Maturazeitung BG Steyr Werndlpark 1983

fc^EITEGO PRGFESSGREN da-ist es mir mit der Lyrik noch besser gegangen. Interpretieren geht immer noch am besten, es entsteht dabei so etwas wie ein kreatives Klima mit intellektuel= len Blitzlichtern. Seit wir uns zwei Stunden lang über den Sinn des lnterpretier= ens gestritten haben, ist die Sache in Schwung gekommen. Von der Schularbeit war ich echt überrascht, da habe ich manchmal sogar aufs Korrigieren vergessen, habe einfach nur weitergelesen, wie in einem guten Buch, ja einmal habe ich meinen kläglichen Verbesserungsversuch wieder rückverbessert, weil ich nicht in dieselbe Sprachschichte einsteigen konnte. Also ich muß jetzt etwas tun! Der Luftballon ist am Zerplatzen, ich fühle mich wie die Maus vor der Schlange, knapp vorm Gefressenwerden. Da geht einer hinaus, das möchte ich am liebsten auch. Mit fester Hand verteile ich 4 x 3G Kopien über die Entstehung eines Gedichtes. Ein Dichter spricht über sein Hand= werk, grenzt mit pedantischer Genauigkeit das Bedeutungsfeld jedes Wortes ab, schließt unerwünschte Assoziationen aus, läßt uns den schrittweisen, ertastet= en Entstehungsvorgang seiner Mikro— Poetik miterleben bis hin zur endgültigen Fassung, die ihn aber durch den provokanten Anschein des Fertigen zum Wider= Spruch reizt und zu neuem Anfang zwingt. Ständige Herausforderung des Ichs, ein Sich-nicht-zufrieden-geben, keine Aussicht auf Routine, keine Hoffnung, etwas endgültig in den Griff zu bekommen. Eine Zeitlang folgen sie dem Lebenslauf dieses Gedichtes, spielen mit mir das rituelle Frage— und Antwortspiel, bis sich der Übermut an einem Wort entzün= det, sich blitzartig ausbreitet und nicht mehr zu bremsen ist. Es geschieht nichts Böses. Sie entladen ihre überschäumende Lebenslust und spüren vielleicht, daß ich gerne als 31-ste mittäte. Wieviel Kraft braucht es doch, auf der ander= en Seite zu stehen. Es läutet. "Heut war'n wir aber brav!" sagt einer, um mich aufzumuntern. M. Krisper Vor 3 Jahren noch war die B—Klasse für Frau Professor Marlene Krisper sicherlich eine Klasse wie jede andere, als sie mit 15 Leuten den Französischunterricht begann. Sie umhegteihre Gruppe, versorgte sie regelmäßig mit genügend Grammatik und kann inzwischen getrost auf eine 4—jährige produktive Arbeit mit ihren mehr oder weniger französisch sprechenden Schützlingen zurückblicken. Immerhin hat sie es auch heuer wieder geschafft: eine Rekordzahl von Schülern entschied sich [wie schon oft in den vergangenen Jahren] für eine mündliche Matura bei ihr. Die größte Nervenprobe im Französischunterricht waren für Prof. Krisper wahr= scheinlich die Supplierstunden, in denen sie alle 30 Schüler der B- Klasse kennenlernen durfte. Solche Stunden endeten in der Regel 5 bis 1G min. früher als andere. Marlene Krisper verließ bei der Gelegenheit fluchtartig das Klassen= Zimmer mit den Worten:" Nein, ich halte das nicht aus!" Nach diesen erschütternden Erfahrungen zeigten wir ehrliches Mitgefühl mit Marlene Krisper, als wir am Beginn des letzten Schuljahres hörten, daß sie (zu ihrem großen Schreck] die ganze Klasse in Deutsch übernehmen müsse. Irotz aller guter Vorsätze schaffen wir es jedoch nicht, die Struktur der Klasse grund= legend zu verändern. Es blieb dabei: Den Kern der Gemeinschaft bildeten unsere redegewandten und pausenlos hochintellektuelle Gespräche führenden Denker, um= rahmt von einer Schar bestrickender Mädchen, die wahrscheinlich schon längst ihre Mamis, Papis, Gmis und üpis mit den in der Schule gezauberten Pullis ver= sorgt haben, und der Rest der Klasse, der sich weder zu der einen, noch zu der anderen Gruppe zählen konnte, sorgte garantiert für einen gleichmäßig hohen Lärmpegel, der der B.B. erst die unverwechselbare persönliche Note gab. Marlene Krisper fühlte sich also ganz und gar nicht dazu berufen, vor dieser HordeDeutsch zy unterrichten, und es wäre kein Wunder gewesen, wenn sie in dies= en Wochen daran gezweifelt hätte, den richtigen Beruf gewählt zu haben. Ihr blieb jedoch nichts anderes übrig, als es trotz einer schlechten Basis mit uns zu ver=

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