„Vaterländische Reise von Grätz über Eisenerz nach Steyr“

3 Ennsdorf heißt und nicht minder vermögende Bewohner und einträgli- che Gewerbe hat. An der Seite der Stadt selbst erhebt sich auf einem Hügel die Burg der Herrschaft Steyr, welche, ohne das gotische Ausse- hen alter Ritterschlösser zu besitzen, durch ihre Größe einen vorteilhaf- ten Eindruck macht; und vom Steyrdorf her zeigt sich auf einer ähnli- chen Erhöhung die Kirche und das weitläufige Gebäude des vormaligen Jesuitenkollegiums. Dieses ist also ein sehr malerischer Gesichtspunkt, den ich oft mit dem lebhaftesten Vergnügen besuchte; aber auch die Stadt selbst ist niedlich und nicht ohne sehenswürdige Gebäude. Man findet viele Häuser, welche außer dem Geschoß zu ebener Erde drei Stockwerke haben, mehrere flache italienische Dächer mit Galerien, die durch Statuen verziert sind. Diese trifft man vorzüglich auf dem schönen und mit immer springenden Brunnen versehenen Platz an, wo vor allen übrigen Gebäuden das Stadthaus sich auszeichnet; es ist seiner inneren und äußeren Struktur nach würdig, der Versammlungsort einer indust- riösen Bürgerschaft zu sein. Vom Platze abwärts gegen das Stadttor steht die Pfarrkirche im ältesten gotischen Stil; sie verdient gewiss als ein Monument dieser Bauart gesehen zu werden. Die vortrefflichste Aussicht in die Ferne hat man am sogenannten Tabor, dem höchsten Teil des Steyrdorfs. Dort sieht man über die Stadt und die umliegende Gegend hin die admontischen Gebirge, jene von Spital und den Traun- stein bei Gmunden. Als ich diesen Anblick zum ersten Male genoss, ging eben die Sonne hinter dieser ungeheuren Gebirgskette unter. Der Abendhimmel brannte in heller Glut, die auf dem Gipfel der Berge zu liegen schien. Der Schnee derselben glänzte in einem rosenroten Schim- mer, bis das Ganze in einmattes Violett und endlich in ein düsteres Grau überging. Von der Stadt Steyr ist die Geschichte des ersten Ursprungs bekann- ter als von vielen anderen. Was man im Allgemeinen von der Mehrheit der Städte annimmt, dass um die Burg eines mächtigen Herrn und unter dessen Schutz mehrerer Familien sich angebaut haben, die alsdann an Zahl und Macht immer gewachsen sind, das ist insbesondere von dieser außer Zweifel. Das Schloss Steyr wurde zu Ende des zehnten

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