Steyr und die Glaubenskämpfe

* Leute die sich wieder der katholischen Seche zugewendet haben, liefen Sturm gegen den Protestantismus. Verleumdung. Aufstand und Tumulte seien die Folge. Der Rat bitte alle redlichen Bürger, sich von Rebellion fernzuhalten. Sollte einer ein solches Vorhaben bei jemandem entdecken, sei es seine Pflicht, dies der Obrigkeit zu melden. Es sei ganz nach katholischem Grundsatz, denn wer sich gegen die Obrigkeit vergehe. ver¬ stoße gegen die Ordnung Gottes. Für die Protestanten wurde der Satz angeschlossen, wer sich gegen die katholischen Glaubensgenossen vergehe, solle bei Leib und Gut ge¬ 7 straft werden. Die landesfürstliche Obrigkeit dürfe nicht gereizt werden. Die prote¬ stantische Peirtei wurde über die Viertelmeister zur Ordnung gerufen. Besonders an die in Steprdorf und Ennsdorf wohnenden kleinen Handwerker, die fest an ihrem Glauben hingen, richtete sich der Appell. Einige Bürger und ledige Handwerksburschen hätten vor dem Rathaus Drohworte gegen das Reformationsdekret und die kaiserlichen Kommissarien ausgestoßen. Die Viertelmeister sollen alle Bürger zu sich fordern und ihnen solche aufrüherische Reden verbieten. Sie hätten in Frieden mit den Katholiken zu leben und ihre Religion nicht zu verachten. Mittlerweile bemühte sich die katholische Elite unter Führung des Pfarrers ihre Positionen auszubauen. Mitte Februar führte der Schulmeister mit Bürgerssöhnen die „Opferung Isaaks“ in Stepr und Garsten auf.!) Im April wurde mit Hilfe des vom Kooperator Johann Phaler gesammelten Geldes im Pfarrhof ein Bad errichtet Die Osterfeiertage verliefen ohne Störung. Die Zahl der Prozessionen war beträchtlich gestiegen. Am Sonntag Quasimodo fand eine Prozession von Garsten nach Steyr statt. ebenso am Feste Kreuzauffindung. Am Sonntag Exaudi ging eine Prozession nach Aschach, eine nach St. Ulrich und in die Stadt zu Pfingsten eine nach St. Ulrich (ca. eine halbe Stunde südlich der Stadt) und zusammen mit der Pfarre Neustift eine nach Garsten. Die Fronleichnamsprozession fand auf dem Friedhof statt, am darauffol¬ genden Sonntag führte sie durch die Stedt. Alle Feste des Kirchenjahres wurden sorg¬ ältig gefeiert. Messe und Seelsorge bestens durchgeführt. Bei Begräbnissen von Katho¬ liken wurde die gesamte katholische Bürgerschaft aufgeboten und anschließend vom Abt bewirtet.?) Redliches Bemühen leitete die katholische Geistlichkeit und doch war der Erfolg so gering, daß er kaum Bedeutung gewinnen konnte.s Die Bedrängnis durch die Türken mußte eine Lockerung der Zügel in der Re¬ 140 ligionssache zur Folge haben. Der befehlende Lendeshauptmann war nicht Löbl, seine Worte waren kraftloser, weil der unbeugsame Wille fehlte und auch von der Regierung aus die Schärfe nachgelassen hatte, denn diese konnte, zum Vorteil der protestantischen Sache, es sich nicht leisten, angesichts der Türkengefahr rigoros durchzugreifen und dadurch die Stände in Abwehrstellung zu vereinen, zum Nachteil der landesfürstlichen und kaiserlichen Forderungen. Daß Erzherzog Max am 11. Juni 1604 in Sterr die Messe hörte war zwar ein aufregendes Ereignis für die Bürgerschaft, änderte aber keineswegs ihre religiöse Einstellung, Im Herbst kehrten die Brüder Cosmas und Simon Mann aus Wittenbergzu¬ rück, wo Cosmas Jurisprudenz und Simon Theologie studiert hatte. Sie traten das 1)Lindner, S. III. Angeregt wurden diese Spiele vom Kloster Garsten, dessen Prior Sauter der in Graz studiert hatte im Verein mit dem Garstner Konventualen Dr. Kaspar Plauz (später Abt von Seitenstetten) eine Reihe von Schauspielen verfaßte. Dgl. Schiffmann S 44 u. 54f über den Einfluß der Spiele auf die Bevölkerung. 2) Lindner, S. 121. 3) Ein Erfolg ist nicht zu bestreiten. Die Zahl der Taufen war gestiegen. Ogl. Lindner S. 82 und Articuli reformationis circa sacramentum baptismi; dazu die Matricula baptisatorum ab anno 1602 usque ad annum 1656 im katholischen Pfarr¬ archiv Stepr: 1602 55 Taufen 1605 66 Caufen. Ebenso stieg die Zahl der Ebeschließun¬ gen protestantischer Bürger in der katholischen Stadtpfarrkirche, Ogl Lindner S. 160 und Articuli reformationis circa matrimonium. Dazu die Matricula conjugatorum ab anno 1602 usque ad annum 1700. Stadtpfarrarchiv Stepr. Oktober bis Dezember 1602 7 Ebeschließungen, 1605 40, 160g 45 Ebeschließungen. Ebenso war die Ohren¬ beichte wieder an die Stelle des protestantischen Gruppenbekenntnisses getreten. Ogl. Lindner S. 141 und Berger S 45 Die protestantische Sitte war vom Passauer Ordi¬ nariat in den Articuli reformationis circa sacramentum poenitentiae Kap. III, IV und XI scharf gerügt worden. Die hl. Kommunion empfingen zu Ostern 1606 über 100 Männer. (Ueber die Kelchbewegung ogl. Wiedemann II, S. 291.) Lindner, S. 141 und Articuli reformationis circa euchar. III. 75

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