Entwicklung und Auswirkungen des Enns-Ausbaues

86 S. Rad I er: ÖsterreichischeWasserwirtschaft rung kann oder muß zumeist unter Tag erfolgen, die Kraftstation verbirgt sich, ob nun Kaverne oder Freiluftstation, hinter einer Hochbaufassade. Außer dem Tatbestand, daß in der Entnahmestrecke das Triebwasser fehlt und während der Unterschreitung des Ausbaudurchflusses eben nur das behördlich vorgeschriebene Restwasser vorhanden ist. Schon aus der Tatsache, daß beim Staukraftwerk das für die Nutzung gewünschte Gefälle allein durch den Aufstau erzielt werden muß, verhält es sich hiebei anders. Beginnend von der Aus- und Umsiedlung einzelner Gehöfte oder ganzer Ortschaften, über den Bahn-, Straßen- und Brückenbau bis zur zentral en Wasserversorgungsund Abwasserbeseitigungsanlage. Alle diese Maßnahmen haben das Aussehen der Tallandschaft na türlich entsprechend verändert und ein neues Landschaftsbild geprägt, in welchem das Element Wasser in den Vordergrund tritt. Die wirtschaftliche Belebung des Tales von Steyr bis Hieflau war aber wohl die positivste Auswirkung des Kraftwerksbaues . Die Ausbaumaßnahmen haben im flachen Alpenvorlandsbereich natürlich andere Auswirkungen als im engen, nach Oberstrom immer steiler werdenden Voralpenbereich . Das beherrAbb. 8. Regattastrecke im Stauraum des KW St. Panraleon sehende Element des Stauraumes in den Alluvio - nen der unteren Enns ist der Rückstaudamm in Form des Uferbegleitdammes in den verschiedensten Ausführungsformen, je nach den Erfordernissen und vor allem je nach den geologischen Gegebenheiten. Im Beispiel St. Pantaleon hat sich beim unmittelbar an der Dammaufstandsfläche anstehenden Schlier eine Herdmauer mit anschließender Asphaltaußenhautdichtung als zweckmäßig, wenn auch nicht sehr landschaftsverbunden, ergeben. Alle Begleitmaßnahmen an der Luftseite des Dammes, wie Vorflutgraben und dergleichen, haben ganz wesentlich zu einer Bodenertragssanierung durch die Möglichkeit der Regelung des Grundwasserstandes beigetragen. Die überstaute Niederflur mit dem bis zu 400 m breiten Stausee hat sich als ausgezeichnete Regatta -Strecke bewährt, auf der internationale Konkurrenzen ausgetragen werden (Abb. 8). Entlang der etwa 9 km langen Triebwasserführung mußten umfangreiche Grundzusammenlegungen und Flurbereinigungen durchgeführt werden. Die 8 km lange Ausleitungsstrecke - ein beliebter Ansatzpunkt mehr oder weniger berechtigter Kritik seitens der Natur- und Umweltschützer - wurde durch den Einbau ei nes Hilfswehres und zweier Sohlrampen auch einigermaßen naturbezogen gestaltet . Der Einba u der Sohlschwellen war insbesondere durch die trocken fallenden Schlierbänke und der damit gegebenen Verwitterungsanfä lligkeit erforderlich. Dazu noch generell ein Wort zu Restwasserdotierungen: Es ist wohl keine Frage, daß unter den heutigen Gesichtspunkten Ausleitungskraftwerke und vor allem Restwasserstrecken einer wesentlich strengeren Prüfung und Auflage unterzogen werden mußten, als dies in der wirtschaftlichen Notzeit nach dem Krieg notwendig und auch vertretbar war. Auf der anderen Seite kann bei kritischer Betrachtung dieses Problems der Umstand berücksichtigt werden, daß die einmal geschaffenen Ausleitungsstrecken keinesfalls irreparable Eingriffe darstellen, sondern fast durchwegs, wenn es z.B. die Energieerzeugung in Zukunft zuließe, wieder regenerierbar sind. Tiefschürfendere Probleme bringt der Einstau des, wenn auch nur dünn besiedelten Gebirgstales mit sich, oder vielmehr, er ist das auslösende Moment, hier längst fällige Generalsanierungen herbeizuführen. Ganz eindringlich zeigte sich dies beim Kraftwerk Weyer. Der Lauf der Verkehrswege, die Eisenbahnlinie Amstetten bzw. St.Va lentin - Selzthal und die Eisenbundesstraße, vollzieht sich -hauptsächlich entlang des Ennsflusses. Er war schließlich von alters her der Lebensnerv dieser Gegend - es waren der Handel, der Erztransport, die Flößerei, welche die Orte von Eisenerz bis Steyr auch in entsprechenden Wohlstand versetzten. Hier waren es also in erster Linie die Verkehrswege, die beim Bau des Kraftwerkes Weyer neu geschaffen werden mußten. Als Ersatz für die abschnittsweise unter Stau kommende Eisenbundesstraße wurde von der Bundesstraßenverwaltung ein großzügiges Straßenprojekt „Baulos Gamsenkogel" ausgearbeitet, an dem sich die Kraftwerks-Gesellschaft in der Höhe der Ausbaukosten des Minimal-Projektes für die vom Stau betroffene Strecke beteiligte. Unmittelbar im Kraftwerksbereich befand sich ein denkmalgeschütztes Bauwerk, der sogenannte „Kasten", der auch dem Ort Kastenreith seinen Namen gab17 (Abb. 9). Dieser Kasten an der Enns war aber nicht nur ein Speicher, sondern enthielt auch eine Taverne und Herberge für Schiffer und Flößer, Kanzleien zur geschäftlichen Abwicklung der ein laufenden und abgehenden Transporte sowie Pferdeställe. Auch eine Mühle war dem Besitz angeschlossen. Zu seinen Füßen lag die große Lände für Schiffe und Flöße . Diese „Taverne am Kasten" wurde in die unmittelbare Kraftwerksplanung mit einbezogen: Eine Unterwasser-Austie-

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