die Kommission ab. Am 5. Dezember 1604 fand eine neuerliche Disitation in Garsten und Gleink statt.s) Abt Johann Wilhelm blieb unermüdlich in seinem Bemühen die Protestanten dem Katholizismus zurückzugewinnen. Am 12 Dezember sang er mit seinen Konven¬ tualen und Musikern in der Pfarrkirche die Rorate, am 21. Dezember in der Kapelle des Schlosses, obwohl dessen Bewohner fast alle Lutheraner waren.?) Am 28. Dezember kam es anläßlich der Ratswahlen zu einer Protestkundgebung im Rathaussaal. Der Rat wagte es wieder, gegen die Anwesenheit der kaiserlichen Kommissare, der Aebte von Kremsmünster und Garsten, zu protestieren. Im Saal wur¬ den unter den versammelten Bürgern Rufe laut: „Werft einige, besonders den Stadt¬ schreiber (Praunfalk, ein Katholik, von dem schon berichtet wurde), aus dem Fenster auf die Straße!“ Entrüstet verließen die Kommissare den Saal, den Rat ermahnend, seinen Mitbürgern Zügel anzulegen, um nicht des Kaisers Ungnade heraufzubeschwören; die vielen aufrührerischen Unruhen seien wohl verzeichnet. Die Wahl wurde dann am 5. Jänner 1605 durchgeführt und die Gewählten in ihre Aemter eingesetzt ohne Berücksichtigung der von den Kommissären bestimmten Kandidaten und obwohl die Kommissäre dagegen protestierten. Dieses eigenmächtige Vorgehen trug den Steprern einen Verweis des Landeshauptmannes ein.5) Landesverweser Hans Freiherr von Haim, Heggenmüllers Nachfolger von 1604 bis 1605 erließ ein Mandat gegen den Genuß von Fleisch im Quatember und das „Auslaufen“ nach Stadelkirchen oder Losensteinleiten; nur in der Stadtpfarre solle ge¬ tauft und geheiratet werden. Am 20. Februar wurde das Mandat verlesen; Lindner (S. 126) bemerkt dazu: „Wem es gefiel, der hielt es, die anderen kümmerten sich wenig oder gar nicht darum.“ Auch das Verhältnis zwischen Pfarier und Magistrat verschlechterte sich. Die Stadt forderte zur Tilgung einer Steuerschuld an Linz das Jahreserträgnis dreier Benefizien von 200 fl, eine Angelegenheit, die in den folgenden Jahren immer wieder verhandelt wurde. Die Folge war eine gesteigerte Gereiztheit des Pfarrers der hierauf sogar der Feuerpolizei den Zutritt zum Pfarrhof verwehrte, ihr die Nachschau in den Pfarrgebäuden verbot und später den Organisten bestrafte der die ihm vom Magistrat wegen dieser Widersetzlichkeit auferlegte Strafe bezahlt hatte. Allen Kirchenangestellten wurde bei drei= bis vierfacher Strafe verboten, in diesen 1)Lindner S. 121. 2) Dies war z. B im August 1605 der Fall. Die Leiche eines Katholiken konnte im versperrten Friedhof nicht begraben werden; eine Beerdigung in der noch nicht geweihten Margaretenkapelle gestattete der Abt nicht, so mußte die Leiche in dem all¬ gemeinenFriedhof des Klosters Garsten begraben werden. Pritz S. 255. 30 Darüber keine Berichte. 4) Lindner S. 125: „. was die damals sehr wenigen Natholiken sehr erbaute“. 5) Prev. S. 550. 76

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