Steyrer Tagebuch Nummer 7, Dezember 1982

20 Hintergebirge sGhaft totgeschwiegen . Im Gegenteil, OKA– General Wenzl trieb die einschlägige Pole– mik in besagter Diskussion auf die Spitze: "Es gibt keine Biologen, die die Vogelpara– diese bei den Innstauwerken bei Braunau nicht kenn~n - sie sind europaweit bekannt : vorher hat s dort nichts gegeben!" Motto : zerstört wird nichts , im Gegenteil- Kraft– werksbauten schaffen idyllische Naturre– servate! Diese Verzerrung und Verharmlosung · wird a~ch beim Hintergebirgsprojekt prakti– ziert . Sowohl Multifunktionär Wenzl als auch EKW - Direktor Eilmansberger bezeich– neten sich sinngemäß als Wohltäter filr die Bewohner des Ennstales . Arbeitsplatzschaf– fung und Fremdenverkehrsbelebung werden an– gepriesen wie Brot und Spiele . Der Speicher wird zum idealen Badesee hochstilisiert . Eine verkehrstechnische Erschließung soll dann auch der breiten Masse ·zugang zu einem Gebiet ermöglichen, das "wirklich wert ist kennengelernt zu werden" (Eil– mansberger) . Bis jetzt war es durch All– gemeines Fahrverbot nur wenigen "Privile– gierten" vorbehalten das Hintergebirge kennenzulernen, weil sie sich die Mühe machten, dorthin zu wandern . ( ~ .• diesen Egoismus, daß man sagt, · nur derjenige, der es sich leisten kann zehn Stunden zu mar– schieren und alle anderen sind ausgeschlos– sen, ich glaube , diesen Egoismus dürfte man nicht propagieren!" - Eilmansberger). In ein bisher verkehrsfreies, von Menschen und Ver~chmutzung nahezu un– berührtes Gebiet, sollen nun Fremden– verkehrskommerz und Blechlawine Einzug halten, angelehnt an das, in unseren Augen scheußliche, Vorbild Klaus. Erlaubt sei die Frage, wie sich Badesee und Bootsvermietung mit einer eventuellen Trinkwasserentnahme vereinbaren lassen . Im Verlauf der Diskussion verwickelten sich die Befürworter in eine Anzahl von Wider - sprüchlichkeiten, die jedoch seitens der, wie schon erwähnt, schwachen Gegner nicht aufgegriffen wurden . So war es der E-Wirt– schaft ein leichtes, an den Kernfragen vor– beizureden und wichtige Teile des Projektes ganz zuverschweigen - z . B., daß durch die Ausleitung des Laussabaches dessen Wasser-· menge von 6 Kubikmeter/ Min . auf 200 Liter / Min. reduziert werden soll. Auf der Pro-Seite waren ausnahmslos Leute, die entweder an der Elektrizitätspro - duktion verdienen, oder solche, die durch ihre Ansässigkeit'i:in einer der betroffenen Gemei.nden mittels des Zuckerls Arbeits - platzsicherung delegiert worden waren , Leute aus den unteren Einkommensgruppen, die von den mächtigen Oberen in unnachahm– licher Weise als Argumentationsverstärker eingeschleust worden waren. Neben Gerüch- ten, daß Bauarbeiter der Firma Zwettler zum Kommen vergattert worden sind, ist bekannt, daß Personentransporte aus dem Ennstal mit 9KA - Bussen durchgeführt wurden, daß die Gemeinde Großraming Ortsansäs sigen die Fahrtkosten bezahlte, und daß Belegschafts– mitglieder der Firma Bernegger zwei Tische im C?sino 1 besetzten~ .. - · womit wir bei den Arbeitsplätzen, dem in de~ Bevölkerung zug– kräftigsten Argument, angelangt wären. Demagogisch glä,zend heraufbeschworen, geisterte des Gespenst einer Arbeitslosig– keit im Ennstal durch die Reihen . Bau /Holz Gewerkschafter Wipplinger führte sogar Be– völkerungsabnahme ins T~effen . Alleiniger Retter auf weiter Flur : Die E-Wirtschaft! "~r ( ... ) investiert überhaupt da drinnen, in dem Gebiet? Der Staat ist bankrott, die Betriebe haben kein Geld·, das Land hat kein Geld . Sind wir doch froh, daß die E-Wirt - schaft investiert!" - Nußbaumüller, Gewerk– schaft Bau/ Holz, Weyer Land . ' Die konkreten. Zahlen belaufen sich auf zwei hundert bis dPeihundert Arbeitsplätze über drei bis vier Jahre die OKA - Betriebsrat Kellermeier nannte, während Gewerksehafter Wipplinger die voraussichtliche Bauzeit mit sechs bis acht Jahren veranschlagte. EKW •- Direktor Eilmansberger schränkte allerdings schon im Eingangsreferat ein: 11 Wir können selbstverständlich, das werden Sie verstehen, eine hundert Meter hohe Staumauer nicht von örtlichen Bau - firmen bauen lass-en, aber wir werden dafür sorgen, daß diese heimischen Firmen mit eingeschaltet werden:" Wieviel von den 1,6 Milliarden Schilling Baukosten wird dann wirklich dem Arbeitsmarkt dieser Re– gion zugute kommen? Die großspurig ange - kün~igte Strukturverbesserung im Enns~al dürfte jedenfalls nicht eintreffen . Da lassen sich die Leute mit dem "bescheide– nen Wohlstand" (Großverdiener Wenzl) ganz gehörig verschaukeln . Noch ein wenig vom Zahlenpoker : Dipl . Ing . Eilmansberger "verlängert" die Gesamtflußlänge im be - troffenen Gebiet auf 330 Kilometer, wovon "zehn, im höchsten Fall fünfzehn Kilometer für den Kraftwerksbau" herangezogen werden, in der an alle Haushalte von Großraming, Reichraming und Weyer Land kostenlos ver– sandten, seriös aufgemachten .P~qjekt - informationsbroschüre der EKW ist die Ge - samtflußlänge mit ~l80 Kilometern ausgewie– sen, von denen zwanzig Kilometer bean - sprucht werden sollen . ( Seite 24! ) . Übrigens: Wir zahlen alle mit! Die OKA ist ein öffentlicher Betrieb mit Offen - legungspflicht im Besitz des Landes Ober– österreich, als dessen Bewohner wir nicht nur zahlen, sondern uns auch als Miteigen– tümer fühlen dürfen! bm + mp

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