Steyr und die Glaubenskämpfe

durch die Stadt und wurde, eingedenk der unangenehmen Erinnerung an die Markus¬ prozession des Jahres 160] unter dem Schutze des Rates abgehalten, der eine bewaff¬ nete Bürgerwehr stellte Der neue Landesverwese Heggenmüller, vormals Anwalt der Landschaft und Löbls Mitarbeiter (1602—1604) hatte dem Rat von Stepr und den Zechen die Teilnahme an der Drozession befohlen. Ungern und murrend fügten sich die Bürger. Als den Zechen aber zugemutet wurde, Leute zum Kerzentragen zu stellen lehnten sie trotz Bitten und Drohungen ab, obwohl sie durch Privilegien zur Teilnahme verpflichtet gewesen wären.!) Immerhin die Tatsache daß die Drozession in zeigt der Stadt vor sich ging, wenn auch diese größerem Umfange und unter Beteiligung zum Großteil nicht freiwillig erfolgte, daß sich eine Erneuerung im Geiste der Bürger¬ schaft anzubahnen begann. Es bietet das Bild einer Waffenruhe mit Friedensaus¬ ichten, wenn sich nach der Prozession der Abt von Garsten der Pfarrer, der Stadt¬ schreiber der Abt von Gleink und einige Konventualen auf Einlodung des hohen Hirsch Rates zu einem Gastmahl in das Haus des Bürgers Hierenpmus Hirsch begaben. Die war ein protestantisches Ratsmitglied und verließ 1628 Stepr als Emigrant. aber geistlichen und weltlichen Obriakeiten schienen sich also zu einigen ihre Anhänger die waren weniger friedliebend. Die Vorschriften für die Musiker der Stadtpfarre mit dem Siegel des Abtes versehen in der Schule aufgehängt worden waren, wurden mißachtet und schließlich zerrissen. Als sie erneuert wurden wiederholte sich dies. Am 19. Juni wurde der Kooperator Georg Spieß?) auf dem Wege von Gleink nach Steyr von Unbekannten überfallen, mit Ruten geschlagen und in die Enns geworfen. Ein Vorübergehender rettete ihn. Aber auch der Rat leistete sich am Feste des hl. Johannes einen kleinen Ausfall gegen den Pfarrer, als er die Johannisfeuer als „papistischen Brauch verbot.3) Lindner (S. 105) führt dies auf den Einfluß von Prädikanten zurück, vielleicht von Stadelkirchen oder Losensteinleiten. Am 6. Juli 1605 hielt Deit Spindler Salzamttmann und kaiserlicher Rat. in Gleink, Gorsten und Stepr eine Kommission, deren Gegenstand wie Lindner erklärt, nur denen bekannt war die dabei waren. Ob es sich nun um Verwaltungs= oder Reformfragen handelte, Tatsache ist, daß in dienstlicher Eigenschaft die Beamten des Kaisers leichter in einen Klosterbetrieb Einblick erhalten konnten, als die Abgesandten der eigenen Diözese. Im Dezember 1605 fanden zwei große Begräbnisse statt die kurz hintereinander Protestantismus und Katholizismus repräsentierten. Johann Straßer, ein neuadeliger Bürger, wurde lutherisch auf dem „Fidlberg“ begraben. Da Prädikanten fehlten er¬ setzten die Zechen die Feierlichkeit durch Gesang. Die Messerer sangen deutsche Lieder. Das protestantische Stepr versammelte sich bei einer Totenfeier. Einige Tage später wurde der Bürger Andreas Straus als erster nach feierlichem katholischen Brauch begraben.4) Am Stephanitag fand die Wahl für 1604 statt. Richter Wilhelm Copeindl und Bürgermeister Colman Dorninger wurden von den kaiserlichen Kommissären Landes¬ verweser Haim und den Aebten von Garsten und Kremsmünster, in ihren Aemtern wieder bestätigt.5) Prevenhuber stellt fest daß om Stelle der protestantischen Räte Adam Heinz Trissl und Hans Greiß Katholiken ernannt wurden, der Apotheker Forster, Königsdorfer Matthias Schützenberger, ein Garstner Beamter, und der Sebastian Ehrnwein.*) Auch für die Aemter wurden katholische Vorsteher ernannt. Lederer Zwei Verordnungen des Rates lassen eine gefährliche Spaltung in der Bevöl¬ erkennen.?) Bürgermeister Richter und der Rat wenden sich an die Bürgerschaft: kerung dem Schein der Religion seien Vorwürfe gegen den Rat der Stadt laut geworden. Unter 9Lindner, S 100 ff. St.=A., K. XI, L. 24, Nr 85, Schreiben des Abtes Wilhelman den Rat Der Lebenswandel dieses Geistlichen dürfte der katholischen Sache nicht sehr gewesen sein. 1605 kam er an die Stelle des wegen schlechter Aufführung zuträglich abgesetzten Pfarrers von Molln. Er trieb es aber noch ärger als sein Dor¬ vom Abt wurde 1607 auch abgesetzt worauf er sich als Lutheraner erklärte. Lindner S. 106. gänger 3) Es scheint fast als hätten die im Rat vertretenen katholischen und protestan¬ Bürger sich verabredet, daß einmal der einen, dann der amderen Partei freie tischen gelassen würde. Hand 4) Lindner S. 107. 5Lindner. S 109. 6). Prev. S.550. 7) St.=A., K. XI, L. 24, Nr. 1712 vom 12. Mai 1604 und vom 14. Mai 1604. 74

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