Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft Dezember 1950

Betrachter nicht leicht mac£)en; sie fordern ein fleißiges Auge, ein geruhsam sich ihnen hingebendes Denken und sind nicht so ohne anstrengende Teilnahme abzulesen wie etwa ein Bildwerk der italienischen Renaissance. Dafür tasten sie tief in seelische Bereiche vor und entlassen den aufgeschlossenen Betrachter niemals, ohne ihm neue innere Werte mitgegeben zu haben. Auch verlocken sie dazu, immer wieder zu ihnen zurückzukehren, weil sie sich nicht einer ersten Bekanntschaft mit ihnen voll erschließen, sondern mit jedem Male der Wiederkehr bisher Verborgenes zu schenken haben. In diesem Umstande liegt zugleich die Berechtigung, über Kunstwerke dieser Art zu sprechen. Denn der Laie ist selten geneigt, sich die Voraussetzungen für das völlige Ausschöpfen so unnahbarer Schöpfungen zu erarbeiten, weswegen er sich gerne einer Führung anvertraut, die das für ihn besorgt und auf eine den einzelnen Kunstwerken angemessene Weise mit ihnen bekannt macht. Handelt es sich gar um Kunstwerke, die schwer zugänglich sind und der Aufmerksamkeit leicht entschlüpfen, die zudem einen hohen heimatkundlichen Wert darstellen, so ist die Absicht, sie einem größeren Kreise zu vermitteln, wohl entschuldbar. Das Sakramenthausgitter der Stadtpfarrkirche zu Steyr darf zu jenen nur wenig bekannten Kostbarkeiten gezählt werden, die es wohl verdiene», ausführlich und liebevoll betrachtet zu werden. So unscheinbar diese Arbeit aus spätgotischer Zeit dem flüchtig darübergleitenden Blick zunächst erscheinen mag: die nähere Bekanntschaft damit führt zu einer Fülle verborgener Schönheiten, die fast gebieterisch fordern, daß man sie aus ihrer Verborgenheit löse. Und so möge denn diese kleine Studie Gelegenheit geben, mit einer besonders liebenswerten Schöpfung unserer Ahnen bekanntzumachen.

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