Robert Stumpfl - Das alte Schultheater in Steyr

81 aus^o); er hat die verschiedenen Charaktertypen teils verbessert, teils neu ge ­ zeichnet und überhaupt die Handlung überall psychologisch ausgebaut, was auch Laserstein nicht übersehen hat: „Die Monologe, die Griseldis unmittelbar nach den Prüfungen in den Mund gelegt werden, beschäftigen sich zum erstenmal in einem Griseldis-Drama mit dem Seelenzustand der Frau" (a. a. O. S. 82). Im Argument erzählt Mauritius, um die Griseldissage glaubhafter zu machen, als Parallelfall die Geschichte der Libussa: Wie der weitberühmt Historicus Beschreibt Aeneas Sylvius, und fügt hinzu: Wenn man eh dran hett gedacht Solls auch sein in d' Comoedi gbracht. Vielleicht hat er an eine Dramatisierung des Stosses gedacht. 1611 wurde die Sage von Libussa von den Jesuiten in Wien dramatisch dargestellt; das zweitägige Spiel führte den Titel: „8. iVlattüius in 8cRurcm sivs 8. iVluttlnuo spostoli cls unEoniea snporstitions utM6 stlrinau perkickiu in 8eIiur6U klsAni Uoüsiniao inonts troptiaeum." Gesamtwürdigung. Überblicken wir das dramatische Schaffen des Mauritius, so tritt er uns vorwiegend als Bearbeiter fremder Stücke entgegen. Ihn deshalb einen Plagia ­ tor zu nennen, ginge jedoch zu weit. Ursprünglich mag der Steyrer Rektor die Drucklegung seiner Bühnenbearbeitungen gar nicht geplant haben; erst nach dem Verlust seiner Stelle hat ihn vermutlich finanzielle Not dazu getrieben, und indem er die Komödien vermögenden österreichischen Gönnern widmete, dürfte er nicht geringe Summen dafür (als „Verehrungen") erhalten haben. Übrigens konnte er, nach den Anschauungen seiner Zeit, die ja ein ausgeprägtes literari- sches Eigentumsrecht noch nicht kannte, die Komödien ruhig als sein Eigentum betrachten, nachdem er mit größter Mühe und Sorgfalt Vers für Vers über ­ arbeitet und durch Erweiterungen den Umfang mitunter auf das Doppelte ge ­ bracht hatte. In erster Linie ist seine Leistung vom Standpunkt des Regisseurs zu werten: Er mußte Stücke mit Simultantechnik für seine Renaissancebühne einrichten, wo- Ähnliche dramaturgische Bearbeitungen waren im XVI. Jahrhundert gar nicht selten; so wurde z. B. 1585 im sächsischen Annaberg Susanns, 6omosäia sx X^sti Sstulssi st Vrisebliui clramatibus in uuum ooutrsota latiuo Mrmsuioogus iUiomsts publios gespielt (Fr. Sträum er, Eine deutsche Bearbeitung des „Selbstpeinigers" des Terenz aus dem XVI. Jahrhundert, Progr. Chemnitz 1888, S. 7). 6

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