Kunst und Kunsthandwerk, 15. Jg., 1912, Heft 1

18 und ein Pfriem. Die Sitte des am Gürtel tragbaren Bestecks war von Einfluß auf die künstlerische Ausbildung der Geräte und hat an ihren Griffen, welche aus der Scheide oder dem Köcher herausragten, das auf– steigende Ornament begründet. Dieses auf– steigende Ornament wird im XVIII. Jahr– hundert aufgegeben, und es tritt die um– gekehrte Verzierungsweise ein, weil bei den auf derTafel liegenden Bestecken die Messer– spitze und die Gabelzinken als der obere Teil, die Griffe dagegen als der untere Teil angesehen werden mußten. Die künstlerische Ausstattung der Griffe hatte also im XVI. und in der ersten Hälfte des XVII.Jahrhunderts ihre größte Berech– tigung. Galt es doch, sowohl auf der Straße als im Hause das Besteck, dessen Griffe aus dem Köcher hervorragten und daher stets sichtbarwaren, wie einen Schmuck zu zeigen. Oberitalien bevorzugt die ziselierte Bronze mit Niello-Einlagen wie das schöne Medi– ceer-Besteck der Sammlung (Abb. 80 und 81). Es kommt vermutlich aus dem Besitz Cosimos I . de Medici, genannt der Große, geboren 1519, seit 1538 Herzog von Flo– renz, 1574 gestorben. D ie Griffe sind vier– kantig, auf den Breitseiten mit Niellen, auf den Schmalseiten mit Silberplatten belegt. Die Niellen tragen Darstellungen der ver– schiedensten Musikinstrumente und das Wappen der Medici. Aus vergoldeter Bronze mit ziselierten Akanthusblättern sind die Wurzeln der Griffe, deren Abschluß nach oben Kappen aus einem Längswürfel mit volutenförmigem ,Aufsatz bilden. Die Klinge Abb.J 6 • Vorschneid- trägt in Ätzung das Wappen der Medici - mcsser, Rautcngriff aus Bein, nach oben die sechs Apothekerpillen und die Bezeichin groteskenTierkopf nung C/M/DE in einem Zierschild. Kein {Einhorn) endigend, deutsch, xvn. J ahr- Land ist bei der Form und Ausschmückung hu nd ~:~,~~;!: 22 ·1 der Griffe so konservativ geblieben wie Oberitalien, zumal für dasXVI. Jahrhundert. Die Griffe sind stets vierkantig, zumeist aus Bronze und belegt mit Silberplatten, auf denen der ganze Formenschatz der Abb.37. Vorschneid– messer, Griff aus Buchsholzgeschnitzt, mit Gruppe der Tu– genden, nieder– deutsch, XVll. Jahr– hundert. Länge 25·5 Zentimeter

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