Steyr und die Glaubenskämpfe

standen worden waren verließen ihn bald; sie waren weder mit dem Rektor, noch mit dem kargen Lebensunterhalt den ihnen die Stadt bot, zufrieden. Nach einem Jahr gab auch Mag. Teuber den Kampf auf und legte sein Amt nieder. Auch Pfarrer Widersperger, der bis zu seinem Tode (am 27. August 1619) an den Folgen seiner Verwundung vom Markustage litt, versuchte von Stepr fortzukom¬ men. Sein Kirchendiener war Lutheraner, und als er ersetzt werden sollte, mußte der neue aus Linz geholt werden da von den Steprern anscheinend niemand dieses Amt übernehmen wollte. Der ständige Kampf mit den Leuten die ihre Kinder zur Taufe brachten, aber von Exercismen und Salbungen nichts wissen wollten, trieb ihn dazu sich um die vakante Ofarre in Waidhofen zu bewerben. Er wurde abgewiesen und erhielt dafür in Sterr drei sehr gute Benefizien, womit er sich — wie Lindner (S. 82) sich ausdrückt — „beruhigte. Das Jahr 1602, das letzte Lebensjahr des Landeshauptmannes Löbl, brachte keine Entspannung der Lage. Löbl erließ auf Befehl des Kaisers neue Datente,!) worauf die ersten Steprer Bürger Hab und Gut zusammenpackten, um nach Deutschland aus¬ zuwandern. Hieronpmus Händl einer der bedeutendsten Männer für die Wirtschaft und Verwaltung Steprs, Karl Elsenhammer ebenfalls Eisenhändler und Ratsherr, und Thomas Winkler zogen nach Regensburg, Hems Stauder nach Müntzbach. Am 17. Dezember 1602 wurde vom Abt von Garsten der Waidhofner Schul¬ meister Wolfgang Lindner als Rektor der Steprer Schule mit 200 fl Jahresgehalt angestellt.?) Er hat sich anscheinend nicht sofort nach Stepr gewagt da der Abt am 5. Feber 1605 seinen Dienstantritt verlangte, weil die zwar kleine, aber immerhin vor¬ handene katholische Gemeinde sich beschwerte daß Mag. Teuber allein singen müsse. Am 19. Feber traf Lindner mit seiner Familie von Waidhofen in Stevr ein. Sein Bericht stellt die Lage der katholischen Pfarre zu diesem Zeitpunkte dar. Er zog in die neue, auf dem Berg erbaute Schule. Er hatte keinen Gehilfen und sang ganz allein. Er berichtet über den großen Mangel an Kirchenliederbüchern; nur ein einziges großes Graduale, kein Psalter, kein Antiphonar, keine Messe oder Motette oder Magnificat sei vorhanden. Mühselig schrieb er das Notwendigste ab. Der Rat schaffte später einiges an. Für die Sänger waren keine Unterkünfte vorhanden. Am 2g. März— fünf Wochen nach seiner Ankunft in Steyr —stellte sich Lindner dem Rat vor. präsentierte seine Zeugnisse vom Kölner Kurfürsten, vom Waidhofner Rat und demFreisinger Pfarrer. Der Rat war zufrieden und ließ ihm durch den Kirchenvor¬ steher Matthias Tochlinger 30 fl übergeben. Die Österfeierlichkeiten sowie die Markus¬ prozession am 25. April. die im vergangenen Jahr nicht abgehalten worden war, ver¬ liefen ruhig und ungestört; vorsichtshalber war vom Maaistrat eine Wachmannschaft bereitgestellt worden. Katholisch wurden aber nur ganz wenige.3) Der Tod des Landeshauptmannes Löbl am 10. Oktober 1602 brachte das Re¬ formationswerk zum Stillstand Das „Auslaufen“ wurde wieder allgemein geübt und die Bürger ließen ihre Kinder in Stadelkirchen oder Losensteinleiten von dem Schlo߬ prediger taufen. Der weltliche Arm war schwach geworden und der kirchliche in Kom¬ petenzsachen gespalten und uneins. Der Bischof ordnete cm 6. Mai 1605 eine Disitation aller Pfarreien und auch der Klöster an; die Prälaten aber pochten auf ihre Privi¬ legien.4) Der Dechant von Gaspershofen der die Pfarren des Klosters Garsten visi¬ tieren sollte. durfte dieses nur als Besucher betreten in anderer Eigenschaft wurde er nicht eingelassen, denn dem Bischof wurde in spiritualibus das Disitationsrecht ab¬ gesprochen. Dadurch wurde dem Bischof der direkte Einfluß auf die Reformation der Klosterpfarren entzogen und diese als Soche des klösterlichen Pfarrherrn betrachtet.5 In Stepr lag sie auch so in guten Händen denn Garsten war wieder katholisch ge¬ worden. Die Fronleichnamsprozession des Jahres 1605 führte zum erstenmal wieder 1) Drev. S. 527. Bibl: Gegenreformation unter Rudolf II in Oberösterreich, S. 50g. Dgl. über die österreichischen Emigranten nach Deutschland unter Rudolf II., nach Ungarn und Siebenbürgern unter Ferdinand II. und Ferdinand III. Jahrbuch d. Drotestantismus, 7. Ihg., S. 85. 2)Lindner, S. 92. 3) Lindner, S. 95.Zahlen über den Zuwachs gibt Lindnen nicht an. 4)Lindner, 00. S. 5)Klöster wurden. nicht vom Bischof visitiert, sondern von ihren Ordensoberen, aber die als Pfarrer eingesetzten Mönche unterstanden dem Bischof. Codex iuris canonici. Can. 544, § 2. 73

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2