Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 4, 1987

Bücherecke als der „größte deutsche Landschaftsmaler der Ro mantik" bezeichnet wird. An Österreichern finden wir aus diesem Zeitraum Johann Nepomuk Rauch, vor allem Ferdinand Ge org Waidmüiier, August von Pettenkofen, Gabriel Cornelius Ritter von Max. Dieses Kunstbuch Ist eine Glanzleistung zeitge nössischer Buchproduktion. Arnulf Rainer: Die blühende Steyermark. 36 Überar beitungen. — Graz: Akademische Druck- und Veriagsanstait 198,7 44 Seiten mit 36 farbgetreuen Übermaiungsarbeiten von Arnulf Rainer aus dem Jahr 198.7 Hardcover mit Wiedergabe der Einbandübermaiung, Ladenpreis S 380.—. immer intensiver beschäftigt sich die Akademische Druck- und Verlagsanstait neben ihrer veriegerischen Hauptiinie Buchkunst und Faksimile-Werk statt auch mit der Kunst der Gegenwart. Vorliegen de Publikation nimmt dabei einen besonderen Platz ein. Sie sichert einem künstlerischen Zyklus, dessen Einzelblätter bereits im Kunsthandel Privat besitzern zugeführt wurden, seinen Gesamtein druck, wie ihn Arnulf Rainer beabsichtigt hat. Dem Spürsinn des Künstlers ist es zu verdanken, daß die Serie „Die blühende Steyermark", 36 kolo rierte Kupferstiche aus dem beginnenden 19. Jahr hundert, die einst zum Bestand der Admonter Stiftsbibliothek gehörte und von dort durch Dieb stahl verschwand, in einem Amsterdamer Antiqua riat entdeckt und von ihm erworben werden konnte. Die botanisch naturgetreuen Blätter inspirierten ihn zu einer neuen, sehr persönlichen künstleri schen Aussage. Er übermalte diese alten liebens werten Pflanzendarstellungen mit zartester Zu rückhaltung. Er begnügte sich mit Farbschleiern, die beim Betrachten froh stimmen, die Vorlage nicht unterdrücken und dennoch Transformationen bewirken. Es sind Farberlebnisse, gleichzeitig aber auch Natureriebnisse. Dagmar Thoss: Flämische Buchmalerei. Handschriftenschätze aus dem Burgunderreich. — Graz: Akademische Druck- und Verlagsanstait 198,7 160 Seiten Text und 112 Abbildungen auf 32 Färb- u. 72 Schwarzweißtafein, 18,5 x 27 cm, fester Einband mit Schutzumschlag, Ladenpreis S 350.—. Dieses neue, sehens- und lesenswerte Kunstbuch der Akademischen Druck- und Verlagsanstalt Graz entstand als Katalog zu einer Aussteilung der Handschriften- und Inkunabelsammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, die vom 21. Mai bis 28. Oktober 1987 gezeigt wurde. Es ist eine vorzügiiche Idee, derart wertvolle Ausstellungen in Buchform festzuhalten und ihnen somit Dauerwir kung zu sichern. Die Autorin, Mitarbeiterin an dem wissenschaftli chen Verzeichnis „Die iliuminierten Handschriften und Inkunabeln der Österreichischen Nationalbi bliothek", erweist sich im einleitenden Text, der den historischen Hintergrund der „Flämischen Buch malerei" beschreibt, auch als gute Geschichts schreiberin. Es ist der „Herbst des Mittelalters", der hier in großartigen Werken der Buchmalerei des 15. und 16. Jahrhunderts dem Betrachter bildlich nahegebracht wird. Entstehungsgebiet dieser Kunstwerke ist das für uns irgendwie sagenhafte Burgund, von dem der niederländische Historiker Johan Huizinga (1872—1945) schrieb: „Vliesorden und Kreuzzugsidee, der Anspruch auf den Ruhm, Retter der Christenheit zu sein, das ist das Pro gramm Burgrunds.. . Orden und ritterliche Gelüb de, Turniere und Hoffeste, das sind die Herrlichkei ten, die fremde Edelleute von überall her sich anzusehen und womöglich mitzuspielen kom men . . ." Mit der österreichischen Geschichte ist dieses Burgund weit mehr verbunden, als wir in unserem gegenwärtigen Geschichtsbewußtsein wissen. Durch die Heirat Maximilians mit Maria von Burgund 1482 weitete sich das österreichische Geschichtsfeld zum welthistorischen „Reich, in dem die Sonne nicht unterging." Kostbare Relikte dieses einstigen Gianzes sind die 98 Handschriften, die in der zitierten Ausstellung gezeigt wurden und in diesem Buch mit charakteri stischen Bildbeispielen vorgestellt werden. Jeder Codex ist eingehend beschrieben, die Abbildun gen ergeben ein eindrucksvolles Bilderbuch zur Kulturgeschichte dieses seltsamen Konglomerats von Herzogtümern und Grafschaften zwischen dem französischen Königreich und dem deutschen Kaiserreich, von dem Huizinga schreibt: „Hier spielt, mehr als irgendwo sonst, der letzte Akt des Mittelalters." — Auch im Kunstbereich der abend ländischen Buchmalerei. O. Wutzel Historische Literatur Heimuth A. Niederie: Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut. Kaiser Franz Joseph und seine Untertanen — Wien: Österreichischer Bundesveriag 198,7 292 Seiten, zahlreiche iiiustrationen, Laden preis S 298.— Der Band mit dem Untertitel „Kaiser Franz Joseph und seine Untertanen" faßt diesen Begriff — nicht zu Unrecht! — sehr weit. Damit sind die Mitglieder seiner Familie bis hin zum Kronprinzen oder Thronfolger ebenso gemeint wie die, die man sei nerzeit schlechthin als „Untertanen" bezeichnete, die heutigen Staatsbürger; und schließlich die Do mestiken, die Bediensteten seiner Umgebung. Das Buch fußt nicht auf neuen Quellenstudien und der Herausgeber zitiert viel und fleißig aus zahlrei chen bisher erschienenen und heute kaum noch überschaubaren Werken über diesen vorletzten Kaiser der Habsburgermonarchie — vielleicht ein wenig zuviel aus den Erinnerungen des Leibkam merdieners Eugen Ketterl. Insgesamt aber ent stand ein Werk, das die letzten 70 Jahre der Habs burgermonarchie lebendig werden läßt und auch gut lesbar ist. Verständiicherweise sind die Querverbindungen zu Oberösterreich besonders intensiv. Auch wenn der so besorgte Kaiser seine zahlreichen Besuche korrekt auf alle Königreiche und Länder verteilte, blieb Ischl eben doch des Kaisers wichtigster Auf enthaltsort neben Wien; jenes Refugium, in dem er nicht nur jagte, sondern auch prominente Gäste aus aller Welt empfing — und wo er 1914 den Aufruf an seine Völker unterzeichnete. Querverbindun gen zu Qberösterreich erkennt man aber auch in dem spannungsreichen Verhältnis des Kaisers zu Erzherzog Johann Salvator, dessen letzte Funktion als Mitglied des Kaiserhauses die eines Linzer Divisionärs war, dem die Stadt Linz das Ehrenbür gerrecht verlieh, das der Erzherzog zurückiegen mußte. Harry Slapnicka Diether Schiinke: Kelten in Österreich. Wien: Öster reichischer Bundesveriag 198,7 263 Seiten mit den Text begleitenden Schwarz-Weiß-Abbiidungen, La denpreis S 340.—. Wenn von Kelten die Rede ist und ich in mich hin einhöre, dann höre ich da leider nicht viel, und ich denke, daß es vielen Menschen, die ansonst in der Geschichte durchaus bewandert sind, ebenso geht. Da wohnen die Kelten in Hallstatt, in und um den Salzberg herum, bis die Römer kommen und die Kelten aus ihren Wohnsitzen und aus unserem Geschichtsbewußtsein vertreiben. Die Jugend kennt dann noch einen zweiten Stamm von Kelten, die Gallier, repräsentiert vor allem durch die Comic-Helden Asterix und Obelix. Das vorliegende Buch ist geeignet, uns den Weg zu weisen in eine Zeit, die bisher zu Unrecht ver gessen war. Ausgehend von den neuesten For schungen der Archäologen, deren moderne tech nische und statistische Methoden überhaupt erst die Türe zu den letzten fünf vorchristlichen Jahr hunderten in unserem Raum geciffnet haben, bringt uns der Autor Diether Schiinke die Welt jener Menschen nahe, die vor den Römern und Germa nen hier lebten. Aber sie lebten und hinterließen nicht nur materielle Spuren, sondern wir erkennen erstaunt, daß viel von unserem Wesieri, unserem Charakter, unserer Denkungsart, ja sogar von un serer Art uns zu kleiden seine Wurzeln in jener Zeit vor den Römern, bei den Kelten, hat. VVer denkt schon daran, daß unser Wetterfleck ein altkelti sches Kleidungsstück ist, mit dem sogar einer ihrer Götter bekleidet war? Anschaulich erfahren wir vom keltischen Men schen, seiner Kunst, seinem Handwerk, seiner „In dustrie", Religion, Denkungsart. Ist dies schon in teressant genug, so vermag der Autor obendrein ein modernes Geschichtsverständnis zu wecken: Die Geschichte läuft nicht ab wie ein Film. Es fol gen nicht Illyrer, Kelten, Römer, Germanen aufein ander, streng abgegrenzt, jeder seine eigene Kul tur und geistige Struktur mitbringend und den Vorgänger einfach niederhauend und vernichtend. Vielmehr waren die einzelnen Kulturen stark ver flochten, beeinflußten sich gegenseitig und be fruchteten sich. Welche Elemente dann dominant wurden, unterliegt eher irrationalen Ursprüngen. Kulturen, ja sogar Völker sind eher nicht rassi schen Ursprungs, sondern aus dem vielfältigen Zusammenwirken von inneren Kräften und äuße ren Einflüssen hervorgegangen, unterliegen einem steten Wandel, treten in den Hintergrund, erscheinen nach langer Zeit in neuer Form wieder. In dieser Art ist der keltische Kulturkreis zu verste hen, nicht ein Riesenreich, scharf umgrenzt und bewacht, sondern ein Raum, verbunden durch Ideen, Sprache, Handel, Kunst und Religion, von einem Ausmaß, das es zu würdigen gilt, spannt sich doch der Bereich von den Kelt-Iberern in Spa nien bis in den pannonischen Raum und von der Poebene bis nach Polen. Es gibt gute Gründe, das Buch zu lesen. Wir lernen die Kelten als Kulturkörper kennen, durchaus ver gleichbar mit den bekannteren Komplexen der Griechen, Römer und Germanen. Wir verstehen die Geschichte als ein verflochtenes organisches Ganzes, dem auch wir Menschen von heute einge gliedert sind. 84

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