„Vaterländische Reise von Grätz über Eisenerz nach Steyr“

2 liebliche Gegend gerichtet waren, durch welche er herkommt. Da ich noch ein paar Stunden vor Mittag angelangt war, so verwendete ich sie dazu, mich insoweit umzukleiden und für den Aufenthalt von einigen Tagen einzurichten, dass ich den Nachmittag mit Besuchen meiner Freunde und der Häuser, von welchen ich Adressen hatte, zubringen konnte. Ich gewann hierbei die erste Befriedigung meiner Neugierde, dass ich nämlich die Stadt und die Vorstädte in allen ihren Teilen besah. Denn wohin mich nicht meine in anderen Absichten unternommenen Wege führten, dahin machte ich in Gesellschaft meiner Freunde geflis- sentliche Spaziergänge. Man sagt, dass bei Reisenden sehr oft die zufäl- ligen Umstände der Jahres- oder Tageszeit, der Witterung, der eigenen augenblicklichen Stimmung und verschiedener anderer Verhältnisse zur Zeit der ersten Anwesenheit über den Beifall oder den Tadel entschei- den, welchen sie einem Orte zuteilen. Wirklich waren bei mir alle diese Umstände für Steyr sehr günstig: desungeachtet glaube ich, dass das Vergnügen, welches ich an dieser Stadt fand, auf ihre bleibenden Eigen- schaften sich gründete. Die Lage hat schon einmal viele wesentliche Vor- züge. Unter diese gehören vor andern die zwei Ströme, zwischen wel- chen und an deren Zusammenfluss Steyr erbaut ist. Dadurch erhält das Ganze eine Mannigfaltigkeit, welche vielen anderen Städten mangelt. Von Steiermark her führt eine Brücke über die Enns in die Stadt, und zur andern Seite kommt man ganz unerwartet an den lieblichen Steyrfluss und über eine Brücke in die große, einer Stadt ähnliche Vorstadt. Zwi- schen den beiden Ausgängen ist ein dritter, vonwelchemman noch eine Brücke betritt. — Diese beinahe an dem Punkt über die Enns geschla- gen, wo sich die Steyr mit ihr vereinigt, gewährt den reizendsten An- blick. Hier sieht man über die beiden Flüsse und ihre Brücken hin, längs der Enns in eine bergige Gegend, an der Steyr auf Häuser, Werkstätten und Wassergebäude; vorwärts aber schaut das entzückte Auge einem breiten, majestätischen Strom nach, der in eine heitere Ebene sich fort- wälzt und in seinen Gewässern lange den immer schmäler werdenden Streifen des grünen Steyrflusses unterscheiden lässt. Jenseits dieser Brücke liegt eine Vorstadt, die im Gegensatz zu dem Steyrdorf das

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