Steyrer Tagebuch Nummer 10, März 1983

6 Lokales Der Kommentar zur Gemeindepolitik Wer fähig ist , aus dem Getöse , das Parteien und Interessensvertretungen um das machen , was sie für den jeweils eigene Vorteil halten , die wichtigen e l dungen herauszuhö r en , er - fährt fast täglich neue und zusätzliche ka ta– strophennachrich ten . Jährend Wissenschafter und Aufmerksame vor wenigen Jahren ausge– lacht wurden , wenn sie vor unvorstellbarem Waldste~ben , Trinkwas s erverseuchung und Ar– beitslosigkeit warnten - heute sind diese Probleme Thema de r Lippenbekenntnisse von Politikern und anderen Persönlichkeiten al – ler Parteien, - und spätestens , wenn es zu spät sein wird , werden auch Taten folgen . Die konkreten Vorschläge zur Reaktion auf die heutige Situation bleiben aber trotz al – lem im Althergebrachten . Das zeigten auch wieder die im Amtsblatt abgedruckten Reden von Bürgermeister Weiss und Generaldir .-Stv . Feichtinger anläßlich des Jahreswechsels . Statt sich grundsätz lich mit den Proble - men für die Beschäftigung auseinanderzuset– zen , die sich aus den Grenzen der möglichen Umweltbelastung , der fortschreitenden Rati o– nalisierung von Produktion und Verwaltung und der teilweisen Sättigung von Mä rkten zB . deshalb ergeben , weil einerseits vor allem junge Menschen zunehmend andere als rein ma – terielle Werte wichtig nehmen , andererseits die Politik der reichen Läoder noch nicht be– reit ist den Armen wirksam zu helfen - statt auf diese Auseinandersetzung setzt Weiss auf die Fortsetzung von Subventionspolitik und Ansiedlung von Großkaufhäusern . Nicht wie beim Verbrauch von Trinkwasser ge – spart werden könnte , - etwa durch Errichtung getrennter Nutzwasserleitungen für andere Ver– wendungszwecke- wird untersucht , sondern man setzt auf die Erschließung immer neuer Brun– nenfelder . Das ist langfristig nicht billiger aber die Umweltsituation in der noch relativ bevorzugten Steyrer Umgebung kann sich weiter verschlechtern . Dazu paßt , daß weder die Pendlersituation kri – ti sch betrachtet , noch nach neuen regionalen Verkehrskonzepten gesucht wird , sondern daß sich Bürge rmeister Weiss nur darüber beklagt , daß ·sich keine Bürgerinitiative findet , die massiv seine Wünsche nach mehr Beton im Steyr– tal unterstützt . Dazu paßt auch die Erregung zusätzlichen Autoverkehrs durch den vierspu– rigen Ausbau der Haratzmüllerstraße durch die BMW- Stadt Steyr . Und genauso gehört dazu die Entschuldigung einer hausbacke en Fremdenverkehrswerbung für das Fehlen einer Autobahn bis direkt vors Kul – turdenkmal . Allein in der Wohnbaupolitik dü rf te die nicht zu vertuschende Auswegl osigkeit zu einem grundsätzlicheren überdenken führen können . , Während es einem 1teiss du rch seine kla- re Sprache erleichtert , sich mit seinen Vorstellungen auseinanderzusetzen , spricht Feichtinger in Rätseln und macht dazu Ne- bel mit betriebswirtschaftl i chen Floskeln . ( "Und nur dann , wenn jeder sein Bestes gibt , sind wir in der Lage , die vor uns liegenden Aufgaben zu meistern ") . Für alle dürfte damit die Erhöhung der Reallöhne gemeint sein , fü r viele wohl auch der Ar– beitsplatz . Fehler des Managements werden woh l ange– deutet aber nicht ausgesprochen , etwa wenn Feichtinger meint , daß es "Manch– mal schwer ist , den Forderungen des Ver– kaufs , der wieder nu r die Forderungen des Ma rk tes weitergibt , gerecht zu werden ", oder wenn die zusätzli che Be l astung durch hohe Entwicklungskosten für 1983 beklagt wird , was nur auf Versäumnisse in der Vergangenheit hinweisen kann . Diese wortreich übergangene Hilflosig– keit gegenüber den echten Problemen müß– te uns wirklich besorgt machen und immer wieder zu unbequemen Fragen an die Ver– antwortlichen anregen . . • Politik im BG-Steyr r . k . Meine Tochter ist EG- Schülerin in der Ober– stufe . Vor einigen Wochen kommt nun meine Tochter zu mir , schiebt mir einen Zette l zu und sagt : "Paps , ich brauche deine Unter - schrift . Der Professor will, daß du zur Kenntnis nimmst , daß am Freitag zwe i Stunden entfallen , warum weiß ich nicht genau . 11 • Nun ich l ese diesen Zettel und komme zum Schluß , daß die Lehrenden e ine Aktion star– ten um ihre Gehaltsforderungen durchsetzen zu können . Ich bin etwas erstaunt , daß die Verfasser (keine UNterschrift) des - Zettels mit leicht verständlichen Worten erklären , daß sie für die Erreichung ihrer Forde run– gen "kämpfen " wollen . De r Zeitpunkt ist gut , die nächsten Wahlen stehen vor der Tür und somit kann die For– de rung vielleicht durchgebracht werden . Ich bin l eicht verärgert , daß die Professoren ihre Ziele am Rücken der Schüler austragen wollen und schreibe folgende Zeilen unter meine Unterschrift :

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