Steyrer Tagebuch Nummer 18, Februar/März 1984

20 ~tergebirge jGUTACHTEN Beschlußfassung durch die Landesre– gierung in den nächsten 14 Tagen ge– plant. Land der Berge stirb dem Strome Land der Banken - nicht der Dome . Nur die Hämmer zukunftsreich! H~imat bist du braver Söhne, die zerstören alles Schöne. Pflichbewußt für Österreich, pflichbewußt für Österreich. Fortschritt ist das Wichtigste! An den Fortschritt muß sich alles an– passen, auch die Bundeshymne. Es fragt sich nur, wem wir diesen Fortschrit verdanken. Nun - das steht ja schon in der Neufas– sung der Hymne. Wir verdanken ihn dem P~lichbewußtsein der braven Bürger , die entweder sowieso ihre Ruhe haben w~llen, oder vor irgendetwas Angst haben, die aber auf jeden Fall ihr Maul halten . Der Vorwurf des Desinteresses trifft die Leute selber, daß sie Angst haben aber, ist nicht nur Feigheit, es ist leider heute vielfach berechtigt. Wir sind ja allem . o . w, abhängig, ver– letzbar, bestrafbar, erpressbar . Wir sind auch manipulierbar, und an unserem Falsch-; Halb- oder Nichtwissen oft nicht selber schuld . Man hält uns in Unwissenheit und Ab– hängigkeit, man hält die Masse für dumm und passiv, und die kleine aktive Minderheit für harmlos, weil machtlos . Wer ist "man"? Das sind die Politiker die verdienen, besser die wir uns ver~ dient haben, die armseligen Auswürf– linge widerlicher anonymer Maschinerien die wir vor unseren Augen so mächtig ' werden ließen, daß sie heute das ganze Land wie ein schleimiger Schimmelpilz durchdringen, und mit ihrem Gift be– herrschen. Politische Passivität- eine Tugend durch Jahrhunderte in der Monarchie , eine Vor r aussetzung fürs überleben in der Nazi - Zeit , eine praktische alte Gewohnheit im blinden Fortschritts– taumel des "~Jiederausbaus." - • • • • die sie rief, die Geiste r, weräen wir nun nicht los. Egal , ob wir die Politiker, die wir haben, auc h heÜte noch verdienen - immmer mehr Leuten kann man ja auf– grund ihrer Abhängigkeit und Macht– losigkeit gar nichts mehr vorwerfen - sie üben ihre Macht , die Macht , der hinter ihnen stehenden Apparate, hem– mumgslos aus : BEISPIEL REICHRAMINGER HINTERGEBIRGE Es w.ird hier offensichtlich, daß _ man uns für saudumm bzw . für machtlos - hält; über den moralischen Wert der Handl ungen der Politiker enthalte ich mich der Aussage . Der Naturschutzbund forderte ein Gut– achten über den Kraftwerksbau, die Landesregierung stellt ihm Geld dafür zur Verfügung (allein kann so ein Verein ja nicht S 300 . 000 bezahlen) und man erging sich allgemein in Lobes– reden über den leitenden Wissenschaf– tler, Prof. Wolkinger aus Graz . Vor einem guten halben Jahr wurde die Be– deutung seiner Arbeit von unseren Landesfürsten genauso herausgestriche~ wie von der Ennskraftwerke AG. Die Zeitungen waren voll von derartigen Aussagen und den Kraftwerks- gegnern wurde schon Angst und bange, sie konnten sich's zwar gar nicht vor– stellen, begannen aber doch zu be– fürchten , daß das Gutachten für sie schlecht ausgehen werde, da es gerade von denen zum schicksalsentscheidenden Sd ,iedsspruch hochgejubelt wurde, die sich bisher als zähe Betreiber der Betonvariante für das langgeplante Naturschutzgebiet erwiesen hatten . Eine mögliche Erklärung für dieses paradoxe Verhalten wäre , daß man da– mäls noch fest vom Erfolg einiger Pilgerfahrten überzeugt war, die die EKW nach Graz hinunter unter– nahmen . Bald aber verwandelte sich das Bild . Man besann sich darauf, daß ja eigent– lich der Naturschutzbund das Gutachten gewollt hatte, und siehe da, im Ver– lauf von wenigen Monaten wurde aus dem Warten auf das entscheidende Urteil das lästige Abwarten einer nebensächlichen Studie, die mit dem Amtsweg überhaupt nichts zu tun hat, die eigentlich nur das Privatvergügen eines \iereins wa-r und nach deren Herauskommen man das · Kraftwerksprojekt endlich mit Schwung anpacken wollte . Jetzt übertreib ich aber, oder? Leider nein! Als erstes Mitglied der Landesregierung

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