Veröffentlichungen des Kulturamtes, November 1950

Zur Geschichte des Steyrer Sanitätswesens im 16. Jahrhundert Von Direktor Josef Ofner. Zu allen Zeiten waren die Menschen um die Erhaltung ihrer Gesundheit besorgt. Vor allem in Städten, wo ihre Wohnungen gedrängt beieinander lagen und daher ansteckende Krankheiten rasch um sich greifen konnten, waren besondere sanitäre Maßnahmen notwendig. Aus- diesem Grunde finden wir in größeren Siedlungen frühzeitig Spitäler, Siechenhäuser und andere Wohlfahrtseinrichtungen für Arme, Kranke und Pfründner. Zu den ältesten Fürsorgeanstalten dieser Art im Lande ob der Enns zählt das uralte Bürgerspital zu Steyr, das nach dem Brande 1302 die Gemahlin Albrechts I., Königin Elisabeth, wieder aufbauen ließ und 1313 mit einer Reihe von Stiftungen bedachtes. Es bestanden in diesem Jahrhundert in der Stadt schon BadestubenH, es gab ein SondersiechenhausH und eine Bruderschaft, die sich der notleidenden Fremden annahm, die Elendzeche^). Die Heilkunst, damals wohl noch weitab von gründlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen, wurde an den Universitäten zu Montpellier, Paris, Bologna, Padua und Salerno gelehrt. In den deutschen Hochschulen errichtete man erst zu Beginn des 15. Jahrhunderts medizinische Fakultäten^. Jedenfalls übten auch in der reichen Eisenstadt schon in diesem Jahrhundert akademisch gebildete Aerzte ihre Kunst aus und es besorgte ein Apotheker die notwendigen Heilmittel. Doch sind hierüber bis jetzt keine besonderen Nachrichten bekannt geworden. Erst die Archioalien aus dem folgenden Säkulum gewähren Einblick in die sanitären Verhältnisse. Sie erzählen von Aerzten, Apothekern und Badern. Zahlreiche Vertreter des ärztlichen Standes waren Anhänger des Humanismus, jener geistigen Strömung, die, von Italien kommend, um 1500 auch bei uns Eingang fand. So hielt mit der Reformation der Arzt und Humanist Dr. Siegmund Wunder seinen Einzug in Steyr. Man wußte nicht, woher er kam, er war 1526 „plötzlich" da. Der Rat bewilligte ihm nicht nur die Ausübung der ärztlichen Praxis, sondern gestattete ihm auch „die hebräische, griechische und lateinische Sprache, ohne welche die ersten beiden das Wort Gottes nicht möge gründlich verstanden werden, öffentlich zu lehren und die Bibel aus dem Grunde der hebräischen Sprache und St. Paulum der griechiArzt im 16. Jahrhundert Randzeichnung von A. Dürrer aus dem Gebetbuch Kaiser Marimimilians

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