Steyr und die Glaubenskämpfe

Am 26. VIII. richtete der Rat ein neuerliches Schreiben an den Landeshaupt¬ mann mit der Bitte um Hilfe. Sterr forderte die Verordneten auf, sich für die durch die strenge Stellungnahme des Erzherzogs Ferdinand gefährdete Freiheit des Volkes einzusetzen. Im Stadtarchiv ist ein undatiertes Schreiben an Dassau, das die kirchliche Tage in Sterr der letzten Jahre darlegt und das Bedürfnis der Bürger nach Verkündung des Wortes Gottes in den Vordergrund stellt. Das Gotteswort aber nicht in steten sich widersprechenden Auslegungen, sondern in einer Kraft, die dem Volke etwas zu sagen habe und dem Glauben seine Leuchtkraft verleihe. Deshalb habe der Rat der Stadt seit Jahren Drediger zu den Fasten nach Sterr gerufen und es sei dies sowohl von Passau als auch vom Disitator Dr. Johann Faber erlaubt und gutgeheißen worden. Calixtus habe alle Erwartungen erfüllt und mit der Kraft seines Wortes so manche gebessert, die bereits der neuen Lehre zuneigten. Die Zitation und das Mandat habe unter dem Volk. große Wirrsal hervorgerufen und es sei damit nicht einverstanden. Rat und Bürgerschaft baten. Calixtus zu belassen und betonten immer wieder daß er nichts als das lautere Gotteswort gepredigt habe. Ein neues Schreiben Erzherzogs Ferdinand vom 27 l. 1527 an Bürgermeister Richter und Rat der Stadt Sterr befahl, Calixtus müsse sich stellen,Stepr sofort ver¬ lassen, der Rat der Stadt trage die Verantwortung. Mittlerweile hatte Calixtus Leidensgefährten erhalten; Peter Fredengast, Sigis¬ mund Wunder und der Dikar von Linz (nirgends mit Namen genannt) waren ebenfalls nach Dassau zitiert worden. pFredengast, Laienpriester in Stepr, war zur selben Zeit wie Calixtus und aus demselben Grunde bei Erzherzog Ferdinand verklagt worden. Da in einem Brief des Rates an Erzherzog Ferdinand vom 26. IV. 1527 behauptet wird daß Fredengast sich in Stepr nur kurze Zeit aufgehalten habe ohne als Lehrer oder Drediger aufzutreten, muß er wohl in Privathäusern seine Ansichten vorgetragen oder auch, wie es bei den Wiedertäufern üblich war, gepredigt haben und zwar im Sinne der Ideen des Calixtus. Sigismund Wunder, Arzt und Lehrer der griechischen und hebräischen Sprache, bat, als er 1526 nach Stepr kam den Rat, diese Sprachen in Sterr neben seiner ärzt¬ lichen Draxis unterrichten zu dürfen, da ohne diese Sprachen niemand das Wort Gottes verstehen könne. Auch wollte er die Bibel aus dem Grund der hebräischen Sprache ex¬ plizieren und St. Paulum aus dem Griechischen lesen. Es wurde ihm gestattet.! Czernp weist darauf hin, daß Humanisten damals leicht zu Theologen wurden,?) im kleinen sicher ebenso wie im großen; als Beispiel greift er den Reuchlinschen Streit mit den Kölner Dominikanern heraus, der für die Grundsprache der Bibel die Aufmerksam¬ keit erweckte. Er erwähnte auch Euricius Cordus in Erfurt, der seine Praxis als Arzt aus¬ übte und daneben Vorlesungen an der Universität hielt über Luthers Glaubens¬ erneuerung.3) Mit solch einer Tätigkeit wird Abt Pankraz ebensowenig einverstanden gewesen sein wie mit der Dredigt des Calixtus. Die Mißstände an der Pfarre Linz hatten schon oft zu Klagen der Stände An¬ laß gegeben. Die besten Einkünfte strich der Oberpfarrer ein und verzehrte sie an andern Orten (Linz war eine Pfründe für Hasseuer Domherrn). Die Seelsorge wurde ver¬ nachlässigt; ein Dicar versah den Pfaridienst gegen den dürftigsten Lebensunterhalt. 4527 war Dalentin Freisinger Oberpfarrer. Sein Vicar wird von den Ständen stets nur „Dicari des würdigen Dalentin Freisinger Kirchherrn der Pfarre Linz“ genannt. Im Juni 1526 wurde der Oberpfarrer an Stelle seines widerspenstigen Dicars nach Passau berufen, um darüber Aufklärung zu geben, daß sein Vicar unchristliche Lehren predige und auch sonst ungehorsam sei. Die zur Taufe der ersten Tochter des Erzherzogs Ferdinand in Linz erschienenen Ständeverordneten beschlossen sich der Sache anzu¬ nehmen. Der Administrator wies ihre Bitte zurück, worauf sie sich an Erzh. Ferdinand wandten.4) 1) Prev. S, 229. 2) Czernp S. 26 ff. 3) Hagen: Die deutschen religiösen und literarischen Verhältnisse im Reforma¬ tionszeitalter I. Bd., S. 464. 4)Landesarchiv Linz, AktenstückeBd. I. Entwurf einer Antwort derStände, Linz, 5. IX. 1526. Darin bitten Herren, Ritter und Städte um Freigebung des Gottes¬ wortes. 21

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