Oberösterreich, 37. Jahrgang, Heft 4, 1987

der längst aus dem Salzkammergut heraus geraten wäre, würden nicht die Gmundner so etwas ähnliches wie Urheber- und Bewahrer rechte in Anspruch nehmen. Wenn man schon nicht mehr so viel Kontakt mit den Nachbarn hat, wie ihn die Nachbarschaftshiife und der gemeinsame Schul- und Kirchgang mit sich brachten, so möchte man doch wenigstens ein paarmal im Jahr augenfäliig beweisen, daß man sich mag, und schenkt sich gegenseitig ein Herz. Schon manche Bäuerin hat mir eingestanden, daß man es gar nicht sagen kann, wie einem der gemeinsame „sonntägliche Kirchgang" ab gehe, auf dem man einander alles erzählen und Rat und Verständnis erfahren konnte. Ich glaube, daß in dieser Sehnsucht nach dem Gespräch eine tiefe Wurzel für die Wiederauf nahme verbindender Bräuche steckt. Darum muß man auf geeignete Bräuche aufmerk sam machen oder ganz neue Gepflogenhei ten einführen. Was sich die Goldhaubengrup pen — 420 in 445 Gemeinden — und die Ortsbäuerinnen vornehmen, das geschieht alsbald im ganzen Lande. Links: Fronleichnam in Unterach am Attersee. Bei drei Stationen schießen Unteracher Heimkehrer zum Segen und zur Wandlung Böller ab. — Foto: Karl Pangerl, Vöcklabruck Rechts: Erntedankfest am 4. Oktober 1987 in St. Magdalena, dem historischen Haselbach, mit seiner 1482 urkundlich zum erstenmal erwähnten „Sanct Maria Magdalena Kirchen", 1938 nach Linz eingemeindet. — Foto: Elfriede Wöhry, Linz Die Kräuterweihe am 15. August war früher im ganzen süddeutschen Raum verbreitet, in ei nigen bayerischen Orten hat sie sich noch er halten, bei uns wurde sie von den Goldhau benfrauen wieder eingeführt. Ein Brauch läßt sich wieder einführen, wenn er einen Sinn erfüiit und in das Leben hineinpaßt. Heute, wo jeder gerne auf die Rezepte der Großmutter zurückgreift und ihren Kräutertee bereitet, ist die Segnung der Heilkräuter eine wilikommene Ergänzung. Zum Erntedankfest kommt da und dort der Gedanke auf, einander ein Brot zu schenken. Die Frauen backen kleine Laibchen oder Weckerl und verteilen sie nach der Kirche an die Gottesdienstbesucher. Das gemeinsame Essen wird von den Gold haubenfrauen und den Ortsbäuerinnen mit ihren Bäuerinnen sehr gepfiegt. Lustige Bräuche sind das „Saukopfstehlen" — mit dem anschließenden Mahl, oder auch nur ein Saukopfessen ohne die vorhergehende Mühe des Stehlens, das „Ostereierpecken", das „Hasensuppenessen" und die Schmauserei beim „Weiberfasching" Längst ist es Brauch t Neuen Auftrieb hat in den letzten Jahren in unserem Land auch das Almwesen erfahren. Ein herbstlicher Festtag ist der Almabtrieb. Im Bild ein Salzkammergütler, dessen verwitterter Hut reich mit „Reifbuschen" geschmückt ist. Bestandteil dieses Schmuckes, den die Sennerinnen anfertigen, sind Preiselbeerzweige (Kramperlbeer), Blätter von Alpenrosensträu chern, kleine Farne usw. Mit Ausnahme der Preiselbeerfrüchte wird alles vergoldet und versilbert. — Foto: Wilhelm Fettinger, Bad Geisern 32

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