Kritische Anmerkungen zum Historisch-topographischen Handbuch der Wehranlagen und Herrensitze OÖ

21 durchgeführt. Es handelt sich durchwegs um kleine, eingeschoßige Gebäude, die sich an Altstraßen, manchmal etwas außerhalb der jeweiligen Ortschaften, befinden. Diese „Hochhäuser“ weisen in der Regel keine Sitzqualität auf. Baumerkmale eines adeligen Sitzes, wie etwa Festes Haus, Wassergraben oder Teichanlage, fehlen völlig. Ebenfalls in großer Anzahl angeführt sind die sog. Sedelhöfe. Es handelt sich um steuerbefreite Gutshöfe, die sich im oö. Innviertel (amtliche Bezeichnung: Innkreis) befinden, das bis ins Jahr 1779 zu Bayern gehörte. Die Sedelhöfe weisen üblicherweise keine Sitzqualität auf, daher erschien es nicht sonderlich sinnvoll zu sein, sich intensiv mit diesen Gutshöfen zu beschäftigen. Eine weitere »bayerische Besonderheit« sind die im oö. Innviertel häufig anzutreffenden Hofmarken. Allein im Braunauer Raum sind sieben solcher Anlagen urkundlich belegbar. Es handelt sich um eine bis ins 11. Jhdt. zurückreichende, meist erbliche Form räumlich begrenzten adeligen Grundbesitzes, verbunden mit niederer Gerichtsbarkeit. Mittelpunkt und Verwaltungszentrum bildete ein ebenfalls als Hofmark bezeichneter Landhof. Von diesen Hofmarken sticht das Objekt von Moos (Peterfeld) in der Ortsgemeinde St. Peter am Hart besonders hervor, da das heute denkmalgeschützte Erdwerk („Hausberg“ laut Bundesdenkmalamt) stark an eine ehem. Wasserburg erinnert. In einer Urkunde aus dem Jahre 1597 wird ein solcher Sitz jedoch expressis verbis verneint.37 Das Historisch-topographische Handbuch erwähnt auch etliche Erdwerke, die seinerzeit von Hugo v. Preen in den Waldgebieten des Innviertels entdeckt wurden.38 Eine vollständige Übersicht fehlt aber. Es erschien sinnvoll, diese interessanten Erdwerke in der Überarbeitung des Handbuches zu berücksichtigen. Es handelt sich in der Regel um aus Lehm errichtete, rechteckige Erdbauten mit abgerundeten Schmalseiten (Höhe ca. 1 m, Länge 12 - 20 m, Breite ca. 6 m), die von einem seichten Materialentnahmegraben umgeben sind. Von der indigenen Bevölkerung werden sie als Vogeltennen, Tennen, Keltentennen, Franzosenbuckel oder Franzosengräber bezeichnet. Die archäologische Untersuchung einer Tenne durch Marianne Pollak legt nahe, dass es sich um Vogelfangplätze des ausgehenden Mittelalters bzw. der frühen Neuzeit handelt.39 Dorf-, Markt- und Stadtbefestigungen sowie bewehrte Klosteranlagen wurden nur in Ausnahmefällen aufgearbeitet. Bezüglich ihres heutigen Bestandes sei auf die einschlägige Fachliteratur (DEHIO) bzw. auf die „Liste der unbeweglichen und archäologischen Denkmale“ des Bundesdenkmalamtes verwiesen. Da Grabherr aus unerfindlichen Gründen auch römische Kastelle, Militärlager, Gutshöfe und sogar Ziegeleien im Handbuch anführte, diese gelegentlich mit mittelalterlichen Herrensitzen verwechselte, mussten diese Objekte in die Überarbeitung einbezogen werden. Es kann allerdings nicht die Intention eines burgenkundlichen Beitrages sein, eine Bestandsaufnahme der römischen Bauwerke in Oberösterreich zu erstellen. Daher wurde auch keine allumfassende Übersicht angestrebt, sondern nur Objekte behandelt, die im Handbuch bereits angeführt sind bzw. denen eine überregionale Bedeutung zugesprochen werden kann. Für weitere Erkenntnisse sei wiederum auf die einschlägige Fachliteratur40 verwiesen. 37 Vgl. POLLAK 1992, Nr. 183, 248; POLLAK 1999, 40f.; POLLAK 2018, 38f. 38 Vgl. PREEN 1897 39 Vgl. POLLAK 1985/86 40 Zuletzt: TRAXLER 2004; PLOYER 2013; LANG 2017; TRAXLER 2018

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