Robert Stumpfl - Das alte Schultheater in Steyr

82 bei Innenszenen zu vermeiden waren („Nabal", „David und Goliath"); er mußte die meist zu geringe Personenzahl seinem Schülerstande anpassen, woraus vielfach die eingeschobenen Episodenfiguren zu erklären sind. Moralisch anstößige Stellen mußte der Schulmeister natürlich entfernen (vergl. „Grysel" I. Akt), das Pädagogische stärker betonen. Die „dichterische" Arbeit beschränkte sich dann auf Ausfüllung von Lücken, Verbesserungen in der Motivierung (was mitunter zu störenden Wiederholungen führt), und nicht zuletzt: „Reinigung" von Sprache, Metrum und Reim. Mehr oder weniger fremde dialektische Ausdrücke und Wendungen mußten ausgemerzU"), Silbenzählung und stumpfer Reim strenger eingehalten werden. Dabei folgt Mauritius natürlich der silbenzählenden Technik. Von diesem Gesichtspunkt aus ist er verhältnismäßig kein allzu schlechter Metriker, doch scheut er mitunter nicht davor zurück, mehrsilbige Worte durch Elimination der Vokale in Einsilbler zu verwandeln. So findet sich z. B. im Prolog des „Ezechias" der Vers: Da er obrd Sünd der Menschen klagt . . . (obrd' — einsilbig für „ober die".) Als einsilbig müssen wir auch Vergewalti ­ gungen, wie „vnsrm" (unserem) oder „in dr" (in der) usw. hinnehmen. Ähnlich verfährt er bei den Reimen, die unbedingt stumpf sein müssen (z. B. kommn — einsilbig für kommen usw.). Bis auf ganz wenige Ausnahmen bedient er sich in den Komödien ausschließlich der achtsilbigen Reimpaare; wo die Vorlage davon abwich (z. B. Chryseus, Haman III, 4), hat er sie eigens dahin umgearbeitet. Mauritius' Stärke liegt jedoch — wie schon hervorgehoben — in einer für jene Zeit ungewöhnlichen Charakterisierungskunst. In zahlreichen Nebenfiguren hat er eine Reihe äußerst gelungener Typen geschaffen, denen es nicht an wir ­ kungsvoller Komik fehlt. Auch hat er auf die psychologische Durchdringung der Hauptfiguren beachtenswerte Mühe verwendet. Dieses starke Interesse am Schau ­ spielerischen leitet bereits zur Epoche der Komödianten über, von denen freilich Mauritius kaum etwas wußte. Für geschlossenen, dramatischen Aufbau zeigt Mauritius weniger Verständ ­ nis. Seine selbständigeren Stücke zerfallen vollends in lose aneinandergereihte Einzelszenen (Schulwesen). Auf eine Unterteilung der Akte in Szenen hat M. übrigens verzichtet. Prolog, Argumentatoreu (für die ganze Komödie sowie für jeden einzelnen Akt) und Epilog nehmen ungefähr denselben Platz ein, wie in Brunners Dramen, doch wechseln die Namen (Erenhold, Heroldt usw.). Mit Vorliebe streut Mauritius bei jeder Gelegenheit sprichwörtliche Redensarten in den Dialog ein, was stellenweise den trockenen Ton an- E) Ähnlich hat Schmeltzl die Comedia des verlorenen Sons „auff österreichisch teutsch gcricht".

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