Kunst und Kunsthandwerk, 15. Jg., 1912, Heft 1

Abb. 56. Vielklingenmesser, Silbergriff mit Perlmutter, deutsch, ausgehendes XVill. Jahrhundert. Länge geöffnet 12·8 Zentimeter Abb. 57. Taschenmesser mit sechs Klingen, Perlmutter– griff in Gestalt einer Wanduhr mit Uhrwerk, engl., um I800. Länge 9·5 Zentim. Abb. 58. Taschenmesser, Perlmutter– schalen mit Stiefmütterchen in Goldemail, französisch, nach 1800. Länge 9·5 Zentimeter Hirschjagden im Ran– kenwerk, Vögel im Or– nament von der größ– ten Feinheit sind seine Lieblingsarbeiten. Er hat eine Folge von sechs Blatt mitMesser– und Gabelheften, wel– che mit Figuren im Laubwerk verziert sind, geschaffen und bei Claes Jansz Viss– cher erscheinen lassen (Abb. go). Wir haben nun gesehen, wie auffallend stark sich die Beteili– gung niederländischer Künstler an der For– menentwicklung des Bestecks der Spätre– naissanceäußerte. Aus– gegangen ist sie von dem Goldschmied Theodor de Bry und l)ahezu ein volles Jahr– hundert hat sie ange– halten. Wir haben ihr daher auch hier einen breiten Raum widmen müssen. Frankreich und das westliche Deutschland standen vollständig unter dem Einfluß dieser Vorlagen. Hatte sich das deutsche Besteck hinsichtlich einheitlicher Ausbildung bisher nur auf zwei Geräte, auf Messer und Gabel beschränkt, so tritt mit dem Beginn des XVII. Jahrhunderts der Löffel hinzu. Durch eine analoge Ausstattung seines Stiels wird der Löffel ein integrierender Bestandteil des Bestecks. Die Sitte, das Eßgerät am Gürtel zu tragen, war teils aus eigenem abgekommen, teils wurde sie aus Anlaß von Mißbräuchen - wie in Italien - behördlich aufgehoben. Es entstand das Besteck „zum Einschlagen" (das spätere Reisebesteck), welches nun in der Tasche getragen werden konnte. Eigentliche Besteckgarnituren, das heißt ganze Folgen gleich– geformter und in gleicher Weise ausgestatteter Bestecke gab es wohl schon im XVII. Jahrhundert; allgemeinere Verbreitung fanden sie jedoch erst im folgenden. Hierzu hat viel das Zurücktreten der Arbeit des Einzelnen vor der schon mehr fabriksmäßigen Massenerzeugung - wie beispielsweise der Porzellangriffe, dann der Griffe aus Horn- und Holzschalen durch ganze

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